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Die Tuchhändlerin: Liebesroman aus der Zeit der Weberaufstände (German Edition)

Die Tuchhändlerin: Liebesroman aus der Zeit der Weberaufstände (German Edition)

Titel: Die Tuchhändlerin: Liebesroman aus der Zeit der Weberaufstände (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivonne Hübner
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fahren.“ Er wandte seine Augen aus ihrem Blick. Einen Moment lang schaute er Fleck zu, der sich hechelnd mit dem Hinterlauf am Ohr kratzte. „Es ist sehr gefährlich. Ich meine ...“ Er zuckte mit den Schultern, wand sich um das, was er ihr sagen wollte, und Luisa ging noch einen Schritt auf ihn zu. Sie standen einander so dicht gegenüber wie neulich, so dicht, dass sie nur ihren Hals ein wenig hätte recken und ihre Lippen hätte spitzen brauchen, um mit ihrem Mund den seinen zu berühren. Aber nichts dergleichen tat sie, stattdessen wartete sie stumm auf das, was er sagen wollte. „Warum muss es denn Leipzig sein?“
    „Weil dort die Messe ist.“
    Er neigte seinen Kopf, während er leicht nickte und flüsterte, dass Luisa ihn kaum verstehen konnte: „Die Unruhen werden in Leipzig und Dresden immer schwerer ... Die sind gewalttätig. Die haben schon Gutsherren gefangen genommen und eingesperrt.“ Seine Wange berührte beinahe die ihre. Beinahe. Und Luisa lief ein Schauer über den Rücken.
    „Die?“
    „Die Bauern und die Eisengießer und die ...“
    „Die Weber?“
    Er nickte und Luisa konnte seinen Atem an ihrem Ohr spüren. „Es wurden schon Leute getötet, Luisa, bitte ... bleib hier.“ Jetzt hatte er tatsächlich besorgt geklungen und mit einem Wimpernschlag Luisas Blick gesucht.
    Ihre eigene Stimme war ihr fremd und sie brachte nur ein Hauchen hervor: „Woher weißt du das alles? In den Zeitungen stand nichts von Toten.“
    „Mein Bruder hat geschrieben.“
    „Mach dir keine Sorgen um mich.“ Sie drehte ihren Kopf, streifte seine Wange mit der ihren. Caspar richtete sich abrupt zur vollen Größe auf und sah Luisa offen an. „Wer hat schon Interesse an einem knauserigen, alten Textilexpediteur und seinem arroganten, verwöhnten Expediteurstöchterlein?“
    Er schwieg kurz, dann sagte er: „Ich.“
    Einen Sekundenbruchteil hing das Wort zwischen ihnen, dann nickte Caspar zum Abschied und verschwand mit Fleck im Haus.
     
    Sie hätte leicht getötet werden können auf der Reise zur Messe nach Leipzig im August 1830, aber das wusste Luisa noch nicht, als sie neben Bettine in der Kutsche saß.
    Das einzig Amüsante war der Anblick ihres Vaters, dessen Zylinder mit jedem Hüpfer der Lohnkutsche an die Decke des Wagenkastens stieß. Bettine, die wie jedes Jahr eher widerwillig denn freudig als Anstandsdame mitfuhr, verschlief die Fahrt. Sie brauchten zwei Tage für die Reise. Übernachtet wurde in einer bescheidenen Pension an der Via Regia, deren Wirt die gleichen Warnungen wie Caspar äußerte.
    Obschon die Lage in der zweiten Hauptstadt dieser Tage alles andere als erfreulich war, kamen sie ohne Zwischenfälle durch die Zollstationen.
    Die Stadt roch nach Kohlefeuer, nach Abfall und Dung, nach dem Dampf, den die Fabrikmaschinen ausstießen, nach ängstlichen und nervösen Menschen. Diese ganze große Stadt roch beißend nach Spannung, ihre Luft schmeckte süßlich und verlockend wie verbotenes Naschwerk. Luisa war hellwach, sog jeden Eindruck aufgeregt ein.
    Zuerst hatten sie sich bei der Messeverwaltung zu melden, danach ihren Messestand zu beziehen. Luisa kannte die Prozedur in- und auswendig. Wie in jedem Jahr hing auch jetzt ein Ölgemälde von ihrem Pinselstrich mit einer besonders einladenden Szene ihres Dorfes über der Auslage der schönsten Damaste, Leinentücher und Bänder.
    Während ihr Vater die Vorträge und Schauvorführungen besuchte, musste Luisa ihn vertreten. Bettine sorgte für Luisa, beschaffte, was immer sie benötigte. Die wenigsten Messebesucher aber hatten Augen für die Schönheit der Damaste, sondern nur für sich, beglückwünschten sich zu ihren Machtstellungen in der Branche und ignorierten die Bettler, die vor den Hallentoren um Almosen baten.
    „Die Armen werden missbilligt, Bettine.“ Luisa knabberte an einem Butterplätzchen, während sie die Großindustriellen beobachtete und versuchte, ihrer uninteressierten Magd die Welt zu erklären. „Missbilligt in ihrem Elend. Die Wäscherin wie der Torfstecher, der seinen halb verhungerten Klepper auf die Pleißaue treibt, um ihn dort unter Todesstrafe grasen zu lassen, damit er ihn am nächsten Morgen wieder vor den Karren schirren und Torf ziehen lassen kann.“
    „Torf, Fräulein?“
    Luisa drehte sich zu Bettine um, die in den Kisten jene Waren sortierte, die noch nicht ausgelegt werden konnten, weil es dafür keinen Platz gab. Liebig & Co. hofften auf gute Verkäufe in diesem Jahr. Sie hatten auch

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