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Die Trolle

Die Trolle

Titel: Die Trolle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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besiegen, noch hatten die Wlachaken genug Vorräte gehabt, um den Krieg auf Dauer fortzusetzen.
    Ohne den Waffenstillstand hätten Not und Krankheit grausige Ernte unter den erschöpften Kämpfenden gehalten, und so hatten die Wlachaken Zorpads Angebot angenommen. Seitdem herrschte ein brüchiger Friede im Land, den nur Rebellen wie Sten brachen, die keine Familie mehr hatten, welche man bedrohen konnte. Offiziell verdammte Ionna cal Saresdie Aktivitäten der Wlachaken, die sich weiterhin auflehnten, doch unter der Hand unterstützte sie diese, wo sie nur konnte, ohne dabei ihre Schwester und die anderen Geiseln zu gefährden.
    Viele Leute sagten, dass die Schwestern Ionna und Viçinia unterschiedlicher nicht sein könnten, die eine harsch und hart, die andere weich und sanft, doch diese Leute kannten sie nicht. Sten wusste, dass Viçinia unbeugsam und von einer tiefen Stärke erfüllt war, die sich jedoch anders als bei Ionna nur selten zeigte. Wo ihre Schwester durch die Annahme der Macht und der Herrschaft gezwungen war, Willensstärke öffentlich zu demonstrieren, damit die starrsinnigen Wlachaken ihr folgten, konnte Viçinia es sich leisten, mehr Freundlichkeit und Verständnis an den Tag zu legen.
    Mit einem Lächeln erinnerte der junge Krieger sich daran, wie gut sich die so ungleich scheinenden Schwestern ergänzten. Selten hatte jemand ihnen im Streit oder bei Verhandlungen das Wasser reichen können. Als engste Vertraute ihrer Schwester und als Unterhändlerin an den verschiedenen Höfen der Wlachaken und Masriden hatte Viçinia mehr als viele andere am Gelingen der Rebellion gearbeitet. Und in den Tagen der Herbstschlacht hatte sie sich gerüstet und war mitgezogen, um für jeden Fußbreit Boden zu kämpfen und notfalls zu sterben. Zorpad hat eine kluge Wahl getroffen, dachte Sten, er hat Ionna und der Rebellion einen furchtbaren Schlag versetzt, als er uns Viçinia nahm. Vor allem aber hatte der Masride Sten direkt ins Herz getroffen, denn seit er zum ersten Mal in ihre dunklen Augen geblickt und ihr Haar betrachtet hatte, das sich wie flüssiges Kupfer über die Schultern ergoss, hatte er sein Herz an Viçinia cal Saresverloren.
    Er hatte einige Jahre in Désa verbracht, ein heimat- und elternloses Mündel, auch wenn ihn das niemand hatte spüren lassen. Stets in ihrer Nähe, stets gewahr, wie wenig er ihrer jemals würdig sein konnte … Zahlreiche Pflichten hatten ihn abgelenkt, die Ausbildung hatte viel Zeit in Anspruch genommen, und dennoch hatte er nicht aufgehört, sich nach Viçinia zu sehnen. Wann immer er ihr zufällig begegnet war, hatte ihr Lächeln seinen Tag erhellt.
    Auch als er den Kampf gegen die Masridenherrscher aufgenommen hatte, war er immer wieder an Ionnas Hof zurückgekehrt, heimlich und verborgen, damit Zorpads Agenten ihn nicht entdeckten und dem Herrscher von Teremi einen Grund gaben, aufs Neue in den Krieg zu ziehen. Und jedes Mal, wenn Sten nach Désa gekommen war, hatte er Viçinia wiedergesehen. Seine Stellung am Hofe war mit den Jahren gewachsen, mit den Taten, die er vollbracht hatte, und bald war er ein enger Berater der Löwin von Désa und einer ihrer verlässlichsten Kundschafter geworden. In gleichem Maße, wie Ionnas Vertrauen in ihn gewachsen war, so war im fernen Teremi das Kopfgeld gewachsen, das Zorpad auf ihn ausgesetzt hatte.
    Schließlich hatte der Masriden-Marczeg sich stark genug gefühlt, um endlich den Versuch zu wagen, sich auch den letzten Rest des Landes Wlachkis einzuverleiben. Im vergangenen Spätsommer hatte er seine Truppen zusammengezogen und das Mardew angegriffen. Sten war mit den Truppen in eine verzweifelte Schlacht gezogen. Doch das Glück war ihm hold gewesen, und er war inmitten der Kämpfe auf seinen Erzfeind Csiró Házy getroffen. Der Szarke war jedoch von einer gut gerüsteten Leibwache umgeben gewesen, und Sten und seine Mitkämpfer hatten nur dank schierer Willenskraft zu ihm durchdringen können. Als Sten endlich das Schwert gegen Házy erhoben hatte, hatte er bereits aus vielen Wunden geblutet, und in einem ungeschützten Augenblick hatte ihn die Klinge des Szarken in die Seite getroffen. Wären seine Freunde ihm nicht zur Hilfe geeilt, hätte dies sein sicheres Ende bedeutet.
    Es war Natiole gewesen, der ihn aus dem Getümmel gezogen und ihn am Ende der Schlacht schwer verletzt und fiebernd nach Désa zurückgebracht hatte. An die beschwerliche Reise und ihre Ankunft auf der Burg hatte Sten keinerlei Erinnerungen. Er war erst wieder

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