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Die Türme von Toron

Die Türme von Toron

Titel: Die Türme von Toron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samuel R. Delany
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Unterstützung, ersuchte sie, das Wissen in den Gehirnen derer zu unterdrücken, die mit diesem Projekt zu tun hatten. Und da dieses Projekt eine Lösung des wirtschaftlichen Problems war, konnten sie ihre Hilfe nicht verweigern.«
    Jon und Petra waren nun beide neben Arkor aufgesprungen. »Bitte die Waldwächter, zu versuchen, jetzt uns zu verstehen«, wandte Jon sich an Arkor, der mit seinen Brüdern nun in Verbindung stand.
    »Unsere Absicht war, unser Land zu retten«, erklärte Petra.
    »Und jedem einzelnen Bürger die Freiheit zu geben«, warf Jon ein. »Die Freiheit von solch beklemmenden, unmenschlichen – Träumen!«
    »Was sollen wir denn tun?« fragte der kollektive Geist der telepathischen Wächter.
    »Ihr müßt in jedes Gehirn in Toromon dringen und die Wahrheit über den Krieg freigeben. Ihr müßt sie einen Augenblick lang miteinander verbinden, so daß sie sowohl sich selbst als auch den Nächsten erkennen, ob sie nun in Luxus im Königspalast leben, ob sie in den Sargzellen von Telphar dahindämmern, oder in den Ruinen jenseits davon hausen. Tut das, und ihr werdet dieser Rassenmischung aus Affen, Menschen und Wächtern helfen, die die Menschheit ist.«
    »Manche Gehirne sind dafür vielleicht noch nicht reif.«
    »Tut es!«
    Eine Welle der Zustimmung überflutete sie.
     
    Der Arzt im Hauptgebäude von Humanmedizin ließ das Fieberthermometer auf den Schreibtisch fallen und erkannte, als das Quecksilber auf das weiße Plastik tropfte, daß sein Ärger über die Oberschwester, die ständig die Patientenberichte falsch ablegte, nur sein Wissen über den Krieg verbarg.
     
    Vol Nonik, der in einer Bar im Höllenkessel saß, strich mit dem Finger über den nassen Abdruck, den sein Glas auf der fleckigen Holztheke hinterlassen hatte. Er verstand jetzt, daß seine Frustration über seine Relegation wegen ungebührlichen Benehmens ihn zu verständlicher Sprache gezwungen hatte.
     
    Ratsmitglied Rilum erfaßte die dreißig Jahre alte Erinnerung an den Brand einer Textilfabrik, deren Direktor er gewesen war, eine Erinnerung, die ihn immer gequält hatte, und erkannte seinen Grimm über die sorglose Auslegung der Brandschutzbestimmungen.
     
    Ein Mann, der in den Aquarien arbeitete, hielt auf seinem Heimweg über die Pier plötzlich an, nahm seine Hände aus den Hosentaschen, betrachtete die Narben unter den schwarzen Haaren seines Unterarms, und begriff seine Rage auf die Frau, die ihn mit einer Eisenstange geschlagen hatte, als er noch ein Kind auf einer Festlandfarm gewesen war.
     
    Ratsfrau Tilla griff nach einer Falte ihres Talars und senkte ihre Fingernägel hinein, als sie sich an die Katastrophe auf der Insel Letos erinnerte, bei der ihr Vater umgekommen war, als sie ihm als kleines Mädchen bei der Suche nach Fossilien geholfen hatte. Plötzlich wußte sie, daß die Angst des Kindes das Wissen der Erwachsenen über den Krieg verdeckt hatte.
     
    Kapitän Suptus stand auf der Kommandobrücke eines Tetronfrachters, der gerade ablegte. Er blinzelte in die Sonne und entsann sich, wie ein weißhaariger Mann hinter dem Schreibtisch einer Reederei aufgesprungen war (eine andere Reederei als die, für die er jetzt fuhr). »Sie weiden nie wieder, solange ich lebe, Fuß auf ein Schiff setzen!« hatte er gebrüllt. Und nun verstand er mit einemmal seine Angst vor diesem Mann, der nun schon zwölf Jahre tot war.
     
    Eine Frau namens Maria sprang von einem Küstenfelsen und spürte das Wasser sie in tiefen Schatten einhüllen. Der Rand ihrer Taucherbrille drückte gegen ihr Gesicht. Im letzten Licht riß sie die Auster aus der Bank und schoß wieder zur Oberfläche hoch. Kurz darauf setzte sie sich auf die Steine und schob ihr Messer zwischen die Schalen. Das weiche Fleisch glänzte schleimig-feucht ohne Perle im blauen Abendlicht. Einen Augenblick erinnerte sie sich an eine andere Auster, eine größere, in der eine große milchige Perle geruht hatte. Und diese Perle war ihr aus den Fingern gerollt, über den Rand des Steins, und hinunter in das vier Meter tiefe grüne Wasser gefallen. Ihr Magen hatte sich verkrampft und sie hatte vor hilfloser Wut kaum noch atmen können.
     
    Ein Waldwächter blieb bei einem Baum stehen und preßte die Hand auf die rauhe Rinde. Er erinnerte sich an einen Morgen vor sieben Jahren, als er und zwei weitere Wächter ausgeschickt worden waren, um ein Mädchen zu holen, das als Telepathin gekennzeichnet werden sollte. Mit schweigender, ungeheuerlicher Empörung hatte sie sich

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