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Die Tulpe des Bösen

Die Tulpe des Bösen

Titel: Die Tulpe des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Kastner
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geöffnet hatte. Er war kahlköpfig, stämmig und sehr muskulös.
    Sie führten Katoen ins Innere des Lagerhauses, wo er einen Augenblick lang meinte, der starke Geruch würde ihm die Luft zum Atmen rauben. Eine einsame Tranfunzel, die auf dem Boden stand, entriß nur einen Ausschnitt des großen Raumes der Dunkelheit. Über eine wacklige Leiter ging es ein Stockwerk in die Tiefe, wo die Luft nicht weniger penetrant roch, aber um einiges feuchter war. Vermutlich befanden sie sich hier knapp oberhalb der Wasserlinie.
    Der Raum am Fuße der Leiter wurde immerhin von gleich drei Laternen erhellt, und Katoens Blick fiel auf einen behelfsmäßigen Tisch aus zwei Fässern und einer darüber gelegten breiten Holzlatte. Eine Kiste hinter dem Tisch diente einer vermummten Gestalt als Sitzgelegenheit. Die Gestalt trug einen weiten Umhang und einen breitkrempigen Hut, und das Gesicht war hinter einer Stoffmaske verborgen, ähnlich der, die Anna Swalmius bei ihren nächtlichen Ausflügen getragen hatte. Die Hände steckten in schmucklosen schwarzen Lederhandschuhen. Rechts und links hinter dem Vermummten standen Wachen, und beide trugen Schußwaffen, der eine Mann eine Doppelpistole, der andere eine Radschloßpistole mit nur einem Lauf.
    »Es freut mich, endlich dem Anführer der Kartenschnapper zu begegnen«, sagte Katoen. »Nach Eurem Namen zu fragen dürfte kaum Sinn haben, nehme ich an.«
    Der Mann mit der verstümmelten Nase, ein Unterführer offenbar, trat neben ihn und hob drohend seinen Dolch. »Redet besser nur, wenn Ihr gefragt werdet, Mijnheer! Jetzt gebt mir Euren Beutel. Habt Euch lange genug damit abgeschleppt.«
    Katoen hielt den Lederbeutel unverändert fest und sagte: »Bevor ich den Beutel hergebe, möchte ich die Gegenleistung sehen.«
    Unsicher sah der Unterführer den Vermummten an. Der griff hinter sich und wuchtete eine dunkle Ledertasche auf den behelfsmäßigen Tisch.
    »Darf ich hineinschauen?«
    Der Vermummte schüttelte den Kopf und deutete auf Katoens Beutel.
    »Erst wollen wir wissen, was da drin ist«, sagte der Unterführer.
    »Nur Papier, seht selbst.«
    Nun händigte Katoen ihm den Beutel aus. Die Sache länger hinauszuzögern konnte ihm keinen Vorteil einbringen. Offensichtlich war der geheimnisvolle Anführer der Kartenschnapper nicht gewillt, in Vorleistung zu treten, und seine Leute hätten Katoen den Beutel ohnehin jederzeit mit Gewalt abnehmen können. Auf einen Kampf, den er nur verlieren konnte, wollte er es nicht ankommen lassen.
    Der Unterführer brachte den Beutel zum Tisch und öffnete ihn auf einen stummen Befehl des Vermummten hin. Dann begann der geheimnisvolle Anführer, die Wechselbündel eins nach dem anderen aus dem Beutel zu nehmen und fein säuberlich vor sich aufzustapeln.
    Während er seine Beute sehr genau zählte, war er die Ruhe selbst, und als er fertig war, stopfte er die Wechsel zurück in den Beutel.
    »Seid Ihr zufrieden?« fragte Katoen.
    Der Vermummte nickte und gab dem Unterführer einen Wink. Der nahm die Ledertasche vom Tisch und stellte sie vor Katoen auf den Boden.
    »Darf ich jetzt hineinschauen?«
    Der Anführer nickte knapp, und Katoen hockte sich hin, um die Tasche zu öffnen. Sie enthielt eine Menge zusammengerollter Karten und ein dünnes Buch, das er neugierig öffnete. Aber es war nur ein Verzeichnis, in dem Land-und Seekarten aufgeführt und detailliert beschrieben waren.
    »Jetzt bin ich doch ein wenig enttäuscht«, seufzte er, nachdem er die Tasche wieder verschlossen hatte. »Ich hatte auf ein altes Manuskript aus Kreuzfahrertagen gehofft. War so etwas nicht unter den gestohlenen Sachen? Oder vielleicht eine Karte der Tulpenküste?«
    Der Unterführer warf ihm einen unwilligen Blick zu und näherte sich erneut dem Vermummten. Die beiden flüsterten kurz miteinander, und dann wandte der Unterführer sich an Katoen.
    »Mehr haben wir nicht. Entweder Ihr nehmt jetzt die Tasche und verschwindet, oder …«
    »Oder?«
    Der Unterführer grinste, aber die verstümmelte Nase ließ es eher wie eine Grimasse aussehen. »Oder wir füttern die Fische – mit Euch!«
    Katoen nahm die Tasche auf. »Ich glaube, ich sollte mich jetzt verabschieden.«
    Sein Blick hing an dem Anführer, aber der sagte nichts und rührte sich auch nicht. Statt eines Menschen hätte ebensogut eine Strohpuppe auf der Kiste sitzen können.
    Der Unterführer und seine Leute begleiteten Katoen in das obere Stockwerk und hinaus auf die Landungsbrücke, wo er erst einmal kräftig

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