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Die Trugburg

Die Trugburg

Titel: Die Trugburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Hoffmann
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wahr.
    Am anderen Ende kämpfte ein Mensch verzweifelt gegen ein Dutzend aus den Wänden ragende Arme.
    Und das war Cobor!

6.
    Eroice hockte in den Schleiern der von ihr gewobenen Dunkelheit vor der Kristallkugel, der allein sie gestattete, Licht in ihr Wohngemach zu bringen. Ihre dürren und knochigen Hände hielten die Kugel, auf deren glitzernder Oberfläche sich Bilder bewegten.
    Die Hexe sah Mythor, wie er erstarrte, als er den Mann aus dem Hinterwald im Kampf mit den Eingemauerten gewahrte.
    Sie kicherte.
    »Oh, Ceroc hat nicht gelogen«, kam es krächzend über ihre schmalen, runzligen Lippen. »Du kannst mir wohl gefallen, Mythor. Du wirst der beste Liebhaber von allen sein, die je diese Burg betraten.«
    Sie dachte daran, wie sie sie einen nach dem anderen angelockt hatte, und wie lange es schon her war, daß sie mit dem letzten frischen Mann das Nachtlager hatte teilen können. Sie war ausgehungert, und stärker noch als der Hunger nach Mythor war ihre Gier nach dem Mädchen.
    »Zeige sie mir«, befahl sie der Kugel. »Zeige mir Ilfa.«
    Und schon sah sie sie in einem Winkel des Verlies kauern.
    »Und du, mein Täubchen?« höhnte sie. »Du wartest darauf, daß er dir zu Hilfe kommt? Er würde es nicht tun, selbst wenn er es könnte. Denn er ist Tallia verfallen.«
    Tallia, die ihn zwar geradewegs in das Schlafgemach führen würde, nur würde dort keine alte Hexe liegen.
    Eroice setzte die Kugel ab und stand auf. Unruhig wie lange nicht mehr, ging sie in der Dunkelheit auf und ab.
    Zwei Dinge konnten ihr noch gefährlich werden – wenn sie Ceroc einmal außer acht ließ. Er sollte seinen Triumph nicht lange auskosten.
    Da war der Hinterwäldler. Cobor hatte genug gesehen und gehört, um Mythor zuviel erzählen zu können.
    Tötet ihn endlich! befahl sie den Eingeschlossenen. Wartet nicht, bis Mythor bei ihm ist!
    Vor allem jedoch mußte die Maske verschwinden. Eroice hatte alles mit angehört, was zwischen ihr und Mythor gesagt worden war. Auch wenn Mythor seine Fragen an den Aegyr-Geist nur dachte, wußte sie aus den Antworten, worum es gegangen war. Geseds Geisterstimme für sie hörbar zu machen, bedeutete keine Schwierigkeit.
    Er hatte Tallia erkannt, als sie seine Totenmaske im Wald an sich nahm. Er hatte darüber geschwiegen, weil er ihr sofort verfallen war. Zwar hatte er ihr noch nie von Angesicht zu Angesicht gegenübergestanden, doch die Beschreibungen, die er einstmals von ihr erhalten hatte, machten kein Verwechseln möglich.
    Jetzt warnte er Mythor, aber immer noch konnte er ihm nicht die Wahrheit sagen. Jedoch mochte es dazu kommen, wenn seine Angst zu groß wurde. Für keinen Lebenden konnte das Entsetzen über das Schicksal der ehemaligen Liebhaber so groß sein wie für einen Geist, der selbst lange genug gefangen gewesen war.
    Noch vermochte der Gedanken an Tallia ihn zu fesseln. Doch Gesed wollte keinen Körper mehr. Er meinte es jetzt ehrlich mit Mythor – bis auf das, was Tallia anging. Aus heißem Begehren war Furcht geworden. Gesed war sich selbst noch nicht im klaren über seine Absichten.
    Um Tallia lieben zu können, hätte er sich Mythors Körper erneut bemächtigen müssen. Er versuchte es nicht. Er wollte nicht in die Mauern der Burg geschlagen werden. Er warnte. Sein nächster Schritt mußte darin bestehen, sich Mythor zu offenbaren.
    Nehmt Mythor die Maske fort! Vernichtet sie!
    Und Ilfa…
    Ganz zu Anfang hatte Eroice mit dem Gedanken gespielt, Mythor zuerst in Ilfas Gestalt gegenüberzutreten, und dann erst in ihrer eigenen früheren Schönheit. Sie hätte ihren Spaß an seiner Verwirrung gehabt, und viel mehr noch – wie hätte sie es genossen, ihn beim Anblick ihres eigenen erhabenen Körpers Ilfa vergessen zu sehen!
    Ihr Verlangen nach ihm war zu groß, um sich diesem Vorspiel noch hinzugeben. Ilfa würde ihre Schuldigkeit tun und ihr ihre Lebenskraft geben, natürlich nicht alle. Denn um neue Liebhaber einzufangen, mußte Eroice sich in ihrer früheren Schönheit zeigen. Dazu brauchte sie die Reste von Leben in den gefangenen Jungfrauen, die auf die gleiche Weise wie die Liebhaber in die Mauern der Burg gebannt waren – in die des Turmes.
    Wer ihr genug gegeben hatte, der erlitt dieses Schicksal, ob Recke oder ob Frau. Die Liebhaber konnte sie sich nach Bedarf ins Schlafgemach befehlen, aber von Mal zu Mal erschöpfte sich ihre Liebeskraft. Und was war ein halb aus Fleisch, halb aus Stein und Magie Bestehender gegen einen frischen Jüngling!
    Noch dieser Gang, und

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