Die Tuchhändlerin: Liebesroman aus der Zeit der Weberaufstände (German Edition)
so weit war.
„Meine Güte! Hab dich nicht so. Und weiter?“
„Die wollen mich raushaben aus dem Geschäft“, sagte Vater. „Ich soll aufhören. Caspar soll sein Meisteramt machen und dann in Mätzigs Fabrik.“ Meisteramt. Das hing seit Jahren über Caspar wie ein Galgenstrick. Vor Jahren war er beinahe so weit gewesen. Und dann ... jedenfalls wollte er das jetzt nicht mehr, weil er nicht beabsichtigte zu heiraten, und zum Meisterwerden gehörte zwangsläufig das Bräutigamwerden dazu. Das wollte er nicht.
„Und was ist mit Emilie? Sie würde dich sofort nehm...“
Caspars gebieterischer Blick unterbrach Herrmann und der wiederum schickte prüfende Blicke zu Caspars Vater. Sein Vater war nicht gut auf Emilie Schiffner zu sprechen. Und jetzt schaute er ganz interessiert zu Herrmann, der wusste, dass er da in einen Fettnapf getreten war, und lenkte sogleich ab: „Will der Liebig euch nicht mehr?“
„Das hat er so nicht gesagt, keine Ahnung. Werden sehen, was der nächste Auftrag bringt.“
Schweigen. Hinter den paar Brocken, die sein Vater gesagt hatte, steckte so viel, das wusste selbst Herrmann, der allgemein nicht für einen Schnellmerker gehalten wurde. Caspar suchte auf Herrmanns gekräuselter Stirn nach einem Witz, der gewöhnlich auf derartige Neuigkeiten folgte. Doch es kam keiner. Stattdessen wollte Herrmann alle Einzelheiten der Vorladung wissen.
„Und? Trittst du ab?“
„Wenn ich abtrete, Herrmann, muss ich Elsbeth einem Reichen geben.“
Herrmann plusterte sich auf, weil er und Elsbeth einander versprochen waren, seit einer Ewigkeit, und weil sie einander vergötterten.
„Nein, ich bleib erst mal noch im Geschäft. Caspar muss selber entscheiden, ob er jetzt sein Meisteramt machen und bei Mätzig einsteigen oder noch eine Weile unter meinen Fittichen bleiben will.“
„Worauf du einen lassen kannst.“
„Na, dann prost.“
Drei Bierkrüge schepperten aneinander.
Aber so einfach war das Problem nicht aus der Welt geschafft. Das wussten sie. Sie nahmen sich vor, der Mutter erst mal nur eine abgespeckte Variante von der Vorladung zu erzählen, alles Übrige würde sich fügen.
Heinz Türpe, Zunftvorsitzender, Altmeister, Stiernacken und nicht der Weber bester Freund, stolperte in die Zunftstube, als Caspar, sein Vater und Herrmann Tkadlec die Zeit zu vergessen drohten.
Kaum erblickte Caspar den Mann, erhob er sich und zog sich seine Stiefel wieder an. Alles Zureden nutzte da nichts, Caspar blieb nicht bei einem wie dem im selben Raum und löhnte für seine und Vaters Biere. „Komm, lassen wir Muttern nicht warten, das wäre auch respektlos Gertrude gegenüber.“
Herrmann verstand nur Bahnhof und blieb noch auf ein Bierchen.
Draußen dunkelte es bereits und nach wenigen Schritten waren Caspars Stiefel, die verdammten Dinger, innen wieder nass. Sein Vater hatte vom langen Stillsitzen in der Schenke Schmerzen im Kreuz und im Genick und wollte es nicht zugeben, aber Caspar sah es ihm an.
„Was ist mit Emilie Schiffner?“
„Nichts.“
„Dann wirst du dich nicht mehr mit Schiffners abgeben!“
„Peter ist mein Freund!“
Peter, Emilies Bruder, war neben Herrmann Tkadlec der einzige Freund, den Caspar seit der Geschichte von damals noch hatte.
„Den kannst du treffen, aber nicht mehr Emilie! Hast du mich verstanden?“
„Nein.“
„Hast doch gehört, was die heut Nachmittag gesagt haben!“
Natürlich hatte Caspar das gehört. Er war ja nicht dämlich und er wusste auch, was die Reinhaltung der Zunft bedeutete und dass Heinz Türpe sein Obermeisteramt sehr genau nahm. Der konnte ihm eher heute als morgen eine Braut vorsetzen und ihn zwingen, das Meisterstück zu weben. Ob Caspar nun wollte oder nicht. Was er wollte, spielte in seiner Welt sowieso keine Rolle.
„Die sägen an meinem Meisteramt, Caspar, jetzt mehr denn je. Ich mache mir keine Sorgen um mich oder deine Mutter. Wir werden auch im Alter unser Auskommen haben. Ich habe immer meinen Kinder- und Alterspfennig in die Innungslade eingezahlt. Und der Herrmann wird sich ein bisschen um uns kümmern, wenn er erst mal mit deiner Schwester verheiratet ist. Der Herrmann ist zwar beim Mätzig in der Fabrik, aber trotzdem ein guter Kerl. Und wer weiß, wenn er nicht beim Mätzig wär und kein geregeltes Einkommen hätte, hätt ich ihm wahrscheinlich gar nicht die Elsbeth versprochen. Uns können die nichts. Aber dir!“ Sein Vater blieb stehen. Das viele Sprechen hatte ihm die Luft genommen.
„Ich bin noch nicht
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