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Die Tulpe des Bösen

Die Tulpe des Bösen

Titel: Die Tulpe des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Kastner
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»Das wäre doch ein großer Zufall gewesen … Ich weiß auch gar nicht, was er um diese Zeit und bei dem Hundewetter draußen zu suchen hatte.«
    »Eben darum glaube ich nicht an einen Zufall. Aber draußen gewesen ist er, das beweist seine nasse Kleidung.«
    Sie hatte mitten in der Bewegung innegehalten und ihn erstaunt angesehen. »Aber das würde ja bedeuten, daß …«
    »Daß er dir die ganze Zeit über vor dem Haus deines Bruders aufgelauert hat, ja. Anscheinend wollte er sich vergewissern, ob und in wessen Begleitung du nach Hause gehst.«
    »Pieter soll all die Stunden vor Nicolaas’ Haus gestanden haben?« Catrijn hatte den Kopf geschüttelt. »Das glaube ich nicht. Warum sollte er das tun?«
    »Weil er bis über beide Ohren in dich verliebt ist, Catrijn. Die Liebe vermag aus einem Mann alles zu machen, den tapfersten Helden oder den verrücktesten Narren.«
    »Das klingt, als würdest du aus Erfahrung sprechen«, hatte sie mit fragendem Blick gesagt.
    Er hatte sie vieldeutig angegrinst. »Ich habe schon so einiges erlebt.«
    »Dann sollst du jetzt noch mehr erleben«, hatte sie erwidert und ihn auf den Mund geküßt, vorsichtig erst, dann leidenschaftlich. Dabei hatte sie sich an ihn gedrückt, und ihre verführerische Wärme und Nacktheit hätten ihn beinahe erneut mitgerissen.
    Doch diesmal hatte er der Versuchung widerstanden und Catrijn sanft zurückgedrängt. Die Enttäuschung in ihrem Gesicht war ihm nicht verborgen geblieben. Aber es war besser so gewesen. Er hätte immerzu an Hartig denken müssen und daran, daß Catrijn keine Frau war wie jede andere.
    Sie war die Schwester des mächtigen Amtsrichters der Stadt Amsterdam, des geachteten und einflußreichen Bürgers Nicolaas van der Zyl, jenes Mannes, dem Katoen zu Gehorsam verpflichtet war. Schon allein deshalb war es eine Narretei gewesen, sich mit ihr einzulassen, ganz unabhängig davon, ob es den eifersüchtigen Hartig oder gar noch andere Verehrer gab oder nicht. Eine Verbindung Katoens mit seiner Schwester würde van der Zyl wohl als nicht standesgemäß ansehen und kaum gutheißen. So groß Katoens Verlangen nach Catrijn auch war, an diesem Mittwochmorgen, als der kühle Regen ihm entgegenschlug und er wieder imstande war, klar zu denken, beschloß er, fortan die Finger von ihr zu lassen.
    Er kam langsamer voran als erwartet. Der Regen hatte die von Wagenrädern und Hufen zerwühlte Straße nach Utrecht aufgeweicht und in eine einzige Schlammpfütze verwandelt. Wann immer es ging, hielt er sein Pferd ein Stück abseits der Straße, wo der Boden fester war. Kaum eine Menschenseele war unterwegs, was an der frühen Stunde, aber mehr noch am Wetter liegen mochte. Der erste, der ihm begegnete, seit er Amsterdam hinter sich gelassen hatte, war ein alter Bauer, der sich abmühte, einen schwerbeladenen Eselskarren voranzubringen. Vermutlich wollte er seine Waren in Amsterdam auf dem Markt verkaufen. Aber kaum hatte sich der Karren ein paar Klafter voranbewegt, blieb er auch schon wieder im Schlamm stecken.
    »Guten Morgen, Mijnheer«, grüßte Katoen, nachdem er die Stute neben dem Karren gezügelt hatte.
    Der Bauer starrte ihn mit verkniffenem Gesicht an und wischte sich Schweiß oder Regen von den Augen, vielleicht beides. »Was soll an diesem Morgen gut sein?«
    Katoen grinste. »Die Aussicht auf ein Ende des Unwetters.«
    »Na, vielleicht habt Ihr recht«, brummte der Bauer. »Freuen wir uns also auf das Gute, solange das Schlechte uns heimsucht.«
    »Ihr tut recht, so zu denken, mein Freund. Nicht mehr lange, und Ihr seht die Mauern von Amsterdam.«
    »Dem Herrn sei’s gedankt. Und Ihr, Mijnheer, habt Ihr noch einen weiten Weg vor Euch?«
    »Das will ich nicht hoffen. Ich suche das Anwesen von Willem van Dorp. Kennt Ihr den Weg?«
    Kaum hatte er den Namen des Tulpenzüchters ausgesprochen, verfinsterten sich die Züge des Bauern auch schon wieder. »Zu dem Tulpennarren wollt Ihr? Das ist ein rechter Einsiedler, dem scheint niemand willkommen zu sein. Was wollt Ihr denn von dem?«
    »Geschäfte. Ihr wißt also, wo ich ihn finde?«
    »An der Roten Mühle müßt ihr nach links abbiegen. Aber gebt acht, der Weg ist schmal und leicht zu übersehen, besonders bei diesem Wetter. Wenn Ihr ihm folgt, seid Ihr auch schon so gut wie da.«
    Katoen kannte die Rote Mühle, die direkt an der Straße stand. Früher einmal, als die Windmühle von leuchtend roter Farbe gewesen war, hatte sie ihren Namen zu Recht getragen. Jetzt war sie schon seit Jahren

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