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Die Tudor-Verschwörung: Historischer Roman (German Edition)

Die Tudor-Verschwörung: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Tudor-Verschwörung: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher W. Gortner
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Heirat war absurd. Und doch passte alles perfekt zu dem, was ich mir von den Dudleys erwartete. Was hatte Robert gesagt? Gib ihr den. Sie wird schon verstehen . Hatte sie verstanden? Hatte sie den Ring deshalb abgelehnt? Weil sie wusste, was er bedeuten würde? Oder fürchtete sie sich gar davor, irgendwo in einem geheimen Winkel ihres Herzens? Ich hatte den Ausdruck in ihrem Gesicht gesehen, als sie sagte, auch ihr sei die Sehnsucht nicht fremd. Sie trug eine Tiefe an Leidenschaft in sich, die niemand je ausgelotet hatte. Vielleicht begehrte sie Robert Dudley ebenso sehr wie er sie.
    Ich zwang mich, tief durchzuatmen. Das ging mir alles zu schnell. Ich musste mich darauf besinnen, was ich wusste und was ich gehört hatte. »Aber Ihre Hoheit und der König haben eine ältere Halbschwester, Lady Mary. Sie ist die Thronerbin. Falls Ihre Hoheit Lord Robert heiraten sollte, könnte sie trotzdem nicht Königin werden, es sei denn …«
    Meine Stimme erstarb. Eine Fliege summte über der völlig in Vergessenheit geratenen Früchteplatte auf der Anrichte. Ich wagte es kaum, den unterbrochenen Gedanken zu Ende zu führen.
    »Seht Ihr?«, sagte Cecil ruhig. »Ihr lernt, und zwar schnell. Ja, Lady Mary ist die Nächste in der Thronfolge. Aber sie ist auch eine bekennende Katholikin, die sich jedem Versuch widersetzt hat, sie für einen Konfessionswechsel zu gewinnen. Abgesehen davon wird England sich nie wieder eine Einmischung von Rom gefallen lassen. Ihre Hoheit dagegen wurde im reformierten Glauben erzogen. Außerdem ist sie siebzehn Jahre jünger als Mary und kann mit Sicherheit einen männlichen Erben hervorbringen. Das Volk möchte viel lieber sie auf dem Thron sehen als ihre papistische Schwester. Und genau das kann der Herzog ihr bieten: England. Eine Versuchung, der kaum jemand widerstehen kann.«
    Ich griff nach meinem Kelch und nahm einen tiefen Zug. Die Religion. Der ewige Zankapfel. In ihrem Namen fanden Menschen den Tod. Ich hatte ihre auf Geheiß des Herzogs an den Toren Londons aufgespießten Köpfe gesehen.
    War er fähig, einer Prinzessin das Gleiche anzutun? Denn das war es, was Cecil andeuten wollte. Damit Elizabeth den Thron erben konnte, musste Mary tot sein. Ich konnte mir nicht anmaßen, einen Menschen zu durchschauen, den ich allenfalls ein halbes Dutzend Mal im Leben gesehen hatte und dessen Wertvorstellungen den meinen in nichts entsprachen. War er zu so etwas fähig? Wenn es um sein eigenes Überleben ginge, würde er wohl vor nichts zurückschrecken. Doch irgendetwas störte mich ganz gewaltig bei diesem Gedanken, und ich brauchte mehrere Sekunden, um das Problem zu erkennen. Dann aber nannte ich es ohne Umschweife beim Namen.
    »Ihre Hoheit würde niemals dem Mord an ihrer eigenen Schwester zustimmen.«
    »Nein«, bestätigte Cecil zu meiner Erleichterung. »Sie und Mary haben sich nie sonderlich nahegestanden, aber Ihr habt recht. Sie würde sich nie in ein Komplott zum Verrat hineinziehen lassen, jedenfalls nicht wissentlich. Das ist, wie ich hoffe, der eine verhängnisvolle Fehler im Plan des Herzogs. Er unterschätzt sie – wie schon immer. Sie will auf den Thron, aber erst, wenn die Zeit dafür reif ist.«
    Es ging also um Hochverrat. Die Dudleys intrigierten gegen den König und seine beiden Schwestern. Ich konnte Elizabeths Stimme hören, als flüsterte sie mir ins Ohr.
    Ich würde lieber nicht mit ihnen in Verbindung gebracht werden – so mancher hat schon für weniger den Kopf eingebüßt .
    Sie hatte mich gewarnt. Sie wollte deshalb nicht fort von London und zurück auf ihr Landgut, weil sie die Absichten des Herzogs erkannt hatte und vermeiden wollte, dass ihretwegen Menschenleben aufs Spiel gesetzt wurden. Sie wusste ganz genau, dass sie sich am Hof in die Höhle des Löwen begeben hatte.
    Ich holte den Ring hervor. »Robert wollte, dass ich ihr den gebe. Sie hat ihn nicht akzeptiert. Er weiß es nur noch nicht.«
    Cecil atmete auf. »Gott sei Dank.« Sein Lächeln war ohne Wärme. »Euer Herr hat sich übernommen. Bestimmt hätte sein Vater eine so offensichtliche Geste nicht gutgeheißen. Dies dürfte wohl dazu beigetragen haben, dass Ihre Hoheit sich entschieden hat hierzubleiben. Nun, da sie Roberts Spiel durchschaut, wird sie versuchen, es sich zunutze zu machen, um zu ihrem Bruder zu gelangen.« Er sah mich bedauernd an. »Ich wünschte, Ihr hättet mehr Zeit, Euch die Sache zu überlegen, doch wie Ihr Euch schon denken könnt, ist die Zeit leider dasjenige Gut, das uns fehlt.

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