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Die Tulpe des Bösen

Die Tulpe des Bösen

Titel: Die Tulpe des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Kastner
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hübsch gewesen war.
    »Und die Frau?«
    »Elsje Steegh. Du müßtest von ihr gehört haben, über den Fall wurde allenthalben gesprochen.«
    »Die Dienstmagd, die ihren Herrn verführen und zum Mord an seiner Gemahlin anstiften wollte?«
    »Ja, Catrijn. Aber der Kaufmann Paul de Raaf, ein ehrenwerter Mann, seinem Weib in Liebe zugetan, hat das ruchlose Ansinnen zur Anzeige gebracht. Zur Strafe wurde der Dienstmagd vor ihrem Tod ein Holzpflock in den Unterleib getrieben.«
    Catrijn sah das tote Mädchen lange an und stieß schließlich einen tiefen Seufzer aus. »Ich beneide dich nicht um deinen Beruf, Bruderherz. Es ist gewiß nicht leicht, die Bösen von den Guten zu unterscheiden und immer eine gerechte Strafe zu finden. Und wie wichtig eine umsichtige Rechtsprechung doch für das Wohlergehen unserer Stadt ist! Findest du das nicht auch, Jeremias?«
    »Allerdings«, sagte Katoen.
    Er hatte sich bereits vom Galgenfeld abgewendet. Lieber blickte er auf den dichten Wald aus Schiffsmasten, die aus dem Wasser des IJ wuchsen wie Pflanzen aus dem fruchtbarsten Boden. Es hatte ihm noch nie Vergnügen bereitet, die Leichen auf Volewijk baumeln zu sehen.
    Catrijn brachte die Jolle sicher an einen der Anlegeplätze. Katoen sprang ans Ufer und vertäute sie, bevor er Catrijn heraushalf.
    Ihr Bruder reichte ihnen den schweren Korb und sagte: »Macht die Jolle ruhig wieder los, Jeremias! Ich kann leider nicht bleiben. Dringende Geschäfte rufen mich zurück. Aber ich hole Euch und Catrijn in zwei, drei Stunden hier ab.«
    Verwundert, aber nicht betrübt, löste Katoen die Halteleine und stieß die Jolle von dem schmalen Steg ab. Van der Zyl steuerte das Boot auf direktem Kurs zurück nach Amsterdam und erwies sich dabei als ebenso geschickter Segler wie seine Schwester.
    Die versetzte Katoen einen liebevollen Stoß. »Nun starr nicht meinem Bruder hinterher! So hübsch wie ich ist er doch wohl nicht, oder? Wir sollten uns lieber einen schönen Platz für unser Picknick suchen. Du trägst den Korb, und ich geh voran.«
    Grinsend nahm er den Korb auf und folgte ihr. »Das ist mal eine gerechte Arbeitsteilung.«
    Anders als sonntags, wenn ganze Familien mit der Ausflugsfähre herüberkamen, um sich rund um das Galgenfeld zu einem gemütlichen Picknick niederzulassen, waren jetzt nur wenige Menschen zu sehen. Es fiel Katoen und Catrijn nicht schwer, einen abgeschiedenen Platz zu finden, an dem sie für sich waren, eine kleine Lichtung, umgeben von Pappeln und Strandwinden, deren rosa Blüten dem Platz ein verträumtes Aussehen gaben. Er nahm die Wolldecke, die oben auf dem Korb lag, und breitete sie auf der grünen Wiese aus.
    Als er mitten in der Bewegung innehielt und angestrengt auf einen Punkt irgendwo zwischen den Pappeln spähte, fragte Catrijn: »Was hast du, Jeremias?«
    »Ich spähe und horche.«
    »Wonach?«
    »Nach einem liebeskranken Apotheker. Er wird uns doch nicht wieder gefolgt sein?«
    »Du erlaubst dir einen Scherz mit einer armen, unschuldigen Frau?« Sie zwickte ihn leicht in die Wange, wie es eine Mutter bei ihrem frechen Kind tut. »Aber keine Sorge, heute stört Pieter Hartig uns nicht. Als ich das Haus verließ, steckte er mitten in der Arbeit.«
    »Warum suchst du dir nicht einen anderen, der deine Geschäfte führt?«
    »So lästig er in dieser gewissen Hinsicht sein mag, so zuverlässig ist er in geschäftlichen Dingen. Bevor er kam, habe ich es mit zwei anderen versucht, und beide glaubten, sie könnten eine schutzlose Witwe übers Ohr hauen.«
    »Schutzlos?« Katoen lachte. »Das bist du als Schwester des Amtsrichters wohl kaum.«
    »Das habe ich ihnen auch klargemacht. Seit Pieter bei mir ist, laufen die Geschäfte so gut wie nie zuvor. Manchmal muß ich ihm sogar aushelfen, so viel gibt es zu tun.«
    »Stimmt, du kennst dich ja mit der Arbeit eines Apothekers aus.«
    »Ebenso gut wie Pieter. Aber laß uns diesen schönen Abend nicht mit Gerede über Pieter Hartig verbringen! Beschäftigen wir uns lieber mit dem Hier und Jetzt, mit uns. Hunger?«
    Er rieb sich den Bauch. »Jetzt, wo du es ansprichst.«
    Sie packte den Korb aus. »Schinkenpasteten, Goudamer Käse, kalter Spanferkelbraten und süße Apfeltörtchen. Zu trinken gibt’s eine Flasche Bordeaux und einen Krug Delfter Bier. Ich hoffe, es ist etwas für dich dabei.«
    Nur kurz blickte er auf die Leckereien, dann schaute er Catrijn wieder an und löste ihr Kopftuch. »Alles, was ich hier sehe, gefällt mir ausgesprochen gut.«
    »So?« Sie

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