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Die Tür (Die Damalstür) - Sonderedition (German Edition)

Die Tür (Die Damalstür) - Sonderedition (German Edition)

Titel: Die Tür (Die Damalstür) - Sonderedition (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirincci
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Wenn Sie sich akut bedroht fühlen, rufen Sie mich umgehend an, egal zu welcher Tageszeit.«
    »Sie scheinen es mit der Wahrheit aber auch nicht immer genau zu nehmen, Herr Kasimir Kreuzer jr.« sagte Ali und lachte hörbar.
    »So?«
    »Hatten Sie bei unserem ersten Telefonat nicht erwähnt, daß Sie ganz verrückt nach einer Signatur vom großen Seichtem wären? Gestern abend jedenfalls haben Sie sich nicht gerade darum gerissen.«
    »Reiner Aberglaube, Herr Seichtem. Ich möchte mir den Lohn erst holen, wenn ich das Wild zur Strecke gebracht habe.«
    »Na, hoffentlich meinen Sie nicht meinen Kopf damit!«
    Nachdem Ali aufgelegt hatte, verschwand das Lachen so abrupt aus seinem Gesicht, als hätte jemand einen Schalter umgelegt. Er bemerkte, daß er während des Gesprächs schweißnasse Hände bekommen hatte und der Hörer ganz feucht geworden war. Sein Puls raste, und er zitterte. Trotzdem drückte er, ohne sich eine Pause zu gönnen, eine Tastenkombination. Nach dreimaligem Tuten wurde abgehoben. Ali mußte erst einmal tief Luft holen, bevor er sagte:
    »Hast du die Finger schon nach einem Käufer ausgestreckt, Gaston?«
    »Ali, bonjour ! Ich dachte, du wärst noch damit beschäftigt, deinen Kater auszukurieren. Ist etwas passiert?«
    »Nein, nichts ist passiert. Ich bin nur in Eile. Was schätzt du, wieviel wir für die zehn Gemälde auf dem Markt bekommen könnten?«
    »Nun, wenn wir es geschickt anstellen und die Filetiermethode, die ich dir gestern abend geschildert habe, anwenden, müßten locker zwei Millionen drin sein. Das dauert aber eine Weile. Ich müßte die Sache richtig inszenieren, Gerüchte in der Presse streuen, künstliche Geheimniskrämerei betreiben, die Erwartungen hochschrauben, du weißt schon. Und vielleicht schon auf der Art Cologne in drei Monaten ...«
    »Nein, nicht in drei Monaten, jetzt, jetzt, verdammt noch mal!«
    »Aber wieso diese unsinnige Hast, mon ami? Und warum so gereizt? Gestern abend hast du doch noch einen völlig entspannten Eindruck gemacht. Ich hatte dich sogar so verstanden, daß ich mir eher Zeit lassen soll mit der Vermarktung. Wenn du in der Klemme bist und Geld brauchst, nenn mir einfach eine Summe. Hast du dich etwa mit dem Haus übernommen?«
    »Ich kann dir jetzt nicht die ganze verzwickte Geschichte erklären, Gaston. Aber mach dir mal keine Sorgen. Wieviel würden wir bei einem Blitzgeschäft und unter der Bedingung, daß die Bezahlung in bar erfolgt, bekommen?«
    »Achthunderttausend. Vielleicht eine Million.«
    Gastons Stimme klang jetzt merklich eisig.
    »Und wie lange würdest du für einen solchen Deal brauchen?«
    »Zwei Wochen.«
    »Gut, dann laß die Bilder heute noch abholen, und mach dich sofort an die Arbeit. Ich möchte das Geld in Tausenderscheinen. Die bringst du dann in einem Koffer zu mir.«
    »Ich verstehe das nicht, Ali. Wir könnten doch das Doppelte aus der Sache herausholen. Weshalb diese Panik? Das paßt mir ganz und gar nicht.«
    »Frag nicht, tu es einfach!«
    Er wollte auflegen, aber während sein Finger noch unterwegs zu der Aus-Taste war, hörte er Gastons Stimme weiter durch die Muschel tönen. Er drückte den Hörer wieder ans Ohr.
    »Ach Ali, ich glaube, ich weiß jetzt, wer dir bei deinen neuen Bildern Modell gestanden hat«, sagte er, und sein Unterton verriet klammheimliche Freude, als sei er ihm bei etwas Schlüpfrigem auf die Spur gekommen. »Du hättest dir die Mühe sparen können, seine Identität zu verschleiern, er ist ja doch unverkenn bar. Es ist diese heruntergekom mene Gestalt, mit der du regelmäßig in den schlimmsten Kneipen versackst, dieser talentfreie Maler, nicht wahr? Wie heißt er noch mal, du hattest ihn mir einmal vorgestellt, war er nicht gestern auch auf der Party? Link! Ja, Hardy Link, stimmt doch, oder? Ich dachte, du malst nur Tote. Andererseits hättest du keine bessere Wahl treffen können.«
    Das zu erfahren, war für Ali viel entsetzlicher, als hätte man ihn in flagranti bei Hardys Ermordung ertappt.

22
     
    A ls Ali den Garten betrat, kniete Ida an der niedrigen Randmauer mit dem zweiarmigen, waagerechten Schnurrbaum über der Blumenrabatte. Sie trug ein zu einem unansehnlichen Fetzen verblichenes altes Kleid und einen Strohhut mit zerfranster Krempe, genau das Richtige für die Gartenarbeit. Er näherte sich ihr unter strahlendem Himmel und sah, daß sie abwechselnd mit der Kombihacke und der Blumenkelle die Erde bearbeitete. Neben ihr stand ein Weidenkorb mit verwelkten Blättern und

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