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Die Tuer zur Zeit

Die Tuer zur Zeit

Titel: Die Tuer zur Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierdomenico Baccalario
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schlafende Lebewesen aus. Regen und Wind hatten an Stärke
zugenommen und peitschten stark auf das Haus ein. Das
Türmchen ächzte und knarrte und auf der Treppe zog es
heftig.
    Jason hatte die vier Schlüssel mitgenommen und spürte
ihr Gewicht in seiner Hosentasche. Gedankenverloren griff er nach ihnen und nahm sie in die Hand. Im steinernen Zimmer tastete er nach dem Lichtschalter, doch
noch bevor er ihn fand, zerriss ein Blitz die Nacht und
tauchte den Raum in gleißendes Licht.

    Jason sah zum Fenster hinüber. Und blickte in ein
Gesicht, aus dem ihm zwei funkelnde Augen entgegenstarrten.
    Er schrie auf.



Auf Jasons Schrei hin schaltete Rick das Licht ein.
Julias Bruder lag zusammengekrümmt am Boden, als wäre er geschlagen worden. Die Schlüssel waren ihm aus der Tasche gefallen.
    »Er ist hier! Er ist hier!«, kreischte Jason und zeigte
schluchzend zum Fenster.
    »Wer? Wer ist hier? Wo?«, fragte Julia und versuchte
ihren Bruder zu beruhigen.
    Aber auch sie fühlte sich wie elektrisiert und alles, was
sie rings um sich sah, jagte ihr Angst ein.
    »Jason, was hast du gesehen?«, fragte Rick.
    Das Licht der Lampe über ihren Köpfen wurde immer
schwächer.
    »Der Blitz ... der Blitz«, stammelte Jason. »Da ... da
war ein Mann am Fenster. Ich habe ihn gesehen! Er hatte
einen Mantel ... einen langen schwarzen Mantel ... und ...
er schaute hier rein!«
    Mit weit aufgerissenen Augen wirkte Jason so verängstigt, dass Julia gar nicht anders konnte, als ihm zu glauben. »Ein Mann?«
    »Ja«, flüsterte Jason, »ein Mann.«
    »Ist alles abgeschlossen?«, fragte Rick.
    Julia machte auf dem Absatz kehrt, um sämtliche
Eingänge zu kontrollieren und schaltete auf ihrem Weg
durchs Erdgeschoss alle Lichter ein.
    Zum Glück waren alle Türen abgesperrt.
    Sie kehrte ins steinerne Zimmer zurück. Inzwischen
hatte sich Jason etwas beruhigt. »Es war der Geist des ehemaligen Besitzers ...«, sagte er. »Rick, du musst mir
glauben. Er sah furchtbar aus, mit einer Narbe, die sich
quer über sein Gesicht zog.«

    »Es ist alles abgeschlossen«, verkündete Julia. »Niemand kann rein. Und wenn draußen jemand ist, dann
muss er erst einmal mit Nestor fertig werden.« Sie setzte
sich auf den Fußboden und legte die Schlüssel vor sich
hin: Reh, Esel, Kaninchen und Dachs.
    »Und oben?«, fragte Jason mit schwacher Stimme.
    »Was ist mit oben?«
    Das Licht flackerte wieder auf, dann ging es ganz aus.
    »Oh nein!«, raunte Julia.
    »Es geht gleich wieder an«, beruhigte Rick sie.
    »Hört ihr das?«, flüsterte Jason.
    Julia spürte auf einmal einen eisigen Luftzug und
tastete sich im Dunkeln vorwärts, bis sie Ricks Arm und
den ihres Bruders zu fassen bekam. »Was ... meinst du?«,
stammelte sie.
    Er schwieg.
    Doch jetzt hörte sie es auch.
    Es war der Wind.
    Und der Regen.
    Und das nächtliche Gewitter.
    Es war das Fenster im Türmchen, das in einem gleichbleibenden Rhythmus gegen den Rahmen schlug.
    Das Geräusch hörte sich wirklich wie Schritte an.
    Julia biss sich auf die Lippe. Sie wollte auf gar keinen Fall weinen, aber sie hatte Angst, furchtbare Angst, und sie bedauerte, dass ihre Eltern jetzt nicht bei ihnen
waren.

    Plötzlich leuchtete Ricks Gesicht in der Dunkelheit
auf.
    »Feuerzeug«, sagte er. »Mein Vater war der Meinung,
man sollte stets eines bei sich haben.« Behutsam löste er
sich aus Julias Griff. »Ich gehe rauf und mache das Fenster zu.«
    »Nein!«, schrie Julia.
    »Warum denn nicht?«
    »Bleib ... bleib hier«, stotterte sie. »Wir rühren uns alle
nicht von der Stelle, bis das Licht wieder geht.«
    »Wisst ihr vielleicht, ob irgendwo im Haus Kerzen
sind? Oder Taschenlampen?«, erkundigte sich Rick. Er
löschte die Flamme seines Feuerzeugs.
    »Was ist los?«, fragte Jason beunruhigt.
    »Ich habe mir beinahe die Finger verbrannt«, erklärte
Rick.
    Dann ließ er die Flamme wieder aufleuchten.
    »Ich glaube, in der Küche sind Kerzen. Irgendwo habe
ich welche liegen sehen«, sagte Julia.
    »Okay, dann gehe ich mal ...«
    »Nein!«, schrie sie wieder und packte Rick am Arm.
    Sie einigten sich darauf, gemeinsam die Kerzen zu holen.
    Rick ging voraus und machte in kurzen Abständen das Feuerzeug an, sodass sie sich außerhalb des steinernen Zimmers und in den Wohnzimmern zurechtfinden konnten.

    Als sie die Küche erreicht hatten, gingen die Lampen
wieder an. Da sie aber Angst davor hatten, dass das Licht
erneut den Geist aufgeben würde, nahmen sie drei Kerzen, stiegen

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