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Die Trolle

Die Trolle

Titel: Die Trolle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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so schnell zu reiten. Für Sten war klar, dass nur eine Gruppe so offen einreiten würde. Masriden, dachte er grimmig.

 
15
    Die Feste Remis thronte über der Stadt und schien trotz ihrer massiven Bauweise nach dem Himmel greifen zu wollen. Vor ewigen Zeiten hatten unzählige Arbeiter den Hügel aufgeschüttet, auf dem sie errichtet worden war. Die mächtigen Mauern umschlossen fast die gesamte Anhöhe in einem gestreckten Oval und wurden allein von den Türmen überschattet. Vor allem der Bergfried, das höchste Gebäude, ließ die Festung so eindrucksvoll erscheinen. Die zahlreichen Türme auf den Mauern, die den Verteidigern im Kampf eine Rückzugsmöglichkeit bieten sollten, wirkten neben dem Bergfried eher klein, auch wenn sie noch einmal gute zehn Schritt über die Mauern hinausragten.
    Wegen der dunklen Färbung des Gesteins, aus dem die Feste errichtet worden war, und den zahlreichen Verteidigungsanlagen, welche die neuen Herren in den letzten Jahrhunderten hinzugefügt hatten, wirkte Remis stets düster und bedrohlich, selbst an einem sonnigen, klaren Tag wie diesem. Die Banner, die von den Türmen des Torhauses hingen, flatterten in der Brise, und auch Viçinias langes rotes Haar und ihr dunkler Umhang wehten in dem Nordwind, der die Kälte der Berge mit sich brachte. Trotz des dicken Samtstoffes auf ihrer Haut fröstelte die junge Frau, aber sie versuchte, es sich nicht anmerken zu lassen, während sie auf die Stadt hinunterschaute.
    Am Fuße des künstlichen Hügels lag ein tiefer Graben, durch den die Erbauer der Burg einen Seitenarm der Reiba geleitet hatten. Nur zur Stadt hin, deren eigene Mauer sich den Hügel hinaufwand und sich mit den Mauern der Feste verband, hatten die Masriden den Graben zugeschüttet. Im Lauf der Jahre war die Stadt bis an den Fuß des Hügels gewachsen, und als man sie mit einer Wehranlage befestigt hatte, hatten die Erbauer die ehemals frei stehende Burg in die Verteidigungsanlagen einbezogen. Die Masriden waren alles andere als großartige Architekten gewesen, als sie in das Land eingefallen waren, aber sie hatten sich schnell an die Städte und Burgen von Wlachkis gewöhnt und deren Baumeister und Steinmetzen für sich arbeiten lassen. Die vormals runden Bauwerke der Wlachaken waren den eckigen Bauten der Masriden gewichen, und von ihren Spitzen und Dächern wehten die Fahnen des Reitervolkes und verkündeten deren Herrschaft.
    Lärm tönte vom Burghof zu Viçinia hinauf, die beobachtete, wie einige junge Männer gerade das Kriegshandwerk erlernten. In ihren schweren Rüstungen mussten sie sicherlich furchtbar schwitzen, denn ihr Ausbilder trieb sie unablässig gegeneinander an, schritt durch ihre Reihen und kritisierte sie für ihre Fehler. Außer einigen abgehackten Sätzen konnte Viçinia nicht viel verstehen, aber sie hatte schon genug dieser Übungsstunden miterlebt, um zu wissen, dass Avram, der Waffenmeister ihres so genannten Gastgebers, seine Untergebenen mit beißendem Spott und wüsten Beschimpfungen traktierte. Die Zunge des alten Kriegers war ebenso gefürchtet wie seine Klinge, von der er Gebrauch machte, wenn seine Schüler ihm allzu schwer von Begriff erschienen.
    Der alte Veteran zahlloser Gefechte und Scharmützel war an der Seite seines Herrn in die Herbstschlacht gezogen und hatte dort das linke Auge durch einen Axthieb verloren. Die Inbrunst, mit der er seine Feinde hasste, war schon legendär, und er ließ keine Gelegenheit aus, der Hand voll Wlachaken am Hof seine Abneigung zu demonstrieren. Ohne Zorpads schützende Hand wären die Geiseln wohl schon lange ihm oder seinen Gleichgesinnten zum Opfer gefallen, von denen es in den Mauern der Burg mehr als genug gab. Wie lange noch, Zorpad? Wann wirst du sie nicht mehr zurückhalten?, dachte Viçinia, wurde jedoch jäh in ihrem Gedankengang unterbrochen.
    »Ein schöner Tag, nicht wahr?«
    Verstimmt über die Störung blickte sie sich um und sah Sciloi Kaszón, die sich ihr unbemerkt genähert hatte. Sciloi, die gemeinhin als rechte Hand Zorpads galt, obwohl sie bei Hofe kein besonderes Amt bekleidete, hatte die unangenehme Angewohnheit, immer dort aufzutauchen, wo sie am wenigsten erwünscht war. So wie jetzt, weshalb Viçinia kurz überlegte, sie zu ignorieren, sich dann aber doch dagegen entschied.
    »Klar und kühl, Nemes Sciloi«, antwortete sie, wobei sie darauf achtete, den Titel Nemes zu betonen, der ihr als Adelige zustand. Offiziell mochte die schwarzhaarige Szarkin keine Macht haben, aber sie

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