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Die Tür (Die Damalstür) - Sonderedition (German Edition)

Die Tür (Die Damalstür) - Sonderedition (German Edition)

Titel: Die Tür (Die Damalstür) - Sonderedition (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirincci
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Wintergarten. Eigentlich war es eher ein Tropengewächshaus, in dem er zahllose exotische Pflanzen, vornehmlich Palmen, hegte, die er von seinen vielen Reisen mitgebracht hatte.
    Er gelangte über eine Betontreppe nach oben und öffnete eine Tür aus Panzerglas. Seltsamerweise war sie nicht abgeschlossen, obwohl Wachs sich bei ihrer ersten Begegnung als ein Mann mit chronischem Sicherheitsfimmel ausgegeben hatte. Davon zeugten auch die drei klobigen Schlösser an der Tür, eines davon sogar elektronisch und mit Tastenkombination. Drinnen schlug die von einem Belüftungssystem künstlich erzeugte feuchte Luft Ali wie ein Hieb entgegen, der ihm kurz den Atem nahm. Er konnte sich erinnern, daß er und Ida seinerzeit einige Male hier zu Besuch gewesen waren und sich der Illusion einer Stippvisite im Regenwald hingegeben hatten, während sie von Wachs mit kühlen Drinks versorgt worden waren. Jetzt lag die ganze botanische Pracht im Halbdunkel, und unheimliche Schatten und ein beklemmendes Rascheln trugen dazu bei, daß man sich tatsächlich wie in einem Dschungel wähnte. Strahlenpalmen mit fächerförmigen Blättern von der Größe von Lastwagenreifen, Seychellennußpalmen, deren Früchte weiblichen Hintern glichen, dickbäuchige Flaschenpalmen, hohe Kokospalmen und strubbelige afrikanische Ölpalmen schienen hier um jeden Zentimeter Boden zu kämpfen. Wildwuchernde Far ne und lianenartige Gewächse spo nnen alles Grün ein, bizarre Früchte lugten zwischen knorrigen Ästen hervor. Der von verschlossenen Blüten übersäte Ort ähnelte in dieser Nachtstimmung dem vergessenen Irrgarten eines Maharads chas, dessen Gespenst hinter jeder Pflanze aufzutauchen drohte.
    Unmittelbar vor den Treibhausfenstern standen ein paar Stühle und ein großer Tisch aus Bambus. Während Wachs die Tür schloß, ließ sich Ali auf einen Stuhl sinken und runzelte die Stirn, als er auf dem Tisch einen silberfarbenen Revolver mit schwarzem Holzgriff erblickte.
    »Warum diese Heimlichtuerei?« sagte er. Er gab sich Mühe, die Waffe vor sich nicht anzustarren.
    »Ist deine Frage denn nicht äußerst diskret, Ali?« erwiderte Wachs und beugte sich ein wenig zu ihm hin. Trotz des verschatteten Gesichts konnte Ali darin jede einzelne der abgrundtiefen Altersfurchen erkennen. Anton Wachs war ein Greis, daran gab es keinen Zweifel. Hinter den dicken Brillengläsern schienen keine Augen mehr zu existieren, sondern nur noch kleine schwarze Gucklöcher.
    »Ähm, ja, meine Frage ist diskret und, wie soll ich sagen, auch etwas ungewöhnlich. Und ich möchte, daß du mir eine ehrliche Antwort darauf gibst.«
    Wachs verzog sich hinter die Rückenlehne des Stuhls, so daß er aus seinem Blickfeld verschwand. Ali wurde schleichend von dem Gefühl ergriffen, daß sie nicht allein waren. Er ließ unmerklich seinen Blick über das Pflanzendickicht streifen, doch außer dem trüben Widerschein der Lampions aus seinem eigenen Garten und zu Silhouetten reduzierten Palmwedeln konnte er nichts erkennen.
    »Kann es sein, daß du unter deinem Jackett eine Waffe trägst, Anton?«
    »Ja, ich trage eine Waffe.«
    Seine rauhe Stimme klang sachlich wie bei einer Aussage vor Gericht.
    »Und kann es weiter sein, daß der männliche Teil der Nachbarschaft auf dem Fest ebenfalls bewaffnet ist?«
    »Das stimmt. Die Frauen tragen ihre Pistolen in den Handtaschen. Und die hübsche Smith & Wesson auf dem Tisch ist für dich.«
    Ali sah sich im Geiste in einen Strudel hineinge z ogen werden und versuchte verzweifelt und vergeblich, nach einem rettenden Zweig zu greifen. Panik und Übelkeit zugleich stiegen in ihm auf, und der finstere Palmenwald begann sich um ihn herum zu drehen wie ein dämonisches Karussell. Er wußte, dieses Gespräch war der Anfang von etwas Entsetzlichem.
    »Warum?« fragte er ächzend. Eigentlich hätte er erwähnen müssen, daß ihm dieser delikate Umstand vor zehn Jahren auf der richtigen Einweihungsparty gar nicht aufgefallen sei. Aber das ging natürlich nicht. Außerdem hatte er jetzt die dunkle Ahnung, daß sich derlei Unstimmigkeiten im Lauf der Unterhaltung von selbst erledigen würden.
    »Warum?« wiederholte Wachs philosophisch. Plötzlich schoß sein runzeliges Gesicht aus der Finsternis hervor, stoppte nur ein paar Zentimeter vor Alis vor Anspannung zuckenden Pupillen und starrte sie an. Aus dem halbgeöffneten Mund entwich der milchige Zigarrenrauch und verhüllte die Erscheinung wie Nebel.
    »Schau mich an, Ali, schau mich an! Wie sehe ich

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