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Die Tuchhändlerin: Liebesroman aus der Zeit der Weberaufstände (German Edition)

Die Tuchhändlerin: Liebesroman aus der Zeit der Weberaufstände (German Edition)

Titel: Die Tuchhändlerin: Liebesroman aus der Zeit der Weberaufstände (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivonne Hübner
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Und zwar mit Bettines Hilfe, die mittlerweile ihre Freude daran gefunden hatte, mit dem Fräulein ein Geheimnis zu teilen.
    „Luisa, nun will ich dir einmal einen ganz Großen im Damastgeschäft vorstellen.“ Er wandte sich dem beleibten Manne zu: „Magnus Fernheim. Das ist meine Tochter Luisa, zu deren Stärken es gehört, ehrgeizig zu sein.“ Dann wandte er sich an sie: „Luisa, darf ich dir Magnus Fernheim vorstellen, den Großindustriellen, von dem du nicht wenig gehört haben dürftest.“
    Luisa reichte ihren Handrücken, der Mann schmatzte auf ihren Handschuh. Luisa fühlte sich unwohl.
    „Es freut mich immer, die Schönheiten aus den östlichen Provinzen bewundern zu können, und damit meine ich nicht allein die Damaste.“ Fernheim brach in Gelächter aus. Luisa entgingen nicht die anzüglichen Blicke, die zuckenden Augenbrauen und Mundwinkel des alten Mannes, der sie unaufhörlich anschaute, während ihr Vater die schönsten Stücke seiner Sammlung präsentierte. Magnus Fernheim hörte ihrem Vater kaum zu, schaute die Ausstellungsstücke kaum an, wollte wissen, warum die Verleger Liebig und Haller noch nicht hier waren. Die wurden von Geschäften in Dresden aufgehalten. „Oder von Unruhestiftern.“ Wieder dieses falsche Lachen. „Ich hoffe, Sie hatten eine unbeschwerliche Fahrt, Fräulein?“
    Luisa nickte.
    Ihr Vater nahm sacht den Ellbogen des Mannes, als wolle er sich bei ihm unterhaken. „Der Vortrag zum Jacquard beginnt. Wollen wir?“
    „Ich komme nach, Kollege.“
    Ihr Vater machte sich eilig auf den Weg, um nicht den Beginn des Messehöhepunktes zu verpassen.
    „Wollen Sie uns begleiten, Fräulein Treuentzien?“
    Luisa, überrascht zunächst, wies Fernheim darauf hin, dass sie beim Vortrag sicher nicht gern gesehen war.
    „Papperlapapp, Sie werten meine Erscheinung auf, also ... wollen wir?“
    Luisa hakte sich bei Fernheim unter und deutete mit kurzem Blick zu Bettine unauffällig auf die Korbschachtel unter der Theke. Bettine nickte, bekam vor Aufregung rote Wangen und Luisa kehrte dem Messestand den Rücken.
    Kurz drauf fand sie sich umgeben von Hunderten Männern, die eine Hälfte starrte auf ein Monstrum von einer Musterwebmaschine, die Luisa bisher nur von Zeichnungen in Zeitungen kannte, die andere Hälfte starrte auf sie. Fernheim behielt ihre Rechte unter seinem Ellbogen.
    Luisa hing an den Lippen des Redners. Nach dem Vortrag wurde offen diskutiert. Bevor Luisas Arm taub werden konnte, ließ sie ihn in ihren Schoß sinken. Sie wurde ignoriert, ein Umstand, den sie von der Expedientenschule kannte. Es wurde über sie getuschelt. Die Funktionsweise des Lochkartensystems sei für den weiblichen Horizont doch gar nicht zu verstehen, hörte sie den Herrn direkt hinter ihr sagen. Vielleicht hatte er absichtlich so laut gesprochen. Sie drehte sich nicht um, sondern versuchte ihren Puls zu beruhigen.
    „Die Tastnadeln kooperieren mit der Endlos-Lochkarte, faszinierend, nicht wahr?“, hörte sie Magnus Fernheim raunen. Seine wulstigen Lippen lächelten zu ihr herüber. Eine Weile lang beobachtete sie den auf der Webbank sitzenden Mann, der nichts weiter zu tun hatte, als die automatisch hin und her schnellenden Schussschützen und das Rattern der Lochkarten zu überwachen. „Die Maschine stoppt von allein, wenn der Schussfaden in der Spule zur Neige geht. Dann wird sie vom Weber ersetzt.“
    „Mehr hat der Mann nicht zu tun?“
    „Mehr nicht.“ Magnus Fernheim freute sich.
    „Sie haben auch umgerüstet, wie ich höre?“
    „Allerdings, Gnädigste.“
    „Wie ging das vonstatten?“
    „Nicht ohne Konflikte, wie Sie sich vorstellen können.“
    „Haben sich die Weber aufgelehnt?“
    Fernheims Lächeln war wie weggewischt. Er schwieg eine Weile, starrte auf die tosende Musterwebmaschine.
    „Wie haben Sie die Weber beschwichtigt? Abfindungen gezahlt?“
    „Wissen Sie was? Kommen Sie heute Abend zum Dinner zu uns“, würgte er sie ab. „Da lässt es sich besser unterhalten. Ohnehin sind die Höhepunkte der Messe nach dieser Präsentation“, er deutete auf die Musterwebmaschine, „vorüber.“ Damit tippte er sich an den Hut, erhob sich und trat zu ein paar Herren mit steifen Zylindern.
     
    Als sich Luisa am Abend dann bei Fernheims durch die vier Gänge und die entmutigende, ja erniedrigende Konversation schleppte, wusste sie noch nicht, dass dieser Abend den Wendepunkt ihres Lebens darstellen sollte.
    Vorerst war sie froh, das Abendessen und anschließende Souper

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