Die Troja-Mission
dem Inka-Gold zum Beispiel, als er sich auf eine halsbrecherische Erkundung eines unterirdischen Flusses eingelassen hatte. Aber auch in dem alten Fort der französischen Fremdenlegion in der Sahara, in dem er und Giordino sich verschanzt und einer überwältigenden Übermacht getrotzt hatten. Oder in dem alten Schneemobil, mit dem sie sich durch die Antarktis gekämpft hatten. Beim Heben der
Titanic.
Er hatte in diesen zwei Jahrzehnten vieles erreicht und manch eine Großtat vollbracht. Eigentlich konnte er mit seinem Leben ganz zufrieden sein.
Aber die alte Tatkraft, die ihn einst dazu getrieben hatte, sich immer neuen und unbekannten Herausforderungen zu stellen, ließ allmählich nach. Er hatte jetzt eine Familie, trug Verantwortung. Die wilden Jahre, da er auf nichts und niemanden Rücksicht nehmen musste, neigten sich dem Ende zu. Er wandte sich um und warf einen Blick auf Giordino, der in jeder Lebenslage so mühelos einschlafen konnte, als läge er in seinem Daunenbett daheim in Washington. Sie beide hatten allerhand erlebt, manch nahezu legendäres Abenteuer überstanden, und auch wenn sie privat mitunter viel zu wenig Zeit füreinander hatten, standen sie doch wie ein Mann zusammen, wenn es aufs Ganze ging, wenn sie in scheinbar auswegloser Lage waren, wenn es darauf ankam, dass jeder von ihnen sein Bestes gab. Meistens war es gut ausgegangen, manchmal auch nicht.
Er lächelte vor sich hin, als ihm wieder einfiel, was einst ein Journalist in einer der wenigen Reportagen über ihn geschrieben hatte: »In jedem Mann steckt ein Stück von Dirk Pitt, denn jeder von uns sehnt sich nach dem großen Abenteuer. Er aber sehnt sich mehr danach als wir alle.«
Das Rumpeln der Fahrwerks riss Pitt aus seinen Träumereien. Als er aus dem Fenster der Cassa blickte, sah er die Lichter der Landebahn, die sich auf den Wasserläufen und Lagunen rund um den Flughafen spiegelten. Leichter Regen fiel, als die Maschine aufsetzte und zum Flughafengebäude rollte. Ein frischer Nordostwind wehte, der feuchte Seeluft über die Küste blies. Pitt, der hinter Giordino die Gangway hinabstieg, wunderte sich einen Moment lang über die Außentemperatur – allenfalls einundzwanzig, zweiundzwanzig Grad. Er hatte mit mindestens zehn Grad mehr gerechnet.
Schnellen Schrittes liefen sie über das Vorfeld zum Terminal, wo sie mindestens zwanzig Minuten lang warten mussten, bis der Karren mit ihrem Gepäck eintraf. Pitt zog die beiden Rollkoffer hinter sich her, während Giordino den schweren Seesack schulterte, in dem ihre Tauchausrüstung verstaut war. Sandecker hatte ihnen lediglich mitgeteilt, dass vor dem Haupteingang des Flughafengebäudes ein Wagen für sie bereitstünde. Als sie ins Freie traten, standen etwa zehn Taxis und fünf Privatwagen draußen, deren Fahrer lauthals ihre Dienste anboten. Sie winkten die Taxifahrer weg und warteten eine Weile, bis der letzte Wagen in der Schlange – ein alter, zerschrammter und eingedellter Ford Escort – mit kurz aufblinkender Lichthupe unmittelbar vor ihnen hielt. Pitt ging zur Beifahrerseite und beugte sich zum Fenster hinab. »Warten Sie auf …«
Im nächsten Moment schwieg er verdutzt. Rudi Gunn stieg auf der anderen Seite aus, kam um den Wagen herum und schüttelte ihm die Hand.
Pitt schaute ihn überrascht an. »Der Admiral hat mit keinem Wort erwähnt, dass du an dem Projekt teilnimmst.«
Giordino wirkte nicht minder verdutzt. »Woher kommst du, und wieso bist du früher hier als wir?«
»Die Schreibtischhockerei hat mich gelangweilt, deshalb habe ich den Admiral dazu überredet, mich mitkommen zu lassen. Ich bin kurz nach unserer Besprechung nach Nicaragua aufgebrochen. Ich nehme an, der Admiral wollte euch nicht eigens vorwarnen.«
»Das muss er wohl vergessen haben«, sagte Pitt spöttisch. Er legte den Arm um die Schulter des kleinen Mannes. »Wir haben schon einige wilde Sachen miteinander erlebt, Rudi. Mit dir zu arbeiten ist mir stets ein Vergnügen.«
»Wie zum Beispiel in Mali, als du mich mitten auf dem Niger vom Boot geworfen hast?«
»Soweit ich mich entsinnen kann, musste das sein.«
Sowohl Pitt als auch Giordino hatten größte Hochachtung vor dem stellvertretenden Direktor der NUMA. Gunn mochte zwar wie ein Schullehrer wirken und sich mitunter auch so benehmen, aber er scheute auch nicht davor zurück, mit anzupacken und sich die Hände schmutzig zu machen, wenn das Gelingen eines NUMA-Projekts davon abhing. Vor allem aber bewunderten ihn die beiden, weil er
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