Die Trolle
leise. »Er war ein guter Mann, aber in diesem Kampf kannst nur du die Wlachaken führen.« Sie verstummte für einen Augenblick. »Und was immer geschieht, Natiole wird von uns nicht vergessen werden.«
Ihr Bruder nickte. »Nein, nicht von uns.«
Gemeinsam erinnerten sie sich an den Freund, dessen Körper vor ihnen in der kalten Erde lag.
»Wirst du in Désa warten?«, fragte Sten unvermittelt, und Flores strich sich eine nasse Strähne ihres dunklen Haars aus dem Gesicht.
»Ich weiß nicht. Ich muss erst darüber nachdenken.«
»Warte auf mich, Schwester. Jetzt haben wir keine Zeit und keine Möglichkeit. Aber lass uns gemeinsam Abschied feiern, du, ich und Viçinia«, bat Sten sie eindringlich.
Flores nickte zögerlich. »Gut, ich werde warten. Und ich besorge uns ein paar Fässer von dem guten Roten aus dem Süden. Aber bei eurer Schlacht …«
»Ja, ich weiß. Danke, Flores. Du hast uns gerettet.«
»Du bist mein Bruder, Sten. Auch wenn du immer wieder in Schwierigkeiten gerätst.«
»Ja, klar, und du bist so viel vernünftiger als ich. Sicherlich!«, frotzelte Sten. »Was war noch mal mit diesem Schmiedegesellen? Ionna wäre fast an die Decke gegangen …«
Die alte Geschichte brachte Flores zum Lachen, und sie erwiderte: »Er hatte Grübchen, wenn er lachte, Sten. Grübchen!«
Bevor ihr Bruder antworten konnte, rief Viçinia von der Hütte her: »Es gibt etwas Warmes zu essen!«
Schulterzuckend sahen die Zwillinge sich an und schritten zurück in die Behaglichkeit der Hütte, wo ihnen Vangeliu Holzschüsseln mit Eintopf reichte. Gierig fielen sie über das Essen her, das trotz der einfachen Zutaten überraschend wohlschmeckend war.
Inzwischen war auch Sargan wieder erwacht und aß ebenfalls mit großem Appetit, bis Sten den Dyrier plötzlich fragte: »Wieso warst du bei den Trollen?«
Nach einigen Augenblicken des Nachdenkens antwortete der Rothaarige: »Wir sollten warten, bis die Trolle wach sind. Dann können wir gemeinsam reden.«
Mit hochgezogenen Augenbrauen fixierte Sten den kleinen Mann, zuckte dann jedoch mit den Achseln und sagte: »Gut.«
»Und, wie läuft das Geschäft als Schreiber?«, fragte Flores gehässig.
»Es könnte besser sein«, gab der Dyrier zu, »obwohl es hier ja mehr als genug Kunden geben sollte.«
»Übrigens: danke«, erwiderte Flores und lächelte den kleinen Mann an, der zurückgrinste.
»Wie ist es im Imperium?«, fragte sie neugierig, und sein Grinsen wurde noch breiter.
»Zivilisiert. Wundervoll. Und es gibt Städte, so groß wie dieses ganze Land. An jeder Ecke gibt es Wunder zu sehen, und auf den Märkten kann man jede Ware erwerben, die man sich vorstellen kann!«, pries er seine Heimat wortgewaltig an, sodass Flores lachen musste.
»Das klingt viel versprechend«, erwiderte sie.
Er nickte: »Ja, das ist es. Wieso fragst du?«
»Neugier?«, fragte sie zurück, doch dann antwortete sie ernst: »Weil ich mich frage, wohin ich gehen soll, wenn der Krieg ausbricht.«
»Oh, in meiner Heimat wärst du willkommen. Nur wird die Heimkehr schwierig, denn bald ist Winter, und die Pässe sind wohl schon unpassierbar«, erklärte Sargan seufzend.
»Das stimmt. Aber nächstes Jahr könnte man es versuchen.«
»Wenn du mitkommen willst: Ich habe nicht vor, noch allzu lange hier zu bleiben«, erläuterte der Dyrier. »Und an meiner Seite wäre auch noch ein Platz frei«, meinte er mit einem anzüglichen Lächeln.
Verwirrt runzelte Flores die Stirn: »Wie meinst du das?«
»Ich habe erst drei Frauen«, lachte Sargan und zwinkerte ihr zu. »Also könnte ich noch eine nehmen!«
»Was? Du meinst heiraten?«, brauste Flores auf, und der Rothaarige nickte freudig. Gerade wollte Flores ihm wütend die Meinung sagen, als sie Stens Grinsen sah und verstand: Er scherzt nur.
»Ich bin kein einfaches Eheweib«, sagte sie also laut. »Ich fürchte, dass ich keine Frauen neben mir dulde!«
»Das stimmt«, warf ihr Bruder ein. »Wenn du sie mitnimmst, dann hast du nach einer Woche nur noch eine Frau.«
»Und was wird aus meinen drei Söhnen und vier Töchtern?«, fragte Sargan mit gespielter Verzweiflung. »Wer kümmert sich um die?«
»Ich nicht«, stellte Flores fest. »Ich will mir das Imperium ansehen und nicht deine Bälger hüten.«
»Dann kann ich dich nicht zur Frau nehmen«, erwiderte der Dyrier achselzuckend.
»Hast du wirklich drei Frauen und sieben Kinder?«, fragte Costin neugierig, und als Sargan, plötzlich ernst, nickte, meinte der kleine Wlachake: »Du
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