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Die Tuer im Schott

Die Tuer im Schott

Titel: Die Tuer im Schott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Dickson Carr
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tun?«
    »Es geht darum, daß er mir – Sachen erzählt hat. Dinge, die er nicht einmal ihr anvertraut hat. Nun machen Sie doch nicht ein so schockiertes Gesicht!« (Schockiert war Elliots Gesicht nicht; er sah sie nur gespannt an.) »Und Sie sollten auch nicht die Klatschgeschichten glauben, die Sie womöglich gehört haben. Aber zuerst muß ich mit Molly sprechen. Schließlich hat sie an ihn geglaubt. Natürlich war Molly gerade erst sieben Jahre alt, als er von hier fortging. Was sie noch von ihm wußte, waren ja nicht mehr als vage Erinnerungen an den Jungen, der sie mit ins Zigeunerlager genommen hatte, wo sie auf einem Pony reiten lernte und besser mit Steinen werfen als jeder Mann. Nebenbei gesagt, ein Streit um den Farnleigh-Titel und den Landbesitz würde sie nicht groß scheren. Dr.   Sutton war ja kein einfacher Landarzt; er hat fast eine halbe Million hinterlassen, und das ist Mollys Privatvermögen. Und ich hatte oft das Gefühl, daß sie nie wirklich gern Herrin auf Farnleigh Close gewesen ist; eine solche Aufgabe liegt ihr einfach nicht. Sie hat ihn nicht wegen seines Rangs oder seines Vermögens geheiratet, und es wäre ihr gleichgültig gewesen, ob er nun Farnleigh oder Gore hieß oder sonst etwas – und jetzt allemal. Warum hätte er es ihr also sagen sollen?«
    Elliot sah ein wenig benommen aus, wozu er ja auch guten Grund hatte.
    »Einen Augenblick, Miss Dane. Was wollen Sie uns denn nun sagen – daß er der Hochstapler war oder daß er es   nicht   war?«
    »Aber das weiß ich nicht! Ich weiß nicht, ob er es war oder nicht!«
    »Von allen Seiten«, klagte Dr.   Fell, »bricht dieser Mangel an Information über uns herein. Wir werden geradezu überflutet davon. Aber lassen wir es vorerst dabei. Nur in einem Punkt hätte ich meine Neugier noch gern befriedigt. Was hat es mit dieser Puppe auf sich?«
    Madeline zögerte.
    »Ich weiß nicht, ob sie noch da ist«, sagte sie und starrte mit fasziniertem Blick das Fenster an. »Johns Vater hielt sie in einer Dachkammer unter Verschluß, zusammen mit den – Büchern, die er nicht sehen wollte. Die Farnleighs früherer Zeiten waren ja recht üble Gesellen, das wissen Sie vielleicht, und Sir Dudley fürchtete immer, daß bei John die alte Art wieder ausbräche. Obwohl ich nicht fand, daß es an dieser Figur etwas Sinistres oder Gefährliches gab.
    Einmal – nur einmal habe ich sie gesehen. John hatte seinem Vater den Schlüssel gestohlen, und wir stiegen hinauf bis ganz nach oben, mit einer Laterne, die abgedunkelt war bis auf einen schmalen Lichtstrahl. Er erzählte mir, die Tür sei schon seit Generationen nicht mehr geöffnet worden. Es heißt, früher sei die Figur wie lebendig gewesen und so schön wie eine echte Frau; sie saß auf einer gepolsterten Truhe in einem Kleid der Restaurationszeit. Doch als ich die Figur sah, war sie alt und schwarz und runzlig und jagte mir einen großen Schrecken ein. Wahrscheinlich hatte sie seit über hundert Jahren niemand mehr angerührt. Aber was das für eine Geschichte war, derentwegen die Leute sich vor ihr fürchteten, das weiß ich nicht.«
    Es war etwas an ihrem Tonfall, das Page ein wenig beklommen machte, denn er wußte nicht, was er davon halten sollte: Bisher hatte er Madeline noch nie so sprechen hören. Und mit Sicherheit hatte er noch nie von dieser »Puppe« oder »Figur« gehört, was immer sie war.
    »Es muß ein raffinierter Apparat gewesen sein«, fuhr Madeline fort, »aber ich verstehe bis heute nicht, warum sie ihn verteufelt haben. Haben Sie schon einmal von Kempelens oder Maelzels mechanischem Schachspieler gehört? Oder Maskylenes ›Zoe‹ oder ›Psycho‹, dem Whistspieler?«
    Elliot schüttelte den Kopf, auch wenn er aufmerksam zuhörte; und Dr. Fell war so begeistert, daß ihm der Zwicker von der Nase fiel.
    »Sie wollen doch nicht sagen …« hob er an. »Beim Archon von Athen, hätte man so etwas zu hoffen gewagt! Die Automaten, die Sie nennen, gehörten zu den besten in einer Reihe von beinahe lebensgroßen Figuren, die ganz Europa fast zweihundert Jahre lang in Staunen versetzten. Haben Sie nie von dem Cembalo gelesen, das von allein spielte? Ludwig XIV. hat es sich vorführen lassen. Oder von der Figur, die Kempelen baute und Maelzel vorführte, die einst im Besitz von Napoleon war und später beim Brand eines Museums in Philadelphia verlorenging? Jedem, der ihn sah, kam es vor, als sei Maelzels Apparat lebendig. Er spielte Schach mit dem Publikum, und meistens gewann er.

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