Die Tudor-Verschwörung: Historischer Roman (German Edition)
mich hereinbrachen, hatten mich verwirrt. Viele Frauen verstanden sich auf Kräuterheilkunde, und außerdem hatte er doch gesagt, dass sie alt war und humpelte. Ich haschte schon nach Schatten. In so einem erbärmlichen Zustand würde ich niemandem eine Hilfe sein.
»Hat die Frau gesagt, wer sie ist?«, fragte ich. Ich konnte nur hoffen, dass mein Gesichtsausdruck nicht verriet, wie sehr mich meine Torheit ärgerte.
»Nein. Sie hat den Hund genommen und ist wieder verschwunden.«
Ich hätte längst aufhören sollen, doch ich konnte mich nicht bremsen. »Und du hast sie nichts gefragt?«
Peregrine starrte mich an. »Wieso denn? Sie wusste, dass der Hund Edward gehörte. Warum hätte sie sonst herkommen sollen? Falls du es noch nicht gemerkt hast, ich tue immer, was man mir sagt. Wer zu viel fragt, kriegt nur Ärger. Und Ärger will ich keinen.«
»Natürlich.« Ich zwang mich zu einem Lächeln. Ich sollte mich mit diesem Gassenjungen gut stellen. Das konnte sicher nichts schaden.
Peregrine sprang von dem Fass herab. »Also, ich muss wieder zur Arbeit. Der Meckermeister kann jeden Moment zurückkommen, und der gerbt mir das Fell, wenn ich die Tiere nicht gefüttert und gesattelt habe. Alle brechen heute nach Greenwich auf. Ich muss sogar den Hund Ihrer Hoheit in eine Transportkiste packen. Sie ist wie Edward, liebt ihre Tiere. Eine hübsche Dame und nett obendrein, nicht so wie manche Leute hier. Sie bezahlt mich sogar.«
Ich konnte es nicht fassen. »Ihre Hoheit, Prinzessin Elizabeth? Sie war hier?«
Peregrine lachte. »In den Stallungen? Du hast gestern wohl wirklich zu viel getrunken, was? Nein, Brendan Prescott aus Worcestershire, ihr Freund, Sekretär Cecil, hat mich gestern Abend bezahlt, damit ich Urian versorge. Ich hoffe, du findest den Weg dahin zurück, wo immer du hingehörst.«
Ich tastete im Stroh nach meiner Kappe. »Warte.« In meiner Börse fischte ich nach der größten Münze, die ich finden konnte, und warf sie Peregrine zu. »Ich fürchte, ich habe mir gestern tatsächlich etwas zu viel genehmigt. Ich hatte Glück, dass ich es bis hierher geschafft habe, aber allein finde ich bestimmt nicht mehr zurück. Und jetzt sollte ich eigentlich längst bei meinem Herrn sein. Kannst du mir den Weg zeigen?«
Er grinste, die Finger fest um die Münze geschlossen. »Nur bis zum Garten. Ich habe zu tun.«
Die Sonne mühte sich, durch dichte Wolken zu dringen. Der Wind biss uns mit spitzen, scharfen Zähnen ins Gesicht, fegte durch die Blumenbeete und füllte die Luft mit wirbelnden Blütenblättern. Während Peregrine mich zu einem von Bäumen gesäumten Weg führte, fragte er unvermittelt: »Ist das da das Wappen des Herzogs auf deinem Ärmel?«
»Ja, ich bin Diener seinen Sohnes, Lord Robert.«
»Oh.« Er deutete auf den Pfad zu dem in der Ferne aufragenden Palastgebäude, dessen Türme, Zinnen und Tore in den Himmel ragten. »Da hindurch und dann nach links. Sobald du den ersten Innenhof erreicht hast, musst du jemand nach dem Weg fragen. Da drinnen war ich noch nie.«
Ich verbeugte mich. »Danke, Master Peregrine. Ich hoffe, wir treffen uns wieder.«
Sein Lächeln ließ sein Gesicht aufleuchten. In dem Moment sah er plötzlich ganz kindlich aus, und mit einem Anflug von Wehmut erinnerte ich mich an meine eigene Kindheit – frühreif und in einer feindseligen Welt um Anerkennung bestrebt. »Falls Lord Robert je einen anderen Pagen braucht«, sagte er, »oder auch bloß jemand zum Aushelfen, dann bin ich euer Mann. Ich kann mehr als Pferde füttern, weißt du.«
»Werd’s mir merken.« Ich schlug den Weg zum Palast ein, windverwehtes, raschelndes Laub zu meinen Füßen.
Als ich über die Schulter blickte, war Peregrine verschwunden. Da sah ich plötzlich aus den Augenwinkeln zwei Gestalten mit gezückten Dolchen zwischen den Bäumen hervorstürzen. Sofort rannte ich los, in die Richtung, aus der ich gekommen war.
Die Männer warfen sich auf mich. Ich wehrte mich aus Leibeskräften und schaffte es noch, einen Tritt in irgendwelche Weichteile zu landen, bevor eine massive Faust gegen mein Kinn krachte und mich zu Boden streckte. Um mich her drehte sich alles, und ich hörte eine kalte Stimme sagen: »Das reicht. Er soll nicht blutig geschlagen werden.«
Die Kerle ließen von mir ab. Einer von ihnen hielt sich wüst fluchend das Gemächt. Trotz der Schmerzen am Unterkiefer brachte ich ein Lachen zustande. »Zu spät«, sagte ich zu dem Mann, der den Überfall beendet hatte. »Ich glaube, der
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