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Die Türme von Toron

Die Türme von Toron

Titel: Die Türme von Toron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samuel R. Delany
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Eindruck von Nebel ein wenig genommen, und entlang der Barackenreihe sah er weitere Feuer in verwischtem Orange.
    »Der Späher«, endete der Erzähler von seinem Sitz auf einer leeren Maschinenkiste, »ist wirklich ein guter Kamerad.« Er blickte zu Tel hinab. »Also leg dich nicht allzusehr mit ihm an. Er ist natürlich ein bißchen komisch, aber …« Der Soldat zuckte die Schultern.
    Ein Schatten fiel plötzlich über das Feuer. Dann huschten die Flammen über eine hohe Gestalt, einen offenen Kragen, scharfe Backenknochen und gelbe Augen. Quorls Blick flog über sie, dann schritt er wortlos in die Baracke. Shrimp, der an der Tür stand, rückte zur Seite. Einen Augenblick später hörte man eine Pritsche quietschen.
    »Das ist er«, sagte der Erzähler.
    »Hat er den Feind wirklich ganz aus der Nähe gesehen?« wollte jemand wissen.
    Der Soldat auf der Kiste bedeutete ihm, leiser zu sprechen und erwiderte flüsternd. »Wenn überhaupt jemand, dann ganz gewiß er.«
    Er gähnte. »Ich gehe jetzt schlafen. Es fällt mir hier nicht leichter aufzustehen als in Toromon.«
    Tel blieb und sah den Männern von anderen Baracken nach, die ebenfalls dem Erzähler auf der Kiste zugehört hatten und sich nun zurückzogen. »Jeden Augenblick werden uns ohnehin die Offiziere in die Baracke jagen«, wandte Illu sich an Tel.
    »Du hast recht.« Tel stand auf und streckte sich. Er wollte gerade durch die Tür gehen, als er einen merkwürdigen Laut hörte, etwas wie ein melodiöses Tschilpen und Piepsen. Er kam von hinter der Baracke.
    Tel rannte um die Ecke und hielt abrupt an. Etwas rührte sich im Schlamm. Hastig, aber leise lief Tel zurück und packte den Nächstbesten an der Schulter. »He«, flüsterte er. »Da ist was hinter der Baracke! Man kann es hören!«
    »Vermutlich ein feindlicher Spion.« Plötzlich erschallte lautes Gelächter, und die Schulter unter Tels Hand zuckte. »Kein Grund zur Aufregung, Kamerad. Es ist nur einer der Flip-Flops, die uns hin und wieder besuchen.« Jetzt erkannte Tel die Stimme. Sie gehörte zu dem Soldaten, der die Pritsche neben seiner hatte.
    »Flip-Flops? Was ist das?«
    »Wer weiß. Tiere, glaube ich. Aber genausogut könnte es sich um Pflanzen handeln. Sie stören den Feind nicht und uns auch nicht.«
    »Oh! Bist du sicher?«
    »Ganz sicher.«
    Ein unregelmäßiges Flattern war zu hören, danach die tschilpende Melodie.
    Tel ging in die Baracke und setzte sich auf eine Pritsche. Die Matratze gab quietschend unter seinem Gewicht nach. Auch hier fühlte die Luft sich klamm an. Er hatte sich schon fast an den leicht modrigen Geruch gewöhnt, aber wenn er tief Atem holte, reizte er ihn in der Kehle. Jetzt streckte er sich aus und zog die Decke hoch. Er preßte den Kopf auf seinen Unterarm, schloß die Augen und lauschte. Er konnte immer noch den flatternden Laut im Schlamm hören. Er erinnerte ihn an Segel, die gegen den Mast schlagen, an die Wäsche, die seine Mutter aufhängte, wenn der Wind blies, und an den Gürtel seines Vaters, mit dem er ausholte, um ihn zu versohlen.
    Flop-Flip, Flup-Flap, Flap-Flep. Tel öffnete die Augen. Der Dunst zwischen ihm und der Decke der Baracke war bläulich. Er lag auf dem Rücken. Es mußte noch ganz früh am Morgen sein. Flep-Flap. Das Geräusch war dicht an der Tür.
    Tel setzte sich auf, plagte sich damit, die Füße in die Stiefel zu bekommen (das Leder war feucht) und stand in der Unterwäsche auf. Der Nebel war nicht mehr ganz so dicht, und die Schatten auf den Pritschen lagen still. Er ging zur Tür und blinzelte in das Blau des Morgens. Flip-Flup. Das Feuer des vergangenen Abends war erloschen. Seine Asche und ein paar nur halb verbrannte Bretter lagen wenige Schritte entfernt. Eine neurotische Wachtel spazierte auf ihnen herum. Oder war es vielleicht ein lebendiger Staubwedel? Was immer es auch war, es untersuchte neugierig auf drei mit Schwimmhäuten versehenen Füßen die Überreste des Feuers. Es stocherte in der Holzkohle herum, dann umkreiste es sie dreimal, ehe es sich niederbeugte, sie aufhob und – verschlang!
    Zuerst glaubte Tel, er sähe einen Kopf oder einen Schwanz, aber nein, der ganze Körper war ein Federball. Obwohl jetzt keine Flügel sichtbar waren, hörte sein Geräusch sich wie Flattern an, als es um ein weiteres Stück Holzkohle herumhüpfte. Dann plötzlich stieß es ein melodisches Zirpen aus, das fast wie Kichern klang. Tel beugte sich an der Tür ein wenig hinab, um das Tier besser zu sehen.
    Vielleicht bemerkte es

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