Die Tür (Die Damalstür) - Sonderedition (German Edition)
ich. Und es ist außerdem ein Rätsel, weshalb sie in dieser einen Straße alle aufeinanderhocken. Aber eine Friedensmission verfolgen sie sicher nicht, das können Sie mir glauben. Meine Theorie ist folgende: Bibo ist in jener Nacht durch die offenstehende Kellertür tatsächlich in Ihren Garten gelangt. Und dort muß er etwas gesehen haben, was diesen Kerlen mißfiel. Anzunehmen, daß er Zeuge eines weiteren Mordes auf einem der Nachbargrundstücke wurde. Man hat ihn getötet, ihn auf die übliche Weise verschwinden lassen und dann die Lampe, die er Ihnen bringen wollte, in Ihrer Mülltonne deponiert. Die Polizei sollte sie dort finden und Sie des Mordes verdächtigen. Nur dumm, daß nicht wir auf die Idee gekommen sind, sondern Ricardo.«
»Wie ist Hardy gestorben?« sagte Ali.
»Selbstmord. Kopfschuß mit einem Revolver, der keine Registriernummer besitzt. Ich wette einen Jahresverdienst, daß er Teil der Weihnachtsbescherung aus dem Osten ist. Vorher hat Herr Link aber Ricardo umgebracht.«
»Wie bitte?«
»Ja, er hat ihm dreimal in die Brust geschossen.«
»Aber Hardy kannte meine Nachbarn doch gar nicht. Er hat sie zum ersten Mal auf der Feier gesehen, und selbst da durch einen trüben Tequilaschleier.«
»Das ist in der Tat ein Punkt, an dem wir nicht weiterkommen. Aber vielleicht hatte er sie doch gekannt. › Manchmal tun verzweifelte Menschen in verzweifelten Situationen verzweifelte Dinge ‹ , hat einmal ein bedeutender Mann gesagt. Hat Hardy Link Schulden gehabt?«
»Jetzt, wo Sie es sagen ...«
»Und war er eher ein labiler Typ?«
»Wer die aufgehende Sonne mit einem Glas Schnaps statt einer Tasse Kaffee begrüßt, ist wohl kaum stabil zu nennen.«
»Dann ergibt es vielleicht doch einen Sinn. Link muß diese Leute schon vorher gekannt haben. Vielleicht hat er für sie bereits einige schmutzige Sachen erledigt. Und als Ricardo in der Gegend aufgetaucht ist und überall zu schnüffeln begann, geriet die Bande in Panik. Sie reaktivierten Link höchstwahrscheinlich deshalb, weil der Sie kannte und sich nicht verdächtig machte, wenn er sich in Ihrer Straße herumtrieb. Er sollte Ricardo aus dem Verkehr ziehen. Er hat sich auf der Party viel Mut dafür antrinken müssen. Nachdem sie ihn nach Hause gebracht haben, muß er zum Fluß gefahren sein.«
»Dafür spricht einiges. Als ich ihn in seiner Bruchbude abgeliefert hatte, machte er wieder einen ziemlich nüchternen Eindruck«, phantasierte Ali für Junior weiter.
»Er traf sich dort unter dem Vorwand eines Geschäftes mit Ricardo. Aber als er den tödlichen Auftrag zu Ende gebracht hatte, erkannte er die Tragweite seiner Tat und wurde von Schuldgefühlen überwältigt. Betrunken, wie er war, ließ er sich zu einer Kurzschlußhandlung verleiten und erschoß sich.«
»Der arme Hardy«, sagte Ali und ließ seine Stimme etwas brüchig klingen, als habe er einen Kloß im Hals. »Er war mein Freund, mein bester Freund. Hätte er mich doch bloß um die Begleichung seiner Schulden gebeten. Dieser gottverdammte Stolz unter Männern! Ihre Theorie hört sich übrigens sehr logisch an, Herr Kreuzer. Wann haben Sie beschlossen, mich aus dem Kreis der Verdächtigen auszuschließen?«
»Als wir erfuhren, daß Sie über einen Makler an das Haus gekommen sind und diesen auch ordnungsgemäß bezahlt haben. Das haben wir anhand des Notarvertrages überprüft. Es gab zwischen Ihnen und den Bewohnern der Straße vorher keinen Kontakt. Sie und Ihre Frau sind durch puren Zufall in diese dubiosen Kreise hineingeraten. Es ist ziemlich unwahrscheinlich, daß die abgebrühten Kerle Ihnen einfach so aus der Patsche helfen, geschweige denn Ihnen eine Waffe in die Hand drücken. Im übrigen ist es so, wie Sie es schon sagten: Weshalb sollten Sie einen Möbelpacker umbringen? Weil Sie ihn im Keller erwischt haben, wie er den Schimmel von der Mauer kratzte?«
»Und was geschieht nun?«
»Ich und meine Kollegen haben noch viel Arbeit vor uns. Jeder Bewohner in dieser Straße wird gründlich unter die Lupe genommen, und jede Information, die wir über ihn bekommen können, genau ausgewertet. Sie müssen einfach stillhalten und den Schein wahren. Ihre Nachbarn dürfen auf keinen Fall erfahren, daß Sie über die Sache Bescheid wissen. Am besten verhalten Sie sich ganz normal und gehen einfach Ihrer Arbeit nach. Und erzählen Sie um Himmels willen Ihrer Frau nichts von unserem Gespräch. Halten Sie die Augen offen, seien Sie vorsichtig, aber lassen Sie sich nichts anmerken.
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