Die Trolle
Lichtspender hatten die Diener entzündet, sodass sich ihre Lichter in all den wundervoll gearbeiteten Rüstungen und Waffen spiegelten, die von Scharen von Lakaien unablässig auf Hochglanz poliert wurden. Allein schon mit den Stücken, welche hier in der Königshalle Lögmadhers ausgestellt wurden, hätte man ein ganzes Heer ausrüsten können. Und welch ein Heer!, dachte Hrodgard ehrfurchtsvoll.
Zu seiner Linken hingen die Schilde und Äxte der fünf Brüder an der Wand, mit denen die berühmten Krieger den Eingang der Blutigen Halle zwölf Tage und zwölf Nächte gegen die anstürmenden Horden der Spitzohren verteidigt hatten.
Rechts stand die Schuppenrüstung von Bodvarr, Sohn des Balldor, den die Skalden noch heute den Schlächter der Elfen nannten. Sein Hammer, der bei der Schlacht von Teshveig verloren ging, hatte beim Tod des Helden angeblich neunhundertundzwölf Kerben, eine jede ein Zeichen für einen erschlagenen Elfen. Und so ging es weiter, jede Rüstung, jede Waffe ein Zeichen für die Macht und die Triumphe der Zwerge, jedes Stück von erlesener Qualität und makelloser Schönheit. Selbst die ältesten Reliquien seines Volkes wirkten, als wären sie erst vor wenigen Stunden aus den Essen gezogen worden, um den Feinden der Zwerge Tod und Vernichtung zu bringen.
Seit seinen jüngsten Tagen hatte man Hrodgard von den Taten seiner Ahnen erzählt, und inzwischen kannte er die Geschichten und Legenden zu jeder Waffe und zu jeder Rüstung in der Halle Lögmadhers. Wie im Traum schritt er zwischen den Zeugnissen der großen Taten seines Volkes einher, langsam auf den gewaltigen, vergoldeten Granitthron zu, auf dem der König unter dem Berge saß. So wie Hrodgard, Sohn des Haldigis, einer langen Ahnenreihe von Kampf- und Kriegsmeistern entsprungen war, so hatten seit den vorältesten Zeiten die Vorfahren von Gunvolf dem Gerechten auf dem Felsenthron gesessen und über das Geschick der Zwerge in allen Städten der Tesh-Berge bestimmt, welche die Menschen Sorkaten nannten. Mit gesenktem Haupt näherte der oberste Krieger sich seinem Herrn und kniete zu Füßen des Thrones nieder, der den Zwerg sicherlich um das Doppelte überragte.
Einst war der Thron aus einem mächtigen Block Granit geschnitten worden, und später dann, als die Zwerge reich und mächtig wurden, mit einer Schicht reinsten Goldes überzogen worden. Die Reliefs auf Rücken- und Armlehnen zeigten den Exodus der Zwerge und ihren Einzug in die Hallen unter den Tesh-Bergen. Der Thron war glänzend poliert und von wunderschöner Kunstfertigkeit, ebenso wie die ornamentierte Rüstung des Königs, in deren dunkles Metall silberne Runen eingelegt waren, die im Licht der Lampen schimmerten.
»Erhebe dich, Hrodgard, Sohn des Haldigis«, sprach der König, dessen langer brauner Bart mit zahlreichen Silberfäden durchflochten war, und der Kriegsmeister kam dem Befehl nach.
»Dein Zug gegen die Pest in den unteren Stollen war ein großer Erfolg, wie man mir berichtet hat. Ich bin zufrieden mit dir, Kriegsmeister.«
»Danke, mein König«, erwiderte Hrodgard demütig. »Leider waren wir nicht vollkommen siegreich. Ein Teil des Troll-Gesocks konnte uns entkommen und ist in die Tiefen der Erde geflohen.«
»Bedauerlich, aber das ist nicht mehr zu ändern. Meine Berater und Gesandten …«, sagte der König mit einer Geste in Richtung der Gruppe des Rates, die neben dem Thron versammelt stand, »versichern mir, dass die Menschen ihren Teil unserer Abmachung einhalten werden. Laut dem Fürsten Zorpad wird es nicht mehr lange dauern, dass ihre Bemühungen Erfolg zeigen, und dann werden die restlichen Trolle in ihren Verstecken vernichtet werden.«
»Können wir den Menschen trauen, mein König? Vermutlich hat man Euch schon darüber in Kenntnis gesetzt, dass wir einen Eindringling in unseren Hallen hatten«, erklärte der Kriegsmeister zornig. »Einen Menschen!«
»Ja, das hat man mir berichtet. Aber ich habe auch vernommen, dass du bereits alle Maßnahmen ergriffen hast, um unsere Stollen zu beschützen.«
»Ich habe die Krieger zurückgezogen, um auf einen Angriff vorbereitet zu sein. Die unteren Ebenen werden versiegelt, sodass die Trolle nicht eindringen können. Unsere Hallen sind sicher«, stimmte Hrodgard zu.
»Ich vertraue dir, Kriegsmeister. Du solltest am besten wissen, wie man unsere Interessen schützt. Ich gebe dir vollkommen freie Hand in diesen Dingen. Enttäusche mein Vertrauen nicht!«
»Nein, mein König«, versicherte der
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