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Die Türme von Toron

Die Türme von Toron

Titel: Die Türme von Toron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samuel R. Delany
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Häuser zu bauen, Straßen und einen Kai.«
    »Das klingt sehr gut«, sagte Tel. Er fragte sich, weshalb die Leute dort etwas gebaut hatten.
    »Wenn es regnete«, fuhr Lug fort, »war kurz vor dem Morgengrauen immer ein bißchen Nebel – kein Nebel wie der hier. Aber wenn man oben auf dem Berg stand und hinunterschaute, konnte man das Wasser kaum sehen. Es wurde erst wieder sichtbar, wenn es richtig Morgen war. Der Nebel verbarg alles, was sie dort unten am Ufer machten. Aber die Mitte des Sees glitzerte wie goldenes Feuer.« Er seufzte. »Das war wirklich schön.«
    »Ja, das glaube ich dir.«
    »Als ich Quorl noch vom Wald her kannte, begleitete er mich einmal dorthin. Es ist wirklich komisch, wie er sich in der Armee benommen hat.«
    »Hast du auch über den Späher nachgedacht?« fragte Tel, der ohnehin daran zweifelte, daß seine Neugier über das Bauen am See jetzt gestillt werden konnte.
    »Ja.« Lug nickte. »Das habe ich.«
    »Ich glaube, wir alle haben über ihn nachgedacht«, murmelte Tel. »He, Lug, würde es dir etwas ausmachen, dich ein bißchen um meinen Flip-Flap zu kümmern? Ich möchte mein Werkzeug noch schnell überprüfen und sehen, ob alles in Ordnung ist, damit ich alles nur noch aufladen muß, wenn es soweit ist. Ich brauche etwa eine halbe Stunde.«
    »Ich passe gern auf ihn auf«, versicherte ihm Lug. Tel schritt auf eine der Baracken zu und rief noch schnell über die Schulter zurück: »Vielen Dank!«
     
    Tel hatte mindestens schon fünf Minuten unter dem Bett herumgefummelt, bis ihm endlich dämmerte, daß er sich wahrscheinlich in eine falsche Baracke verirrt hatte. Die Anordnung der Baracken unterschied sich ein wenig von der des alten Lagers, und er hatte sich offenbar noch nicht richtig eingewöhnt. Als er aufstand, rempelte er fast einen anderen Soldaten an, der sich gerade auf der nächsten Pritsche niederlassen wollte.
    »Oh, tut mir leid«, entschuldigte sich Tel.
    »Ist schon gut, Kamerad«, sagte der andere. »Sag, bist du nicht der Junge, der im alten Lager in der Baracke neben mir schlief?«
    Da erkannte Tel die Stimme. »Stimmt. Ich freue mich, dich wiederzusehen. Ich dachte schon, sie hätten dich in eine andere Kompanie versetzt. Wie ist es dir ergangen, seit wir uns das letztemal gesehen haben?«
    Der Soldat zuckte die Schultern.
    In der Düsternis der Baracke setzten sie sich auf gegenüberliegende Pritschen. Der Nebel hatte sich verdichtet. Der andere war immer noch ein gesichtsloser Schatten für Tel.
    »Es hätte bestimmt schlimmer sein können«, sagte der Soldat jetzt.
    »Ja, ich glaube, man muß froh sein, wenn man diesen verdammten Krieg überlebt hat. Findest du es nicht auch großartig, ich meine den Waffenstillstand? Was wirst du als erstes tun, wenn du wieder in Toromon zurück bist?«
    Der Soldat seufzte tief. »Ich weiß nicht, ob es wirklich so großartig ist. Für euch anderen vielleicht. Aber für mich? Ich habe nichts, was ich tun, worauf ich mich freuen könnte, wenn ich zurück bin. Ich hatte eigentlich gehofft, der Krieg würde noch ein wenig länger dauern. Ich hatte mich so an die 44. Kompanie gewöhnt. Das war eine unvergeßliche Kompanie. Ja, ehrlich. Und jetzt bin ich hier. Ich würde genauso gern irgendwo anders hingehen und weiterkämpfen. Es ist kein schlechtes Leben. Nur ein bißchen gefährlich. Und das soll jetzt alles vorbei sein.«
    »Oh«, murmelte Tel. Er verstand den anderen nicht so recht.
    »Was hast du denn gemacht, als du noch in Toromon warst?«
    Das Gesicht im Schatten bewegte sich ein wenig. »Um ehrlich zu sein, ich kann mich nicht mehr erinnern. Ich bin schon so lange von dort weg, daß es mir irgendwie entfallen ist.«
    Tel blickte auf die Gestalt, die sich wieder auf der Pritsche ausstreckte. Er runzelte die Stirn, dann stand er auf und schritt zur Baracke hinaus. Er sprang über die verrußten Balken, Überreste des nächtlichen Feuers. Er wollte gerade in seine eigene Baracke gehen, als ihm jemand zurief: »Hallo, Grünauge!«
    »Curly?«
    »Höchstpersönlich. Bist du bereit zum Aufbruch?«
    »Fast. Ich muß nur noch mein Werkzeug nachsehen. He, Curly, ich wollte dich noch etwas fragen, du weißt schon, über das, was du mir gezeigt hast …«
    »Pssst!« Curly drückte den Zeigefinger auf die Lippen. »Jemand könnte dich vielleicht darüber reden hören.«
    »Ich wollte nur wissen«, flüsterte Tel so leise, daß es kaum zu verstehen war, »wie du es getan hast.«
    »Hast du es inzwischen selbst versucht?«
    »Nein,

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