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Die Türme von Toron

Die Türme von Toron

Titel: Die Türme von Toron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samuel R. Delany
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aus. Sie drängten hinaus auf die Lichtung. Jemand zog sein Hemd aus, knüpfte ein paar Knoten und warf es in die Luft. Ein anderer ließ sich hysterisch kichernd auf den Boden fallen. Manche rannten einfach ziellos herum, viele lachten, manche weinten. Tel sah Lug aus der Baracke kommen.
    »Was ist los?« fragte der Neandertaler. »He? Was ist denn?«
    »Was meinst du, was ist?« fragte Tel zurück.
    Lug trat weiter heraus und rieb sich die Augen. »Warum brüllen alle so herum?«
    »Wo warst du denn?« Tel blickte ihn kopfschüttelnd an. »Bist du denn nicht zur Bekanntmachung gegangen?«
    »Ich …« Lug rieb weiter die Augen und blickte verlegen drein – zumindest ließ die Art wie er seine Schultern hängen ließ, darauf schließen. »Ich habe geschlafen.«
    »Waffenstillstand«, erklärte Tel und die Aufregung erfaßte ihn erneut.
    »Hah?« Lug ließ die Fäuste von den Augen fallen. Er schüttelte den Kopf. »Hah?«
    »Lug, sie unterzeichnen den Waffenstillstand oder vielleicht den Friedensvertrag! Der Krieg ist aus!« Er schlug dem Neandertaler begeistert auf die Schulter. »Wie bringst du es nur fertig, so etwas zu verschlafen?«
    »Ich war müde«, brummte Lug. Er blickte zu Tel hoch und zog die buschigen Brauen dicht zusammen. »Der Krieg ist vorbei?«
    Tel nickte heftig. »Vorbei, zu Ende, aus. Hörst du denn nicht, wie alle begeistert schreien und herumhüpfen?«
    Lug blickte auf ein paar Soldaten, die einen Freudentanz aufführten. »Das bedeutet, daß wir nach Hause dürfen?«
    »Stimmt! Nach Hause!«
    Lug lächelte und gähnte. »Das ist gut!« sagte er mit geschlossenen Augen. »Das ist schön!«
    »Lug, was wirst du machen, wenn du heimkommst?«
    Der Neandertaler zuckte die Schultern. Als er sie senkte, kam ihm offensichtlich ein großartiger Einfall, denn er strahlte über das ganze Gesicht. »Ich weiß, was ich tun werde!« platzte er heraus. »Ich werde Lehrer!«
    »Lehrer?« fragte Tel verblüfft.
    »Richtig.« Die Aufregung hatte Lugs Gesicht gerötet. »Ich werde meinen Leuten alles beibringen.«
    »Du meinst, deinen Leuten in den Ruinen?«
    »Ja. Ich habe soviel gelernt, nur indem ich in die Armee kam, das sie wissen sollten. Beispielsweise, wie man niederschreibt, was man spricht. Quorl hat es mich gelehrt, ehe er … Jedenfalls hat er es mir beigebracht, und auch, wie man es liest …«
    »Der Späher hat dich schreiben gelehrt?« fragte Tel erstaunt.
    »Ja, das hat er.« Lug nickte heftig. »Und ich habe dann angefangen, es meiner Frau und meiner kleinen Tochter beizubringen und den anderen ebenfalls. Und jetzt darf ich wieder heim. Wir können Melonen in langen Reihen auf gerodetem Land anpflanzen, statt nur die wenigen zu pflücken, die wild wachsen. Wenn man sie selbst anpflanzt, kann man sich viel besser um sie kümmern, und der Ertrag ist viel höher. Ich habe mit einem Kameraden hier gesprochen, der auf einer der Küstenfarmen lebt. Er hat gesagt, so macht man es dort. Ich habe sehr viel gelernt. Und wenn ich es anderen lehre, werden wir davon profitieren und alles wird besser sein. Richtig?«
    »Natürlich«, pflichtete ihm Tel bei.
    »He«, fragte Lug und blickte hinunter auf Tels gefiederten kleinen Freund, der zwitschernd ein paar Schritte entfernt hin und her hüpfte. »Werden sie dir gestatten, ihn mit nach Hause zu nehmen?«
    »Ich weiß nicht«, erwiderte Tel erschrocken. »Ich hatte noch gar nicht darüber nachgedacht.«
    »Glaubst du, er würde sich in Toromon überhaupt wohl fühlen? Es ist dort nicht sehr schlammig, oder?«
    »Nein, das sicher nicht. Aber ich möchte ihn trotzdem gern mitnehmen. Ich mag ihn sehr!«
    Lug bückte sich und schnalzte mit den Fingern. Der Flep-Flep watschelte auf ihn zu und kletterte auf seine Hand. Lug streichelte die daunenweichen Federn und lachte. »Vielleicht wenn du noch einen Flip-Flap hättest, der ihm Gesellschaft leisten könnte, wäre es nicht so schwer für ihn. Aber ich glaube, allein würde er sich bestimmt sehr einsam fühlen.«
    »Ich möchte ihn jedenfalls so lange wie nur möglich um mich haben, auch wenn ich ihn nicht mit nach Hause nehmen darf. Er kann mir sozusagen Lebewohl zuwinken, wenn ich von hier fortgehe.«
    »Ja, es wäre wirklich herrlich, wieder heimzukommen«, murmelte Lug. »Ich erinnere mich an etwas sehr Schönes über zu Hause.« Seine dicken Finger hielten im Kraulen inne. »Ganz in der Nähe, wo ich wohnte, gab es einen Berg. Auf seiner anderen Seite lag ein See. Mehrere Leute kamen dorthin und begannen

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