Die Türme der Mitternacht
Galad. »Ihr würdet uns zurücklassen?«
»Ja. Das werde ich, falls Ihr diesen Eid nicht leistet. Obwohl Rand möglicherweise für Euch zurückkommt. Bei mir wisst Ihr, wo Ihr dran seid. Ich werde Euch gerecht behandeln. Ich bitte Euch nur darum, dass sich Eure Männer benehmen und dann dort kämpfen, wo man ihnen sagt, wenn es so weit ist. Rand … nun, zu mir könnt Ihr Nein sagen. Bei ihm wird Euch das weitaus schwerer fallen. Und ich bezweifle, dass Euch das Ergebnis nur halb so gut gefällt, sobald Ihr am Ende Ja gesagt haben werdet.«
Galad runzelte die Stirn. »Ihr seid ein seltsam überzeugender Mann, Perrin Aybara.«
»Sind wir uns einig?« Perrin streckte die Hand aus.
Galad ergriff sie. Ihn hatte nicht die Drohung überzeugt; es war die Erinnerung an Perrins Stimme gewesen, als er den verwundeten Jerum gefunden hatte. Das Mitgefühl. Das konnte kein Schattenfreund vortäuschen.
»Ihr bekommt meinen Eid«, sagte Galad. »Euch bis zum Ende der Letzten Schlacht als meinen militärischen Kommandanten zu akzeptieren.« Plötzlich fühlte er sich schwächer als zuvor, und er atmete aus und setzte sich auf einen Stein.
»Und Ihr erhaltet meinen Eid«, erwiderte Perrin. »Ich sorge dafür, dass man sich genauso um Eure Männer kümmert wie um meine. Setzt Euch und ruht Euch einen Moment aus; ich suche die Stelle da hinten ab. Die Schwäche wird bald vorbei sein.«
»Schwäche?«
Perrin nickte. »Ich weiß, wie es ist, sich in die Bedürfnisse eines Ta’veren zu verstricken. Beim Licht, das tue ich.« Er musterte Galad. »Habt Ihr Euch je gefragt, warum wir hier gelandet sind, am selben Ort?«
»Meine Männer und ich nahmen an, das Licht hätte Euch zu uns geführt«, sagte Galad. »Damit wir Euch bestrafen konnten.«
Perrin schüttelte den Kopf. »Das ist es nicht. Die Wahrheit ist, dass ich Euch anscheinend brauchte, Galad. Und darum seid Ihr hier.« Und mit diesen Worten ging er los.
Alliandre rollte den Verband sorgfältig zusammen and gab ihn dann einem wartenden Gai’schain. Seine dicken Finger waren voller Schwielen, die Kapuze seines Gewands verbarg sein Gesicht. Möglicherweise war es Niagen der Bruderlose, für den sich Lacile interessierte. Das ärgerte Faile noch immer, was Alliandre nicht verstehen konnte. Ein Aielmann passte vermutlich gut zu Lacile.
Alliandre nahm den nächsten Verband und wickelte ihn auf. Zusammen mit anderen Frauen saß sie auf einer schmalen Lichtung in der Nähe des Schlachtfelds, umgeben von ein paar erbärmlichen Zwerglorbeerbäumen. Abgesehen vom Stöhnen der Verwundeten in der Nähe war es in der kühlen Luft still.
Sie zerschnitt ein weiteres Tuch im Morgenlicht. Das war einmal ein Hemd gewesen. Jetzt war es Verbandsmaterial. Kein großer Verlust; allem Anschein nach war es kein besonders schönes Hemd gewesen.
»Die Schlacht ist vorbei?«, fragte Berelain leise. Sie und Faile arbeiteten in der Nähe, saßen einander gegenüber auf Hockern, während sie Stoff entzweischnitten.
»Ja, so sieht es zumindest aus«, erwiderte Faile.
Beide verstummten. Alliandre runzelte die Stirn, sagte aber nichts. Irgendetwas ging zwischen den beiden vor. Warum taten sie plötzlich so, als wären sie die besten Freundinnen? Damit schienen sie viele der Männer im Lager zu täuschen, aber die Art und Weise, wie sich ihre Lippen spannten, wenn sie sich ansahen, verriet Alliandre die Wahrheit. Es war weniger ausgeprägt, seit Faile Berelain das Leben gerettet hatte, aber es hatte sich nicht völlig in Luft aufgelöst.
»Ihr hattet recht mit ihm«, sagte Berelain.
»Ihr klingt überrascht.«
»Ich irre mich nicht oft, wenn es um Männer geht.«
»Mein Gemahl ist nicht wie andere Männer. Es…« Faile unterbrach sich. Mit zusammengekniffenen Augen schaute sie zu Alliandre herüber.
Verdammte Asche, dachte Alliandre. Sie saß zu weit weg, weswegen sie angestrengt lauschte. Das war verdächtig.
Die beiden verstummten wieder, und Alliandre hob die Hand, als wollte sie ihre Nägel mustern. Ja, dachte sie. Ignoriert mich. Ich bin ja bloß eine Frau, die mit allem schrecklich überfordert ist und sich anstrengen muss, um mitzuhalten. Natürlich waren Faile und Berelain nicht dieser Ansicht, genauso wenig wie die Männer von den Zwei Flüssen je an Perrins Untreue geglaubt hatten. Hätte man sich zu ihnen gesetzt und sie danach gefragt, sie dazu gebracht, ernsthaft darüber nachzudenken, wären sie zu dem Schluss gekommen, dass etwas anderes passiert sein musste.
Aber Dinge
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