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Die Tulpe des Bösen

Die Tulpe des Bösen

Titel: Die Tulpe des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Kastner
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Vailly so unschätzbar viel wert sind, haben sie freilich auch erst am Tag nach dem Einbruch erfahren.«
    »Wie das?«
    »Sie haben hier bei Euch einen Spion. Deshalb kannten sie sich so gut hier aus, und daher haben sie dann auch erfahren, daß die Entführer Eurer Angehörigen sich brennend für die Tulpenküste interessieren. Das wird der Grund dafür sein, daß sie mir die Seekarte und das Buch nicht freiwillig ausgehändigt haben.«
    Blaeu schüttelte heftig den Kopf. »Nein, nein, das kann nicht sein! Der einzige, der außer meiner Familie von den Entführungen wußte, ist mein Freund Barent hier.«
    »Und?« fragte Katoen. »Das genügt doch.«
    Unsicher wanderte Blaeus Blick von Katoen zu Barent Vestens und zurück. »Aber, Katoen, Ihr wollt doch nicht andeuten, daß Barent …«
    »Wer sonst? Er genießt Euer Vertrauen, und er kannte das Geheimversteck. Er wußte um die Entführungen und somit, daß es jemanden gibt, dem die Unterlagen über die Tulpenküste sehr viel wert sind. Also hat er beschlossen, sie auf eigene Faust zu verkaufen. Daß er dabei Eure Familie in Gefahr bringt, in Todesgefahr wahrscheinlich, hat ihn offenbar nicht gestört.«
    Der Hauptkontorist blieb angesichts dieser Anschuldigungen erstaunlich ruhig. Mit verschränkten Armen stand er da, starr wie eine Statue, und hörte sich an, was Katoen zu sagen hatte. Hin und wieder zuckte ein Muskel in seinem bärtigen Gesicht, ohne daß erkennbar gewesen wäre, ob das ein Zeichen von Wut oder von Amüsement war.
    »Ihr verfügt über eine ausschweifende Phantasie, Mijnheer Katoen«, sagte er ungerührt. »Gewiß könntet Ihr viel Geld verdienen, wenn Ihr den Schiffskapitänen helfen würdet, ihre Reiseerlebnisse zu Papier zu bringen. Die Reisen sind ja nicht immer so aufregend, wie sie oft dargestellt werden, aber Euch fällt, denke ich, schon etwas Spannendes ein.«
    »Ihr überschätzt mich, Vestens. Für das, was ich eben gesagt habe, mußte ich keine Phantasie aufbringen, denn es ist die schlichte Wahrheit.«
    Ein spöttischer Ausdruck schlich sich auf Vestens’ Antlitz. »Ihr seid ein Angeber, der mehr verspricht, als er halten kann, Katoen. Euer erstes Treffen mit den Kartenschnappern ist gescheitert, und Ihr seid unfähig, den Tulpenmörder zu fassen. Eine Unfähigkeit, die Paulus van Rosven das Leben gekostet hat, von dem Büttel, der dabei umgekommen ist, ganz zu schweigen. Ihr habt einen Erfolg dringend nötig, und um Eure Unfähigkeit zu kaschieren und weil Euch nichts Besseres einfällt, beschuldigt Ihr mich.«
    Zweifelnd sah Blaeu zu Katoen. »Ist es so, wie Barent sagt?«
    »Nein, er lügt. Er belügt Euch schon eine ganze Weile. Weshalb, das wird er Euch besser sagen können. Ich für meinen Teil bin mir sicher, daß er nicht nur der Spion der Kartenschnapper ist, sondern ihr Anführer.«
    »Jetzt schnappt Ihr vollends über, Katoen«, brauste Vestens auf; mit seiner Ruhe schien es vorbei zu sein. »Wollt Ihr behaupten, Ihr hättet mich gestern bei den Kartenschnappern gesehen?«
    »Euer Gesicht war durch eine Maske verhüllt, aber Ihr wart dort.«
    »Das wißt Ihr also, obwohl Ihr mich nicht erkannt habt! Woran seht Ihr das denn, vielleicht an meiner Statur?«
    »Nein, die wurde durch einen Umhang verhüllt. Trotzdem hatte ich den Eindruck, daß der Anführer ein großer, kräftiger Mann ist, und das trifft zweifellos auf Euch zu.«
    »Wie auf viele tausend andere Männer allein hier in Amsterdam«, erwiderte Vestens und lachte rauh. »Mehr habt Ihr nicht? Vielleicht erkennt Ihr meine Stimme wieder?«
    »Nein, der maskierte Anführer hat sich in meiner Gegenwart nur durch Zeichen verständigt.«
    »Na, das wird ja immer schöner! Ein stummer, maskierter Mann! Und da wollt Ihr mich erkannt haben? Seid Ihr ein Hellseher oder so etwas?«
    Blaeu wirkte reichlich verwirrt, und sein fragender Blick pendelte zwischen seinem Hauptkontoristen und Katoen.
    »Ich muß auch sagen, daß ich Euch nicht verstehe, Katoen. Wie kann man so schwere Anschuldigungen gegen jemanden erheben und dann nichts in der Hand haben? Kein Gericht der Welt würde Barent daraufhin schuldig sprechen. Ihr selbst seid Euer einziger Zeuge, noch dazu ein beklagenswert schlechter.«
    »Irrtum«, sagte Katoen. »Ich habe noch einen Zeugen, und der hat gesehen, wie der Anführer der Kartenschnapper seine Maske abgenommen hat. Das Gesicht darunter war Eures, Vestens!«
    Die Überheblichkeit wich aus Vestens’ Miene, und erste Zweifel schlichen sich ein. »So? Wer ist

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