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Die Tuchhändlerin: Liebesroman aus der Zeit der Weberaufstände (German Edition)

Die Tuchhändlerin: Liebesroman aus der Zeit der Weberaufstände (German Edition)

Titel: Die Tuchhändlerin: Liebesroman aus der Zeit der Weberaufstände (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivonne Hübner
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im Flur nach ihrem Mantel. Sie nahm Fleck, der sie freudig ansprang, mit durch die Hintertür hinaus ins Schneegestöber, das bereits in Nieselregen überging. Sie folgte nicht dem Mandauweg, sondern schlängelte sich zwischen den Häusern Richtung Mühlwiese hindurch.
    Zuerst sah sie ihn gar nicht und befürchtete schon, ihn verpasst zu haben. Beim Jutelager lauerte sie ihm auf wie ein Dieb, aber dann endlich sah sie ihn auf sich zuschlendern, die Hände in den Taschen, den Kopf in den Wollschal eingezogen. Fleck winselte, als er den, der näher kam, erkannte. Sie trat zwei Schritte auf den Weg, packte ihn am Ärmel und zog ihn in den Lagerschuppen wie damals im Advent, als sie noch ein einziges Wesen gewesen waren. Zunächst einmal wussten beide nicht, was sie sagen sollten. Sie standen einander gegenüber, bis ihr eine Bemerkung über das Wetter herausrutschte, worüber er lachen musste. Sie war erleichtert. „Dir geht’s wieder gut, das ist schön.“
    Er wurde wieder ganz ernst und eine lange nicht mehr erlebte Verlegenheit schob sich zwischen sie. Sie schaute ihm fest in seine dunkelblauen Augen. Sie liebte ihn so sehr. Es war schwer, so unendlich schwer, aber sie nahm all ihren Mut zusammen und sagte es ihm: „Ich liebe dich.“ Aus ihrem Mund klang es unbeholfen und wie aus einem Roman von Jane Austen abgelesen.
    Doch sein Lächeln wollte sie schmelzen lassen. Er nahm ihr Gesicht in beide Hände und strich ihr mit den Daumen sanft über die Wangen. „Du ...“
    Sie war bereit zum Küssen. Es war höchste Zeit, sich wieder mit ihm zu vertragen. Sie schloss erwartungsvoll ihre Augen.
    „Du, meine Liebste ...“
    Ihr Herz klopfte ganz aufgeregt.
    „Du liebst doch nur dich selbst.“
    Sie öffnete die Augen.
    Er schaute ganz ernst, ließ seine Hände sinken und schob sich an ihr vorbei.
    In ihr zerbrach etwas in tausend Stücke. Vielleicht starb sie jetzt. Vielleicht fühlte sich so der Tod an. Sie wusste es nicht. Eine Weile blieb sie auf den Juteballen sitzen und dachte nach. Lange. Sie war zu verstört, um zu weinen. So viele Tränen hatte sie um ihn geweint. Und nun kamen keine mehr. Fleck wurde ungeduldig, draußen wurde es dunkel. Als sie ihre Gedanken zu Ende gedacht hatte, ging sie nicht gleich heim, sondern machte Halt bei Christiana Haller.
    Der Hund musste im Flur bleiben, damit er den Säugling nicht aufweckte. Die Kleine schlief in ihrer Wiege. Luisa war froh darüber, so hatte sie Christiana für sich. Christiana lehnte in der Chaiselongue, ihr Strickzeug auf dem Schoß. Sie hatte eine Kinderdecke in Arbeit.
    „Du solltest sie nur auf Damast betten“, flüsterte Luisa seltsam gerührt und stupste das Näschen des schlafenden Kindes an. „Ich kenne da einen hervorragenden Weber, eher einen Künstler.“ Ihr war zum Heulen.
    Christiana lachte leise und klopfte mit der flachen Hand auf die Sesselkante neben der Chaiselongue.
    Luisa setzte sich zu ihr. Es war Zeit, sich einer Freundin anzuvertrauen. „Ich bin sehr verliebt, Christiana.“ Sie überging Christianas Staunen. „Nein, eigentlich nicht verliebt; ich liebe da jemanden aus vollem Herzen. Aber er liebt mich nicht.“ Sie verbat sich jede Träne und ließ sich von Christiana ihre Linke tätscheln, während sie mit der Rechten immer wieder zum Biskuitteller griff, gedankenlos kaute und ihr Leid klagte. Luisa nannte Caspars Namen nicht, doch sie fühlte sich erleichtert, angehört und verstanden zu werden. Schließlich, als alles gesagt und viel geseufzt, aber nicht geweint worden war, kramte Luisa Clemens’ Brief hervor und las laut: „Lieblichstes Fräulein Luisa ...“
    „Ach herrje, da ist aber einer verliebt“, kicherte Christiana und Luisa las den gesamten Brief vor. In der Tat war Clemens sehr wortgewandt. Und noch ehe Luisa den Brief wieder hätte zusammenfalten können, schnappte sich Christiana den Bogen und las die Signatur: „Ihr ergebenster C Punkt Weber? C Punkt Weber?“
    Luisa sagte nichts dazu, dachte nach und faltete den Brief sorgsam zusammen. Eine Weile blieb es still zwischen den Freundinnen.
    „Apropos Weber“, sagte Christiana in ganz geschäftlichem Tonfall. „Balthasar Weber ist jetzt bei Mätzig. Heute Vormittag sind die Verhandlungen zu Ende gegangen, falls dich das interessiert.“
    Alles, was mit Familie Weber zu tun hatte, interessierte Luisa. Sie schluckte trocken. „Heute Vormittag?“ Sie nahm noch ein paar von den feinen Plätzchen und versuchte sich auf das zu konzentrieren, was ihre Freundin

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