Die Tuer zur Zeit
Zeitungspapier gebettete Schlüssel.
Sie waren alt und hatten an manchen Stellen Rost
angesetzt. Ihre kunstvollen Griffe waren verschieden
geformt. Rick nahm einen in die Hand, um ihn genauer
zu betrachten.
»Da ist ein Tier hineingearbeitet«, murmelte er.
Julia hockte sich neben ihn und meinte: »Stimmt. Das
könnte ein Hirsch sein. Nein, ein Reh.«
Tatsächlich ähnelten die Umrisse der Figur denen
eines Rehbocks mit einem kleinen Geweih.
Jason nahm einen der anderen Schlüssel in die Hand.
»Auf dem hier ist ein Kaninchen oder ein Hase.« Er hielt
ihn hoch und Rick stimmte ihm zu.
Julia wählte den Schlüssel mit dem Esel und musste sich
natürlich von ihrem Bruder anhören, dass zwischen ihr und
der kleinen Tierfigur eine gewisse Ähnlichkeit bestand.
»Denk daran, dass wir Zwillinge sind«, erwiderte sie
kühl.
Auf dem Griff des letzten Schlüssels prangte ein rundliches Tier mit kleinen Ohren und spitz zulaufendem
Kopf: ein Dachs.
»Reh, Kaninchen, Esel und Dachs ...«, überlegte Rick
laut. »Welche Beziehung besteht zwischen diesen Tieren?«
»Eines ist ein Fleischfresser, glaube ich, und die anderen drei sind Pflanzenfresser«, sagte Julia.
»Die Beziehung ist schnell hergestellt«, sagte Jason.
»In der Villa Argo gibt es eine Tür mit vier Schlössern.
Und wir haben hier vier Schlüssel. Da liegt die Antwort
nahe.«
»Ist in der Schachtel denn sonst nichts mehr?«
»Nichts.« Jason drehte die alte Pralinenschachtel um
und ehe er sich's versah fiel zusammen mit den Zeitungspapierstücken ein Pergament heraus, das Rick in der Luft
auffing.
»Bingo!«, sagte er. Darauf waren die gleichen Zeichen
zu erkennen wie auf dem Pergamentstreifen aus den Klippen.
»Glaubt ihr mir jetzt?« Jason sah sich die Zeichen an,
die ihm inzwischen schon vertraut erschienen. »Der ehemalige Besitzer von Villa Argo hatte ein Geheimnis. Da
bin ich mir jetzt sicher.« Er trommelte mit den Fingern
auf die Schachtel. »Und wir, wir werden dieses Geheimnis lösen!«
Über dem Meer war der Himmel von Wolken verdunkelt. Es sah ganz so aus, als würde es wieder ein Gewitter
geben. Schnell packten Julia, Jason und Rick ihre Sachen
zusammen und sahen zu, dass sie zurück zur Villa Argo
kamen.
Sie radelten, so schnell sie konnten. Als die erste
Kurve kam, hatten Rick und Julia vor Jason schon
ungefähr hundert Meter Vorsprung. Mit Ricks
modernem Fahrrad überwand Julia die Steigung beinahe
mühelos und Rick war so gut trainiert, dass er mit dem
alten Rad prima vorankam. Jason dagegen machte das
Gewicht des schweren Rahmens sehr zu schaffen und
bald musste er absteigen.
»Fahrt weiter!«, rief er. Er hatte sich damit abgefunden, schieben zu müssen.
»Los, du Weichei!«, schrie Julia. Rick trat inzwischen
im Stehen, um die Geschwindigkeit halten zu können.
»Ist es sehr schlimm?«, fragte sie ihn.
Rick hatte vor Anstrengung einen roten Kopf bekommen. Keuchend antwortete er: »Nein, geht schon.«
»Mein Bruder ist schuld, wenn wir noch eine kalte
Dusche abbekommen.«
»Fahr ... fahr du doch schon mal hoch«, keuchte Rick.
»Ich warte auf Jason.«
Julia nickte. Sie nahm die Schlüssel und das zweite Pergament an sich und sprintete los. Nach wenigen Minuten
konnten die anderen beiden sie nicht mehr sehen.
Sobald sie verschwunden war, ließ Rick sich erschöpft
zu Boden fallen. Er hatte das Gefühl, einen Elefanten hinter sich hergezogen zu haben. Er wartete, bis Jason ihn
eingeholt hatte, dann schob er neben ihm sein Rad den
Hang hinauf.
»Mir platzt gleich die Lunge«, japste Jason.
Rick war es ziemlich peinlich, dass er schieben musste. »Mein Vater hat einmal vor einigen ...«, fing er an zu
erzählen, doch Jason machte ihm ein Zeichen, still zu
sein.
»Sag jetzt lieber nichts. Die Anstrengung könnte dich
umbringen.«
Rick wurde auf einmal bewusst, dass sie heute beide
dem Tod knapp entronnen waren: er, als das Auto der seltsamen, parfümierten Frau ihn beinahe überfahren hatte
und Jason, als er auf den Felsstufen ausgerutscht war.
Schweigend schoben sie weiter.
»Das Schlimmste haben wir jetzt hinter uns«, bemerkte
Jason nach einer Weile. Und natürlich fing es genau in diesem Moment an zu regnen. »Sind die Samstage in Cornwall alle so?«
Rick wollte etwas antworten, brachte aber nur ein heiseres Krächzen heraus und fing schnaufend an zu lachen.
»Was ist daran so lustig?«, fragte Jason, doch dann
musste auch er losprusten.
Rick schüttelte den
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