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Die Tuchhändlerin: Liebesroman aus der Zeit der Weberaufstände (German Edition)

Die Tuchhändlerin: Liebesroman aus der Zeit der Weberaufstände (German Edition)

Titel: Die Tuchhändlerin: Liebesroman aus der Zeit der Weberaufstände (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivonne Hübner
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Sie malte sich in den wüstesten Vorstellungen aus, wie Caspar ihr grollte. Sie hatte keine Wahl gehabt, als sie seine Familie aus Mätzigs Fängen befreite. Das würde Caspar verstehen. Irgendwann.
    Sie schickte ihm Bücher, obschon er ihr in seinen Briefen versicherte, dass er keinen klaren Kopf hatte, um Goethe und Schiller zu lesen.
    Ende Juni besuchte sie Meister Weber, der ihr stolz Caspars Musterzeichnungen präsentierte. Luisas mühsam aufgebaute Mauer brach vor ihrem Herzen zusammen, weil seine Handschrift sie rührte. „Fangen Sie an, Meister Weber.“
    Elsbeth und Herrmann Tkadlec sowie Meister Weber und Balthasar waren die Webergespanne, die Caspars Patronen einzulesen begannen. Alles sprach davon, dass Caspar derjenige sein würde, der in einigen Wochen mit dem Weben beginnen würde. Das ertrug Luisa nicht, weil sie keine Ahnung hatte, was noch alles passieren würde. Deshalb und weil sie den Duft von Minze, Myrrhe und Salbei, die stoische Ruhe während des Einzählens des Musters in die Zampelfäden und Sophies aufgewecktes Geplapper nicht ertrug, vermied sie weitere Besuche bei Familie Weber.
    Als Zeichen ihrer Liebe schickte Luisa Caspar ihr Armband mit dem Hornring. Sie schrieb ihm von seinem Kind, dessen Bewegungen sie jetzt in ihrem Leibe spürte. Sie schrieb von dem Haus, das sie angezahlt hatte. Eine „kleine schiefe Hütte, deren Rähmbohlen vom Wurm zerfressen werden und dessen Holz sowieso schnellstens gebeizt werden muss, ein Angstkorb“.
    Und schließlich, Ende Juli, ihre Weber hatten noch nicht mit den Damasten begonnen, erhielt sie die Nachricht, an die sie schon nicht mehr geglaubt hatte: Caspar schrieb ihr, er werde sich am sechzehnten August, einen Tag nach Mariä Himmelfahrt, mit seinem Bruder vor der Frauenkirche in Zittau öffentlich duellieren.
     

     
    „Reiß dich zusammen.“
    Balthasar nickte. Caspar sah, dass die Hände seines Bruders zitterten, während er den Lauf der Pistole reinigte. Balthasar hatte sich nicht von seiner fixen Idee, als Adjutant nach Zittau zu kommen, abbringen lassen. Er war sechzehn und in den letzten Wochen ungemein gereift.
    Caspar hob den Blick und sah Clemens, von dem er die ganze Zeit beobachtet worden war, direkt in die Augen. Da standen sie nun, die drei Brüder, sowie einer von Clemens’ Kameraden, den Caspar nicht kannte, und luden unter der Aufsicht eines Stadtbeamten die zwei Duellpistolen. Caspar hatte sich in den vergangenen Monaten zur Genüge mit dem Gedanken auseinandergesetzt und es war schwer gewesen, Luisa gegenüber, und dann auch noch auf dem Postwege, Vernunft und Gelassenheit an den Tag zu legen. Caspar war alles andere als gelassen. Die Strafe hatte er verdient, das stand außer Frage. An den Gedanken aber, die Waffe auf seinen Bruder zu richten, konnte er sich nicht gewöhnen.
    „Et voilà“, sagte der stocksteife Stadtbeamte und tat so, als sei er am französischen Hofe, wo sich zwei Adelige duellierten, weil der eine das Taschentuch der heimlichen Geliebten des anderen an sich genommen hatte.
    Caspar und sein Bruder betraten den Platz vor der Frauenkirche. Schaulustige, wohin das Auge reichte. Caspar hatte seiner Familie verboten, dem Duell beizuwohnen. Sein Vater, Herrmann und Balthasar hatten sich seinem Wunsch widersetzt. Und jetzt, wo er mit gesenktem Blick neben seinem Bruder auf den Platz schritt, war er froh, dass er wenigstens noch einmal seinen Vater in den Arm hatte nehmen können, wenn schon nicht Luisa und seine Mutter.
    Sie standen einander gegenüber. Er und sein Gegenstück. Beide hielten die Pistolen schlaff in der Rechten. Caspar sah sein Spiegelbild in Clemens’ dunkelblauen Augen. Er drückte ihn ganz fest, ganz fest an sich, als Clemens den Schritt machte, der beide voneinander getrennt hatte, und ihn in den Arm nahm.
    Als Nächstes spürte Caspar Clemens’ Schulterblätter an den seinen. Dessen Hinterkopf an dem seinen.
    „Caspar?“
    „Mmh?“
    „Ich wünsch dir viel Glück.“
    „Ich dir auch, Clemens.“
    „Danke.“
    „Estime!“, rief der stocksteife Stadtbeamte.
    Caspar atmete tief durch, hob die Pistole in der Rechten vor die Brust und spürte in seiner linken Seite, dass Clemens das Gleiche tat.
    „Caspar?“
    „Mmh?“
    „Halte still, klar!“
    „Was?“ Caspar wollte dem Drang nachgeben, sich zu Clemens umzudrehen, aber das verbat ihm das neuerliche „Estime!“ des Stadtbeamten.
    „Halt bloß still, Caspar, hörst du?“
    Was sollte das? Wollte Clemens sichergehen, dass er

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