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Die Tuchhändlerin: Liebesroman aus der Zeit der Weberaufstände (German Edition)

Die Tuchhändlerin: Liebesroman aus der Zeit der Weberaufstände (German Edition)

Titel: Die Tuchhändlerin: Liebesroman aus der Zeit der Weberaufstände (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivonne Hübner
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viel zu spät, aber das Haus war ruhig, vielleicht würde sie gar keinen Ärger bekommen.
    Die Hochzeitsmusikanten spielten jetzt die langsamen Lieder, zu denen nur noch im Sitzen geschunkelt wurde. Zum Tanzen war niemand mehr imstande. Elsbeth und Herrmann waren sicherlich schon ins neue Heim gefahren und Caspar musste grinsen bei dem Gedanken daran, was die beiden wohl gerade taten.
    Als er in die Stube trat, saß Clemens mutterseelenallein am Tisch. „So allein hier?“
    „Ja, allein.“ Er schniefte. Er war angetrunken. „Du hast mir mein Mädchen weggenommen.“
    „Was?“
    „Clementine Maximiliane Tnentnien, wirklich originell.“
    „Ich weiß nicht, was du von mir willst.“
    „Wer ist Clementine Maximiliane Tnentnien, hä?“
    „Clemens, du hast eindeutig zu viel intus.“
    „Blödsinn!“
    „Ich rede nicht mit dir, wenn du so bist!“ Caspar wandte sich um und suchte irgendwas zum Trinken.
    „Ich hab das Protokoll gelesen.“
    „Du spionierst den Leuten immer noch nach, was? Hast dich kein bisschen verändert, Clemens!“ Irgendwas zu trinken musste hier doch rumstehen. Sie waren immerhin auf einer Hochzeit.
    „Ich bin wahrscheinlich der einzige Mensch, der dein Krickelkrackelhühnerkackel lesen kann.“ Er rülpste, prostete sich selbst zu. „Maximiliane Clementine Treuentzien. Kannst froh sein, dass Türpe halb Analphabet ist. Caspar.“
    Der machte sich mittlerweile daran, eine Flasche Apfelwein vom Vorjahr zu köpfen. Mit der Flasche in der einen und zwei Keramikbechern in der anderen setzte er sich zu Clemens. Caspar schenkte sich und seinem Bruder ein. Beide tranken ein paar kräftige Schlucke. „Keine Clementine Maximiliane Tnentnien, Caspar! Wie leichtsinnig“, hickste der hervor. „Hast du gedacht, du könntest uns alle zum Narren halten?“
    „Das war nicht unsere Absicht.“
    „Unsere! Jetzt spricht der Herr schon von ‚Wir‘, wann soll denn die Hochzeit sein?“
    „Sobald wie möglich.“
    „Sobald wie mög...“ Clemens hielt die Luft an, überlegte. „Du Schurke!“, rief er und langte aus.
    Caspar konnte gerade noch vom Stuhl aufspringen, um dem Schlag seines Bruders auszuweichen. „Clemens, was soll das!“
    „Du hast sie angerührt!“
    Caspar schwieg und sah ungläubig auf seinen Bruder hinab.
    „Du hast sie entehrt, deshalb musst du sie sobald wie möglich heiraten. Du hast sie unsittlich angefasst, du Lump!“
    „Du bist ja völlig blau, Clemens!“
    Mit dem Gebrüll eines Märtyrers sprang Clemens auf und ging Caspar an den Hals. „Du hast sie angerührt, du Schuft! Du hast Luisa entehrt! Wenn du das mit den Weberweibern machst, ist das die eine Sache, aber nicht mit Lu...“
    Der Kinnhaken, den Caspar seinem Bruder verpasst hatte, stopfte dem das Mundwerk, stillte aber nicht seine Wut.
    Clemens holte sogleich zu einem nicht minder üblen Faustschlag aus und fügte noch eine Rückhand auf Caspars Augenbraue hinzu. Dem wurde schwarz vor Augen. Er sackte in sich zusammen und Clemens stolperte über ihn und lallte in seinem Elend: „Sie war mein! Ich hab um sie geworben!“
    „Zu spät, Clemens, ich war vor dir ...“ Caspar konnte kaum einen vernünftigen Satz herausbringen, weil Clemens ihn zu boxen versuchte, meist aber nicht traf. Er schmeckte Blut. „Ich hab mich mit ihr im Oktober verlobt, Clemens, da kanntest du sie noch gar nicht.“
    Clemens jaulte auf und ließ sich schlaff auf Caspars Brust fallen. Er heulte und hustete. Dann nahm er seine letzten Kräfte zusammen, setzte sich rittlings auf Caspars Beine und drosch wütend auf ihn ein. „Hast aus mir einen ordentlichen Idioten gemacht! Hast mich um sie werben lassen. Habt ihr euch über mich schlapp gelacht?“ Plötzlich kippte er nach vorn. Sein Kopf lag neben dem von Caspar und Clemens heulte wie ein Kind.
    Clemens tat Caspar leid.
    Irgendwann robbten beide bis zur Stubenwand, an die sie sich erschöpft lehnten. Caspar betupfte seine aufgeplatzte Augenbraue und die Lippen. Verdammt, das neue Wams! Er angelte nach dem Weinbecher auf dem Tisch und trank erst selbst, dann flößte er seinem weinenden, unglücklichen Bruder Wein ein. Clemens’ Kopf ruhte auf Caspars Schulter.
    Schließlich sagte Clemens, und es klang wie aus dem Munde eines Kindes: „Ich wollte sie haben.“
    Und Caspar gab der Verbitterung seines Bruders zu trinken, dann lallte Clemens: „Ich fordere dich zum Duell.“
    „Ich duelliere mich nicht mit meinem Bruder.“
    „Das ist deine Pflicht, Caspar, du musst.“
    „Nicht

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