Die Tuchhändlerin: Liebesroman aus der Zeit der Weberaufstände (German Edition)
anderer finden für dich. Wir werden jemand anderen finden, der es ernst mit dir meint.“
„Nein, Papa.“ Jetzt richtete sie ihren Oberkörper auf und sah ihren Vater streng an. „Keiner derer, die um mich oder meine Schwestern freien, wird es je ernst mit uns meinen. Ich lasse mich nicht noch einmal von dir an jemanden versprechen, der mich nicht um meinetwillen will.“
Damit tapste sie in ihre Kammer und schlief erst nach langem Weinen ein. Nicht um Matthias weinte sie, sondern um Caspar, der ihr fehlte.
Schon am nächsten Morgen war die Kunde im Dorf herum. Ein jeder wollte seine eigene Version der Vorgänge kennen.
„So müssen sich Geächtete fühlen!“ Mutter packte Luisas Brautkleid in eine Truhe auf dem Dachboden, schrieb Ausladungen, weinte heimlich und würde sich eine ganze Weile nirgends blicken lassen. Man wog sogar ab, ob man dem alljährlichen Weihnachtsball beiwohnen sollte oder nicht. Nach außen hin äußerten die Leute ihr Bedauern, aber insgeheim wurde gelästert ...
Luisa hatte ganz eigene Probleme. Sie wusste nicht, wie viel Zeit verstreichen musste, bis sie sich im Weberviertel blicken lassen durfte. Es gab niemanden, mit dem sie dieses Problem hätte erörtern können. Aber sie hatte ja Fleck, der auf Skandale keine Rücksicht nahm und dem Ruf der Natur folgte.
„Guten Morgen, Fräulein Weber. Ist Caspar da?“
„Im Garten, Holz machen.“ Elsbeth deutete mit einem Kopfrucken auf die Hintertür am anderen Ende der schwarzen Küche. Luisa, so eigenmächtig sie war, drückte Flecks Leine Sophie in die Hand und durchquerte den Flur. Es roch verführerisch nach Kräuteraufguss und Hühnerbrühe.
Caspar verlor beinahe das Gleichgewicht, als er sie durch die Hintertür kommen sah. Der Schwung, mit dem er den aufgespickten Holzstumpf über dem Kopf drehte, um ihn auf dem Rücken der Axt zu zerschmettern, riss ihn beinahe um. Herrmann Tkadlec kicherte und Meister Weber kam auf Luisa zu.
Luisa verhehlte kaum ihre Enttäuschung, dass sie Caspar nicht allein sprechen konnte. Sie schüttelte dem Meister die Hand. Der begann sofort vom Stand der Dinge, das Tuch des Paul Keubler betreffend, zu berichten und rechtfertigte sich. „Wir müssen erst Holz machen, bevor es ganz durchnässt ist, aber gleich danach fangen wir mit dem Weben an.“
Luisa hörte kaum hin.
Caspar stand der Schweiß im Gesicht, Haarsträhnen klebten an seiner Stirn. Unermüdlich zertrümmerte er die Holzblöcke, die Herrmann auf dem Hackklotz positionierte.
„Ja, gut, Meister Weber.“ Ihre Stimme war hauchzart.
Meister Weber war verlegen, weil auch er von der aktuellen Neuigkeit gehört hatte. „Ähm, Fräulein Treuentzien.“
Jetzt blickte sie dem Meister in die Augen.
„Das tut uns sehr leid – was da passiert ist.“
Luisa straffte ihre Haltung. Ihr Herz pochte entsetzlich. Caspars Axt krachte laut. „Mir nicht.“ Mit einem Male war es ganz still bis auf das Schnaufen, das aus Caspars Richtung kam. „Ich wollte ...“ Ja, was wollte sie eigentlich hier?
Caspar lüftete die Kapuze seines Mantels. Von seinem Haar stieg Dampf auf, so erhitzt war er.
Luisa musste unwillkürlich lächeln. „Ich wollte nur sagen, dass alles erledigt ist und dass alles so fortgeführt wird wie geplant.“ Mit kokettem Schwung drehte sie sich auf dem Absatz um. Und als sie durch die Hintertür zurück ins Haus wollte, schaute sie sich noch einmal zu Caspar um. Sein Lächeln. Oh sein Lächeln balsamierte sie, und sein verschwörerisches Zwinkern, bevor er das nächste Stück Holz auf dem Hackklotz zerschmetterte, sah nur sie. Sie allein.
Sie hatte gerade mit Fleck das Haus verlassen, da wurde sie von Caspar an der Hüfte gepackt und in den Schutz mannshoher Holzhaufen gezogen. Sie quiekte auf, weil sie sich erschrocken hatte, und sah sich um, doch sie konnten von niemandem gesehen werden. Fleck sprang vor Freude an Caspar hoch. Dieser drückte den Hund mit dem Fuß weg. Luisa verkrallte ihre Hände in seinem schweißnassen Haar. Er roch so würzig, so männlich, wie sie es noch nie an einem Mann wahrgenommen hatte. Die meisten Männer, mit denen sie verkehrte, waren geschniegelt und alles Männliche war von Duftwässerchen ausgemerzt. Caspars Duft betörte sie, als er sie mit Küssen bedeckte. Sie kicherte, weil sein stoppeliges Kinn kratzte. Er hielt sie ganz fest, ganz fest. In der Ferne des Gartens donnerte die Axt auf den Hackklotz.
„Ihr müsst endlich mit dem Tuch anfangen.“ Luisa keuchte, weil er ihren Hals
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