Die Türme der Mitternacht
gut«, sagte Mat. »Lässt nur selten jemanden herein, den ich nicht sehen will.«
»Ihr seid ein interessantes Geschöpf, Matrim Cauthon«, sagte Setalle und setzte sich auf den größeren Stumpf. Ihr Kleid war nach der Mode in Ebou Dar geschnitten, die eine Rockseite war oben festgemacht, um Unterröcke zu enthüllen, die bunt genug waren, um einem Kesselflicker Furcht einzujagen.
»Wollt Ihr etwas Bestimmtes?«, erkundigte sich Mat. »Oder seid Ihr bloß vorbeigekommen, um Euch auf den Kopf meines Sekretärs zu setzen?«
»Wie ich hörte, habt Ihr heute wieder den Palast besucht. Stimmt es, dass Ihr die Königin persönlich kennt?«
Mat zuckte mit den Schultern. »Elayne ist ein nettes Mädchen. Hübsch, das auf jeden Fall.«
»Ihr könnt mich nicht mehr schockieren, Matrim Cauthon«, bemerkte Setalle. »Mir ist klar geworden, dass viele der Dinge, die Ihr sagt, das oft bezwecken sollen.«
Tatsächlich? »Ich sage, was ich denke, Frau Anan. Warum spielt es für Euch eine Rolle, ob ich die Königin kenne?«
»Bloß ein weiteres Stück des Puzzles, das Ihr darstellt«, sagte Setalle. »Heute bekam ich einen Brief von Joline.«
»Was wollte sie von Euch?«
»Sie wollte nichts. Sie wollte bloß mitteilen, dass sie sicher in Tar Valon angekommen sind.«
»Dann müsst Ihr ihn falsch gelesen haben.«
Setalle sah ihn unwirsch an. »Joline Sedai respektiert Euch, Meister Cauthon. Sie sprach oft voller Wertschätzung von Euch und der Weise, wie Ihr nicht nur sie, sondern auch die anderen beiden gerettet habt. Sie hat sich in dem Brief nach Euch erkundigt.«
Mat blinzelte. »Wirklich? Sie hat solche Dinge über mich gesagt?«
Setalle nickte.
»Da soll man mich doch zu Asche verbrennen«, meinte er. »Das macht mir ja fast ein schlechtes Gewissen, dass ich ihren Mund blau gefärbt habe. Aber wenn man bedenkt, wie sie mich behandelt hat, wäre man nie darauf gekommen, dass sie auf diese Weise empfindet.«
»So etwas einem Mann zu sagen bestärkt ihn nur in seiner Voreingenommenheit. Man sollte eigentlich annehmen, dass die Weise, wie sie Euch behandelt hat, dazu gereicht hätte.«
»Sie ist eine Aes Sedai«, murmelte Mat. »Sie behandelt jeden, als wäre er Dreck, den sie sich von den Stiefeln kratzen muss.«
Setalle starrte ihn böse an. Sie hatte eine imposante Art an sich, zu gleichen Teilen Großmutter, Hofdame und kompromisslose Wirtin.
»Es tut mir leid«, sagte er. »Manche Aes Sedai sind nicht so schlimm wie andere. Ich wollte Euch nicht beleidigen.«
»Ich nehme das mal als Kompliment«, sagte Setalle. »Auch wenn ich keine Aes Sedai bin.«
Mat zuckte mit den Schultern und entdeckte einen hübschen kleinen Stein zu seinen Füßen. Damit ersetzte er seinen Stiefel auf dem Papierstapel. Der Regen der vergangenen Tage war vorbei und hatte die Luft mit einer kühlen Frische versehen. »Ich weiß, Ihr sagtet, es tat nicht weh«, sagte Mat. »Aber … wie fühlt es sich an? Das, was Ihr verloren habt?«
Sie schürzte die Lippen. »Was ist für Euch die köstlichste Speise, Meister Cauthon? Das, wofür Ihr alles andere stehen lassen würdet?«
»Mutters Süßkuchen«, sagte Mat, ohne nachdenken zu müssen.
»Nun, so ist das«, sagte Setalle. »Das Wissen, dass Ihr diesen Kuchen jeden Tag genießen konntet, er Euch jetzt aber verwehrt bleibt. Eure Freunde können so viele Kuchen essen, wie sie Lust haben. Ihr beneidet sie, und es tut Euch weh, aber zugleich seid Ihr auch froh. Wenigstens kann jemand das genießen, was Ihr nicht mehr könnt.«
Mat nickte langsam.
»Warum hasst Ihr die Aes Sedai eigentlich so, Meister Cauthon?«, fragte Setalle.
»Ich hasse sie nicht«, antwortete Mat. »Soll man mich zu Asche verbrennen, aber das tue ich wirklich nicht. Aber manchmal kann ein Mann anscheinend keine zwei Dinge tun, ohne dass Frauen von ihm verlangen, eines davon auf eine anclere Weise zu erledigen und das andere komplett zu ignorieren. «
»Keiner zwingt Euch, ihren Rat zu befolgen, und ich wage zu behaupten, dass Ihr oft zugeben müsst, dass es ein guter Rat ist.«
Mat zuckte mit den Schultern. »Manchmal tut ein Mann einfach gern das, was er tun will, ohne dass ihm jemand sagt, was daran falsch ist und was mit ihm nicht stimmt. Das ist alles.«
»Und es hat nichts mit Eurer seltsamen … Meinung über Adlige zu tun? Schließlich benehmen sich die meisten Aes Sedai, als wären sie Adlige.«
»Ich habe nichts gegen Adlige«, sagte Mat und zog seinen Mantel zurecht. »Ich betrachte mich nur nicht
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