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Die Tulpe des Bösen

Die Tulpe des Bösen

Titel: Die Tulpe des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Kastner
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unterschätzen. Er war ein sehr erfolgreicher Mann und hatte mit Sicherheit schon viele schwierige Situationen meistern müssen. Vielleicht hatte er auch gelernt, sich so gut zu verstellen, daß aus dem erfolgreichen Geschäftsmann in den Augen Außenstehender ein bemitleidenswerter alter Mann wurde. Und da, dachte Katoen, schließt sich gleich die nächste Frage an.
    »Wenn diese ganze Geschichte so weit zurückliegt und Ihr in die Einzelheiten nicht eingeweiht seid, wie Ihr sagt, wieso seid Ihr dann so betroffen, Mijnheer Blaeu? Ich habe den Eindruck, das Manuskript und die Karte der Tulpenküste sind Euch weitaus wichtiger als die anderen, angeblich so wertvollen Karten.«
    »Nicht nur angeblich«, meldete Vestens sich zu Wort. »Sie sind es wirklich.«
    Katoen beachtete ihn nicht weiter und richtete seinen fragenden Blick wieder auf den Kartenmacher.
    Der schien sich überwinden zu müssen, bevor er schließlich in schleppendem Ton zu sprechen begann: »Ich hatte die Tulpenküste und die Expedition der Admiraal van der Haghen wirklich fast vergessen, war ich doch damals, wie gesagt, nicht in die Sache eingebunden. Es war die Angelegenheit meines Vaters, und er hat nie darüber gesprochen. Für mich war das eine abgeschlossene Sache, viele Jahrzehnte lang, bis vor kurzem.« Er stieß einen tiefen Seufzer aus und schüttelte sein Haupt mit dem schütteren Haar, als könne er nicht glauben, was sich ereignet hatte.
    »Was ist vor kurzem geschehen?« faßte Katoen nach.
    »Einer meiner Söhne, eine Schwiegertochter und eine meiner Nichten, sie …« Blaeu schüttelte sich förmlich, als er an das dachte, was zu erzählen er im Begriff war.
    »Ja?«
    »Sie sind überfallen worden, hier in Amsterdam, am hellichten Tag. Überfallen und verschleppt.«
    Ungläubig sah Katoen ihn an. »Davon weiß ich gar nichts.«
    »Wir haben es nicht angezeigt.«
    »Warum nicht?«
    »Sie sind wieder freigelassen worden«, erklärte Blaeu. »Es war nur eine Warnung. So stand es in dem Brief, den ich erhielt, als meine Lieben sich in der Gewalt der Entführer befanden. Der unbekannte Absender des Briefes hat mir damit gedroht, sich jederzeit und überall an meiner Familie zu vergreifen, ohne daß die Behörden oder sonstwer etwas dagegen unternehmen könnten. Anfangs habe ich das für einen üblen Scherz gehalten, aber als erst mein Sohn und dann die anderen beiden heimkehrten und von ihrer Verschleppung berichteten, wurde ich eines Besseren belehrt.«
    »Und Ihr habt beschlossen, Euch nicht an die Behörden zu wenden«, stellte Katoen vorwurfsvoll fest.
    »Die können meine Familie nicht schützen, niemand kann das. Die Entführer haben bewiesen, zu was sie imstande sind. Wer so etwas tut, der ist zu allem fähig. Zu allem!«
    »Wir hätten Wachen für Euer Haus und Eure Familie abstellen können.«
    »Rund um die Uhr, auf Schritt und Tritt, für den Rest des Lebens? Wohl kaum. Außerdem hat mir die vorletzte Nacht gezeigt, daß man sich nicht auf den Schutz Eurer Männer verlassen kann. Obwohl Ihr damit gerechnet habt, daß der Tulpenmörder erneut zuschlägt, konntet Ihr nicht verhindern, daß Paulus van Rosven ebenso ermordet wurde wie sein Vater.«
    Das war ein Treffer mitten ins Herz, und Katoen konnte sich nicht dagegen wehren. Sicher, wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte die Zusammenkunft der ›Verehrer der Tulpe‹ am Montagabend nicht stattgefunden, aber das sprach ihn nicht von dem Vorwurf frei, versagt zu haben. Seine Aufgabe war es gewesen, für die Sicherheit der Tulpenfreunde zu sorgen, und er hatte sie nicht erfüllt. Blaeu hat ja recht, dachte Katoen bitter. Er konnte es dem Kartenmacher nicht verdenken, daß er sich nicht auf den Schutz der Behörden verlassen wollte.
    »Was haben die Entführer von Euch verlangt?« setzte er die Befragung fort. »Die Unterlagen über die Tulpenküste, das Buch und die Karte?«
    Blaeu nickte. »Ihr vermutet richtig, Mijnheer Katoen.«
    »Ich vermute weiterhin, daß die Kartenschnapper dazwischengekommen sind.«
    »Sie waren schon dazwischengekommen. In der Nacht zuvor hatte sich der Einbruch in mein Haus ereignet. Diese verkommene Bande! Daß die Kartenschnapper ausgerechnet mein Geheimversteck gefunden und geplündert haben … So ein schrecklicher Zufall!«
    »Da irrt Ihr Euch, das war kein Zufall. Die Kartenschnapper kannten sich hier gut aus und haben genau das gefunden, was sie suchten: Eure wertvollsten Karten. Daß die Karte der Tulpenküste und das Manuskript des Guillaume de

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