Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Trolle

Die Trolle

Titel: Die Trolle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
Vom Netzwerk:
weiß nicht, ob auch nur ein Priester überlebt hat. Sie waren blutbesudelt, und ich könnte schwören, dass die Zähne von Pard blutig rot waren!«
    »Sie zerfetzen ihre Feinde mit Klauen und Reißzähnen«, sagte Sten leise, »ich habe es schon gesehen.«
    »Und sie fressen Menschen?«, wollte Leica entsetzt wissen.
    »Ja. Sie fressen alles, auch andere Trolle.«
    »Bei den Geistern!«, entfuhr es Flores. »Willst du damit sagen, sie hätten mich nicht nur getötet, sondern mich dann auch verspeist?«
    »Vielleicht«, sagte Sten gedehnt, und die anderen Wlachaken verzogen angeekelt die Gesichter.
    »Wir sollten sie töten. Wir können auch ohne sie bei diesem Kloster nachschauen«, sagte Leica bestimmt.
    Sten stand auf, wobei ein Ausdruck von Schmerz über sein Gesicht huschte, und sagte mit fester Stimme: »Nein! Ich habe ihnen mein Wort gegeben! Wenn ihr sie töten wollt, dann stelle ich mich dazwischen!«
    »Das ist Wahnsinn«, sagte Viçinia sanft. »Sten, denk nach: Benötigen wir diese Ungeheuer?«
    »Ich weiß nicht«, gab der junge Wlachake zu, »wohl nicht. Aber sie haben mein Wort, und sie waren treu zu mir. Sie haben uns alle gerettet, schon vergessen?«
    »Nein.«
    »Zeigen wir so unsere Dankbarkeit?«, fragte Sten bitter.
    »Sie sind gefährlich, Sten, tödliche Kreaturen«, bedrängte Leica den jungen Krieger, und Flores sah, wie Sten wütend wurde. Mit der Hand vor dem Mund versteckte sie ein Grinsen, denn sie kannte den Sturkopf ihres Bruders nur zu gut. Nichts, was Leica sagen konnte, würde ihn jetzt noch erreichen und ihn seine Meinung ändern lassen.
    »Ich weiß!«, knurrte Sten erwartungsgemäß. »Und? Denkt ihr, dass ich darüber nicht auch schon gegrübelt hätte? Haltet ihr mich für so dumm?«
    »Äh, nein, natürlich nicht. Ich wollte lediglich …«
    »Dann vertraut meinem Urteil! Ich reise schon länger mit den Trollen. Meine Meinung steht, und wenn ihr die Trolle im Schlaf meucheln wollt, dann müsst ihr an mir vorbei!«
    »Schon gut«, beruhigte Viçinia Sten, und Flores bemerkte erstaunt, wie ihr Bruder tatsächlich ruhiger wurde und die Schultern sinken ließ.
    »Es tut mir Leid. Ihr versteht mich nicht«, erklärte er mit erhobenen Händen. »Aber dennoch müsst ihr mir vertrauen.«
    »Wir vertrauen dir, Sten«, versprach Viçinia mit fester Stimme. »Dieses Gespräch ist beendet. Heute Nacht müssen wir weiter. Die Trolle liegen in Stens Verantwortung, und er hat sie freiwillig übernommen. Wir haben genug andere Sorgen. Und wir müssen einig sein. Zorpad lacht sich ins Fäustchen, wenn wir Wlachaken streiten.«
    »Gut«, erwiderte Leica, »ich wollte nicht an Sten zweifeln.«
    »Ja«, sagte Sten mit einem erzwungenen Lächeln, um dann abrupt zur Tür zu schreiten und zu sagen: »Ich brauche frische Luft.«
    Als er hinaustrat, tauschten Viçinia und Flores mit hochgezogenen Brauen einen Blick aus, und Flores gähnte und sagte: »Ich auch.«
    Das Vordach bot Schutz vor dem Regen, der immer noch wie ein nasser Vorhang über der Welt lag, doch Sten war über die Lichtung hinweg zu Natioles Grab gegangen. Vorsichtig näherte sich Flores ihrem Bruder und legte den Arm um seine Schulter.
    »Er war ein guter Freund«, sagte die junge Wlachakin bestimmt und lächelte Sten an.
    »Er war der beste Freund, den man sich wünschen konnte. Er fehlt mir schon jetzt.«
    »Mir auch«, flüsterte Flores. Dann drehte sie sich halb um und sah Sten an: »Es ist nicht deine Schuld.«
    »In der Kapelle sagte er, er habe immer gewusst, dass er an meiner Seite sterben würde. Das ganze Unternehmen war eine Wahnsinnstat, ich …«
    »Unsinn«, unterbrach sie ihn abrupt. »Er hat schon lange gekämpft, bevor du das erste Mal allein nach Dabrân gelaufen bist. Er kannte die Gefahr, und er ist das Risiko wissentlich und willentlich eingegangen. Beleidige nicht sein Andenken, indem du so tust, als wäre er deine Handpuppe gewesen, Sten. Er tat, was er für richtig hielt. Bis zum Schluss!«
    Schweigend starrte ihr Bruder auf die frisch aufgeworfene, nasse Erde und blickte Flores dann in die Augen.
    »Er war ein verfluchter Held. Er hat nie an sich gedacht. Er war stets der Bessere von uns beiden. Aber niemand schreibt Lieder über ihn, niemand besingt seine Taten. Und wenn wir den Krieg verlieren, dann wird sein Name vergessen werden«, sagte Sten bitter. »Dabei meinen die Leute ihn, wenn sie über mich und meine dreimal verfluchten angeblichen Heldentaten sprechen.«
    »Nein, Bruder«, erwiderte Flores

Weitere Kostenlose Bücher