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Die Trugburg

Die Trugburg

Titel: Die Trugburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Hoffmann
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fällt wieder etwas ein«, meldete sich Gesed. »Eroice ließ alle Spiegel in ihrer Burg übermalen, um sich nicht in ihrer Häßlichkeit sehen zu müssen.«
    »Was wird dir noch alles einfallen?« brummte Mythor. »Vielleicht, wenn’s schon zu spät ist?«
    Er sprach mal laut, mal in Gedanken zu Gesed, je nach der Situation. Es geschah rein unbewußt.
    »Zu spät?« Gesed ließ ein gequältes Kichern vernehmen. »Ich dachte, du vertrautest dem Mädchen so völlig? Wie kann es dann jemals zu spät sein?«
    »Was hast du plötzlich!«
    Mythor erschrak über seine Lautstärke. Doch hier schienen sich keine Mangokrieger aufzuhalten, zumindest keine kalten. Die feuchte Kälte zog aus den Mauern mit ihren widerwärtigen Bekritzelungen – und ihrem Stöhnen.
    »Tallia hat selbst gesagt, sie ist in Eroices Gestalt, Mythor«, flüsterte es aus der Maske. »Wer garantiert uns dafür, daß die Hexe sie nicht selbst jetzt mißbraucht – vielleicht ohne daß Tallia es weiß? Und noch etwas. Du sollst Eroice töten. Doch wenn sie tot ist, wie kann sie dir dann noch zu deiner Erinnerung verhelfen?«
    »Ich brauche keine Erinnerung mehr, wenn ich Tallia besitze! Eine Zukunft mit ihr tausche ich gegen jede Vergangenheit ein.«
    »Ich habe dich gewarnt, denke immer daran, Mythor. Es ist sinnlos geworden, an deine Vernunft zu appellieren. Du bist verblendet.«
    Wütend durchquerte Mythor den Raum.
    »Aber ich will nicht in den Bann der Hexe geschlagen werden«, meldete sich Gesed noch einmal. »Darum helfe ich dir auch weiterhin, auch wenn du glaubst, darauf verzichten zu können. Du bist noch nicht in den Hexengemächern. Sieh die Bücher. Sie können nur Ceroc gehören, Eroices Bruder.«
    Da war die süße Stimme wieder. Mythor verstand keine Worte. Ihn schauderte, als er daran dachte, was noch in den Mauern leben mochte, und was es der heiß Begehrten antun konnte. Als er in plötzlichem Zorn der nächsten Wand einen Tritt versetzte, geschah das Unfaßbare.
    Eine Hand schoß daraus hervor. Ihr folgte ein Arm, eine Schulter, dann die Hälfte eines Gesichts. Ein haßerfülltes Auge starrte Mythor entgegen, und bevor dieser zurückspringen konnte, krampften sich die Finger der Hand um seine Kehle.
    »Du wirst Eroice nicht lieben!« kam es krächzend aus dem halben Mund. »Sie gehört mir!«
    »Sie gehört mir!«
    Eine zweite Gestalt wuchs reliefartig aus der Wand. Vor Entsetzen ganz starr, ließ Mythor es geschehen, daß sie sein Schwert an sich riß und es der ersten in die Brusthälfte stieß. Es fuhr fast bis zum Heft in die Wand. Der Griff um Mythors Kehle lockerte sich. Mythor riß sich los und sah sich auch schon von der eigenen Waffe bedroht, die aus der Wand zurückgezogen wurde, bevor sie sich über der ersten Gestalt wieder schloß.
    »Eroice gehört mir!« krähte es aus einem grauen Mund.
    Mythor entging dem Hieb um Haaresbreite. Er sah sich um und entdeckte zwei gekreuzt übereinander hängende Klingen über einem Kamin. Blitzschnell holte er sich eine davon und parierte. Als er dem unheimlichen Gegner den Todesstoß versetzte, schloß sich die Wand, und nichts vermochte die darin steckende Klinge wieder herauszuziehen. Sie brach ab, als Mythor es mit Hebeln versuchte.
    Seine Beine wurden weich. Er mußte sich setzen. Keuchend versuchte er, seine Beherrschung zurückzugewinnen.
    »Gesed«, flüsterte er. »Soll das heißen, daß das Stöhnen und Klagen von Männern kommt, die einmal Eroices… Liebhaber waren?«
    Und eifersüchtig auf jeden, den sie in die Arme der Hexe gehen sah!
    Aber wer würde ausgerechnet das freiwillig tun?
    »Ich bin hier, Mythor«, klang Tallias Stimme auf. Gleichzeitig schoben sich eine Reihe von Bücherregalen zur Seite und gaben eine Wandöffnung frei. »Nimm diesen geheimen Gang, denn der Lärm hat die Mangowachen aufmerksam gemacht. Schnell, Liebster, und hüte dich vor denen, die Eroice mit ihrer Magie in die Mauern bannte. Du hast recht, Mythor. Es waren alle einmal ihre Liebhaber, denen sie ihre längst verlorene Schönheit vorgaukelte. Wenn ihr danach ist, ruft sie einen von ihnen aus den Wänden zu sich, daß er ihr zu Diensten sei. Auch sie werden erlöst sein, wenn die Hexe tot ist!«
    Mythor hörte Laufschritte von draußen. Ohne zu zögern, holte er sich das zweite Schwert von der Wand und warf sich in die Öffnung.
    Sie schloß sich wieder, kaum daß er hindurch war.
    Der Gang war schmal, höchstens vier Fuß breit. Auch hier brannten Lichter, aber das nahm Mythor nur am Rande

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