Die Tulpe des Bösen
lächelte. »Und nach was gelüstet es dich besonders?«
»Nach Fleisch. Ich bin begierig auf zartes Fleisch.«
Das Zusammensein mit Catrijn hatte sein Verlangen nach ihr geweckt. Er löste die dünnen Bänder, die das Oberteil ihres Kleides vorn zusammenhielten. Seine Rechte fuhr unter den Stoff und umfaßte die warme, zarte Haut ihrer Brüste.
Catrijn setzte fort, womit er begonnen hatte, und knüpfte die Bänder weiter auf, bis sie das ganze Oberteil hinunter auf die Hüften streifen konnte. Ihre Brüste, zwischen denen der Perlenanhänger lag, leuchteten in der Abendsonne verführerisch wie frisches Obst, das nur darauf wartet, gepflückt zu werden. Erneut umfaßte er sie, diesmal mit beiden Händen, ganz sanft erst, dann etwas fester, und Catrijn erschauerte unter der Berührung. Er küßte die Brustwarzen und bemerkte fasziniert, wie sie sich zu großen, harten Knospen versteiften. Die ganze Frau wirkte auf ihn wie eine reife Frucht, die verspeist werden will, und er fragte sich, warum sich nicht schon längst ein Mann gefunden hatte, der ihr Witwendasein beendete. Sie mußte viele Verehrer haben, und gewiß nicht alle waren solche ungehobelten Klötze wie der Apotheker Hartig.
»Was hast du?« fragte sie. »Warum hältst du inne?«
»Wie lange bist du schon Witwe, Catrijn?«
Die Frage schien sie zu verwirren. »Fünf Jahre ungefähr.«
»Zu lange. Warum hast du nicht längst wieder geheiratet?«
»Ich habe auf den Richtigen gewartet«, sagte sie lächelnd und begann, ihn von seinen Kleidern zu befreien.
Kurz darauf waren ihrer beider Körper so ineinander verschlungen, daß sie wie einer wirkten, und ihr gemeinsamer, schneller und schneller werdender Rhythmus war wie die Bewegung eines einzigen Menschen. Ihre Zungen, ihre Arme, ihre Beine, sein hartes Glied und ihr feuchter Schoß – alles verschmolz zu einem einzigen Wesen, einem Geschöpf der Leidenschaft. Und viel zu schnell erfolgte die Explosion, die es wieder in zwei aufspaltete, die schwer atmend und schwitzend nebeneinander auf der Decke lagen, umspielt vom sanften, warmen Frühlingswind.
Eine ganze Weile lagen sie einfach schweigend da und sahen in den blauen Himmel, in den, zwischen dem Laubwerk der Pappeln durchscheinend, das Galgengerüst mit den drei verwesenden Leichen ragte. Catrijn bewegte sich als erste und füllte zwei Zinnbecher mit Delfter Bier. Entspannt und zufrieden verfolgte er jede Bewegung ihres nackten Leibes, während sie vor dem Eßkorb kniete. Fast fühlte er sich wie ein verheirateter Mann, dem diese Frau mit Haut und Haaren gehörte, und das war ein gutes Gefühl.
Catrijn reichte ihm einen Becher. »Zur Abkühlung.«
Er küßte sie auf den Mund, bevor er genüßlich das Bier seine Kehle hinunterrinnen ließ. Sie tranken, und dann verspeisten sie, was Catrijn mitgebracht hatte. Sie lächelte plötzlich.
»Was hast du?« fragte er.
»Dieses Picknick und wir beide – es kommt mir nicht vor wie das erste Mal, sondern so, als würden wir schon seit Jahren hierherkommen.«
»Mir geht es ganz genauso.«
Sie hörte auf zu kauen und betrachtete ihn forschend. »Und wie gefällt dir diese Vorstellung?«
»Ganz hervorragend.«
Sie küßten sich erneut, und wieder vereinigten sich ihre Leiber, um einander zum Höhepunkt zu führen. Hinterher mußten sie sich anziehen, weil der Wind, der vom nahen IJ kam, kühler und kräftiger blies.
»Auch Nicolaas hält viel von dir, sehr viel«, sagte Catrijn unvermittelt.
»So? Ist es nicht unter der Würde des Amtsrichters, wenn einer seiner Inspektoren seine Schwester heiratet?«
»Er wird nicht mehr lange Amtsrichter sein.«
Überrascht fragte Katoen: »Wieso nicht?«
»Die hohe Politik ruft ihn. Unserem Land steht eine große Krise bevor, und die besten Männer werden gebraucht, sie zu bewältigen. Nicolaas zählt gewiß dazu und wird bald unter denen sein, die die Republik der Sieben Vereinigten Niederlande regieren. Dann braucht Amsterdam einen neuen Amtsrichter, einen erfahrenen Mann wie dich, Jeremias. Ich habe mit Nicolaas darüber gesprochen. Wir sind uns darüber einig, daß du sein Nachfolger sein wirst.«
Als sie das sagte, leuchteten ihre Augen, und er sah darin viel mehr als Zuneigung und Leidenschaft. Catrijn war keine Frau, die sich nur von ihren Gefühlen treiben ließ. Was er in ihren Augen entdeckte, war ein Plan für die Zukunft. Und er war ebenso ein Teil davon wie das Picknick hier auf Volewijk.
Aber der Plan stimmte ihn nicht froh, vielleicht weil es
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