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Die Türme der Mitternacht

Die Türme der Mitternacht

Titel: Die Türme der Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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war schweißbedeckt, überall im Gesicht klebte Schmutz. Aber ihre schwarzen Mäntel waren sauber, vor allem die Ärmel. Man konnte den Respekt eines Mannes für seine Uniform daran ablesen, ob er sich an Tagen wie diesen die Stirn mit dem Ärmel abwischte oder nicht. Die Jungs aus den Zwei Flüssen benutzten Taschentücher.
    Die älteren Asha’man schwitzten natürlich selten. Die jungen Burschen hier würden noch viel üben müssen, bevor ihnen das gelang, während sie sich so stark konzentrierten.
    »Gut gemacht«, sagte Androl, richtete sich auf und musterte sie. Er legte Jaim die Hand auf die Schulter. »Ihr Jungs leistet gute Arbeit. Die Zwei Flüsse bringen anständige Männer hervor.«
    Die Jungs strahlten. Es war gut, sie hier zu haben, vor allem wenn man sie mit der Qualität der Männer verglich, die Taim in letzter Zeit rekrutiert hatte. Die Späher des M’Hael behaupteten, jeden zu nehmen, den sie finden konnten, aber warum kamen sie hauptsächlich mit Leuten zurück, die ein so wütendes, unausgeglichenes Gemüt aufwiesen?
    »Meister Genhaid?«, fragte einer der Soldaten.
    »Ja, Trost?«
    »Habt Ihr … habt Ihr etwas von Meister Logain gehört?«
    Die anderen sahen hoffnungsvoll aus.
    Androl schüttelte den Kopf. »Er ist noch nicht von seiner Aufklärungsmission zurückgekehrt. Ich bin sicher, er ist bald zurück.«
    Die Jungs nickten, obwohl ihm nicht entging, dass sie anfingen, sich Sorgen zu machen. Dazu hatten sie auch allen Grund. Androl sorgte sich schon seit Wochen. Seit Logain mitten in der Nacht aufgebrochen war. Warum hatte er Donalo, Mezar und Welyn - drei der mächtigsten ihm ergebenen Geweihten - mitgenommen?
    Und jetzt kampierten diese Aes Sedai dort draußen, die angeblich der Drache geschickt hatte, damit sie mit Asha’man den Behüterbund eingingen. Taim hatte das mit seinem schmalen Lächeln kommentiert, das nie die Augen erreichte, und ihnen gesagt, dass die Gruppe aus der Weißen Burg die erste Wahl hatte, da sie zuerst gekommen waren. Die anderen warteten ungeduldig.
    »Der M’Hael«, sagte einer der Männer aus den Zwei Flüssen finster, »er…«
    »Behaltet einen klaren Kopf«, unterbrach Androl ihn, »und schlagt keine Wellen. Noch nicht. Wir warten auf Logain.«
    Die Männer seufzten, nickte dann aber. Durch die Unterhaltung abgelenkt, hätte Androl beinahe nicht bemerkt, dass Schatten auf ihn zukrochen. Die Schatten von Männern, die im Sonnenlicht länger wurden. Schatten im Graben. Schatten von Steinen und Rissen in der Erde. Langsam und hinterhältig wandten sie sich Androl zu. Androl stählte sich, konnte die aufsteigende Panik aber nicht vertreiben. Diesen einzigen Schrecken, den er trotz des Nichts verspürte.
    Sie kamen immer dann, wenn er zu lange an Saidin festhielt. Er ließ sofort los, und die Schatten krochen zögernd dorthin zurück, wo sie hingehörten.
    Die Jungs von den Zwei Flüssen beobachteten ihn, und ihnen war deutlich ihr Unbehagen anzusehen. Konnten sie den wilden Blick in Androls Augen sehen? Niemand sprach von den … Unregelmäßigkeiten, die die Männer der Schwarzen Burg befielen. Das gehörte sich einfach nicht. So wie man auch keine schmutzigen Familiengeheimnisse weiterflüsterte.
    Der Makel war beseitigt worden. Diese Jungs würden niemals die Dinge fühlen müssen, die er fühlte. Irgendwann würden er und die anderen, die sich vor der Reinigung der Burg angeschlossen hatten, zu einer Seltenheit werden. Beim Licht, er konnte wirklich nicht verstehen, warum jemand auf ihn hören sollte. Schwach in der Macht und obendrein wahnsinnig?
    Und das Schlimmste daran war, dass er tief in seinem Inneren genau wusste, dass diese Schatten real waren. Sie waren kein Wahnsinn, den sein Verstand hervorrief. Sie waren real, und sie würden ihn vernichten, falls sie ihn jemals erreichten. Sie waren real. Sie mussten es sein.
    Ach beim Licht, dachte er und biss die Zähne zusammen. Jede Möglichkeit ist furchteinflößend. Entweder bin ich verrückt, oder die Dunkelheit selbst will mich vernichten.
    Darum konnte er nachts nicht länger schlafen, ohne Angst zu haben. Manchmal konnte er die Quelle stundenlang umarmen, ohne die Schatten zu sehen. Manchmal nur Minuten. Er holte tief Luft.
    »Also gut«, sagte er und war zufrieden, dass zumindest seine Stimme kontrolliert klang, »macht euch wieder an die Arbeit. Aber achtet darauf, dass diese Neigung in die richtige Richtung verläuft. Sonst haben wir eine Menge Arbeit, falls das Wasser über das Ufer steigt

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