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Die Tuchhändlerin: Liebesroman aus der Zeit der Weberaufstände (German Edition)

Die Tuchhändlerin: Liebesroman aus der Zeit der Weberaufstände (German Edition)

Titel: Die Tuchhändlerin: Liebesroman aus der Zeit der Weberaufstände (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivonne Hübner
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es aber nicht.
    „In was?“
    Fleck schnüffelte an Caspars Hosenbeinen, sodass Luisa ihn wegzerren musste. „In Goethes ‚Faust‘ entpuppt sich der Pudel als Teufel!“
    „Wieso?“
    „Vergessen Sie’s.“ Mit den Augen streifte sie sein Gesicht. Jungenhafte Voreingenommenheit. Sie war wieder so nervös, dass sie zu schwitzen begann. Sie hasste das. Aus der Stube schlug ihr jener atemberaubende Geruch nach Myrrhe, Salbei und Minze entgegen, wie schon drei Wochen zuvor, als sie wegen der versäumten Servietten hergekommen war.
    Luisas Auftauchen brachte den kleinen geregelten Alltag der Weber durcheinander. Vier Webertöchter huschten in der Stube herum, um ein gackerndes Huhn einzufangen, dessen Witterung Fleck sogleich aufnahm. Der kläffte und riss am Riemen, machte sich los, sodass Caspar Weber den Hund einfangen musste. Maria Weber rief ihren Töchtern zu, in welche Ecken das Huhn rannte, und versuchte es selbst zu packen, als es unter der Eckbank hervorgeflattert kam. Der junge Balthasar rettete ein Stück Papier, das ausgebreitet auf dem Fußboden lag. Die jüngste der Webertöchter bekam das Huhn zu fassen. Es gackerte, nein schrie. Blonde Haarsträhnen hingen im Schweiße ihres Angesichts, aber die Kleine strahlte vor Stolz, das Federvieh gepackt zu haben. „Hier, Gertrude, rein ins Körbchen“, lachte sie mit heller Kinderstimme und packte das Huhn in einen Weidenkorb, den Caspar ihr hinhielt.
    Dann war es mit einem Male ganz still. Nur das Rascheln des Musterpapiers, das die Brüder wieder auf dem Fußboden ausbreiteten, war zu hören. Die Mädchen schauten teils vorwurfsvoll, teils interessiert zu Luisa herüber, die schuldbewusst in der Tür stand, Fleck an der ganz kurzen Leine hielt und auf den Korb mit dem gackernden Huhn starrte.
    „Verzeihung.“
    In der engen Stube nahm allmählich wieder ein jeder seine Aufgabe auf. Maria Weber und ihre jüngste Tochter waren vor dem Durcheinander offensichtlich dabei gewesen, einen Wachsklumpen zu einem Wachsstock zu drehen, von dem sie die Lichter im Haus bestücken würden. Balthasar Weber kauerte auf dem Fußboden, vor ihm die Musterzeichnung des Ostritzer Stadtrates.
    „Meister Weber?“
    Er liege im Bett. Das Gebrechen sei zurück, kam die Erklärung von der alten Weberin.
    „Oh.“ Luisa kramte umständlich in ihrer Tasche. „Ich hab etwas für Ihren Mann mitgebracht.“
    Wieder waren alle Blicke skeptisch und wachsam auf sie gerichtet.
    Sie stellte eine schmale, hübsche Phiole auf den Tisch. „Arnika zum Einreiben.“
    Keine Reaktion. Alle schauten das Fläschchen an, als sei es Pandoras Büchse, die jeden Moment geöffnet werden würde.
    „Ich kann das nicht bezahlen, Fr...“
    „Ein Geschenk, Frau Weber, bitte nehmen Sie es an.“
    Wenn die Reichen Geschenke machten, verhieß das nichts Gutes, stand auf den Gesichtern der Weber geschrieben. Die Frauen und das Mädchen schauten unverwandt auf das Fläschchen. Maria Weber murmelte ihren Dank, dann schickte sie Blicke zum älteren Sohn, die nur er und sonst keiner zu deuten imstande war. Sogleich machte er sich am Wärmeröhr und dem Stieltopf zu schaffen und stellte einen Becher mit dampfendem Tee vor Luisa auf den Tisch. Sie bedankte sich, er nickte knapp, bezog wieder seinen Posten an der Ofenwand und kreuzte die Arme vor der Brust. Wachsam wie jeder hier.
    Sie versteckte ihr Gesicht hinter ihrem Becher. Auch sie war wachsam. „Ich bin gekommen, weil ich Ihnen einen Termin unterbreiten muss, Ihnen und Ihrem Vater.“
    „Ach ja?“ Caspar Weber zog die Augenbrauen über seinen dunkelblauen Augen zusammen.
    „Ja. Sie werden morgen um vier bei Liebig & Co. erwartet.“
    Jetzt verengte er die Augen, was Luisa schon an ihm kannte und was ihr dieses Kribbeln im Bauch bereitete.
    „Wieso?“
    Luisa folgte seinem Blick zu seiner Mutter. Maria Webers Augen sprachen wieder diese Sprache, die Luisa nicht verstand. „Das weiß ich nicht.“ Lügen fiel ihr nicht schwer. Wahrscheinlich erkannte ein jeder, dass sie log, denn hier machten alle, sogar die Mädchen, die von nichts eine Ahnung hatten, ein erwartungsvolles Gesicht. Aber Luisa ging es nichts an, was ihr Vater und Liebig & Co. von den Webers wollten. „Nun denn.“ Luisa, unendlich erleichtert fortzukommen, ruckte an Flecks Leine und machte auf dem Absatz kehrt, hatte aber das Gefühl, irgendwas vergessen zu haben.
     

     
    Sein Vater war nicht gerade begeistert gewesen, als Caspar ihm am Morgen vom bevorstehenden Termin bei Liebig &

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