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Die Tunnel der Seele

Die Tunnel der Seele

Titel: Die Tunnel der Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Nicholson
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war das einer von den Hausangestellten«, meinte Anna. »Eine Erinnerung daran, mehr Holz auf das Feuer zu legen.«
    »Ja, das könnte sein. Es wird schließlich ganz schön kalt. Ist ja schon Oktober und wir befinden uns hier mitten in den Bergen. Wenn der Herbst hier nicht so farbenfroh wäre, würde ich Rio vorziehen. Bis später.« Cris winkte ihr noch einmal zu, band sich die Haare im Gehen zu einem Pferdeschwanz zusammen und verließ das Zimmer.
    Anna schaute auf die Tür. Mit einem Mal begann die Maserung zu wirbeln. Aus den dunklen Eichenbrettern traten eigenartige Umrisse hervor. Eine blasse Hand, die einen Blumenstrauß hielt. Die Frau mit den verzweifelten Augen. Und dann war da wieder dieses eine geflüsterte Wort: »Anna.«
    Scheinbar war es weder den Toten noch den Lebenden gegönnt, in Frieden zu ruhen.

52. KAPITEL
    M ason wünschte sich, er hätte eine Laterne mitgenommen, denn am Nachmittag hatte sich der Himmel plötzlich verdunkelt, schwere Wolken waren von Nordwesten wie die Rauchschwaden eines entfernen Präriefeuers hereingezogen. Wenigstens war er dem Haus und dem fragenden Blick von Miss Mamie entkommen. Er wollte nicht wieder in den Keller zurückkehren, zumindest so lange nicht, bis er wieder einen klaren Gedanken fassen konnte. Anna hatte recht, er war besessen und dahinter steckte weit mehr als nur das Streben nach Lob und Anerkennung.
    Er ging die Straße entlang in Richtung Scheune. Es war Zeit für Ransom, die Pferde zu füttern und zu striegeln. Vielleicht war Anna auch dort, um ihm zur Hand zu gehen. Wie Mason zog sie wahrscheinlich auch die Gesellschaft des alten Mannes aus den Bergen diesen lärmenden Nachtschwärmern auf dem Anwesen vor. Und sie war verrückt nach Pferden.
    Wenn er sie sah, könnte er sich entschuldigen und Klartext reden. Vielleicht versuchen, sie zu verstehen. Sie wusste mehr als sie zugab und im Gegensatz zu den anderen Gästen hatte sie bemerkt, dass auf Korban Manor etwas wirklich Seltsames vor sich ging. Und die beiden hatte noch etwas anderes gemeinsam.
    Obwohl sie geschickt versuchte, es zu vertuschen, wurde nämlich auch sie in ihrem tiefsten Inneren von unendlichen Qualen heimgesucht, unter ihrer scheinbar ruhigen Oberfläche loderte ein brodelnder Vulkan. Vielleicht schaute er aber auch einfach nur gern in ihre kobaltblauen Augen und hatte sich seinen Fantasien hingegeben. Seine Fantasie war für ihn schon immer Segen und Fluch zugleich gewesen. War sowohl seine Rettung vor einem Leben in der Textilfabrik von Sawyer Creek als auch der Dämon, der ihn bei vollem Bewusstsein drangsalierte und auch noch in unzähligen Träumen heimsuchte.
    Er folgte dem Verlauf des Zaunes und hielt noch einmal inne, um zum Haus zurückzuschauen. Mehrere der Fenster waren beleuchtet, aber ein Großteil der Fassade war finster und nichtssagend. In der Ferne waren einige hohe Pianonoten zu hören. Er sah hoch zum Dach zu der flachen Stelle über den Giebelfenstern, wo das Geländer den Witwensteg abgrenzte. Ein paar Gestalten huschten hinter der weißen Brüstung hin und her, wahrscheinlich das Dienstpersonal, das mit den Vorbereitungen für die Party beschäftigt war. Mason verglich die reale Kulisse mit dem Gemälde aus dem Keller.
    Es bestand kein Zweifel. In Wirklichkeit war alles noch viel gruseliger. Er kaufte es Anna nicht ab, dass sie noch niemals hier gewesen war, auch wenn Korban das Bild Jahrzehnte vor ihrer Geburt gemalt haben musste. Mason hatte sich ihr Gesicht gut genug eingeprägt, um zu wissen, dass es nur Anna sein konnte, die da oben in einem Kleid aus Spitze und mit einem Blumenstrauß in der Hand durch den Nebel lief.
    Auch Miss Mamie schien das Bild nicht zu mögen. Fast hätte man denken können, sie fürchtete sich vor dem Gemälde, auch wenn sie Korban ganz offensichtlich verehrte. Er schüttelte den Kopf. Warum drängte sie ihn nur so hartnäckig darauf, dass er diese Statue fertigstellte? Sie war weit mehr erpicht darauf als Mason selbst, so als ob sie ihren eigenen Kritikern gerecht werden musste.
    Er steckte die Hände in die Hosentaschen. Der Wald schien plötzlich näher und dunkler, als ob er in einem unbeobachteten Moment gewandert wäre. Aus einer Baumgruppe zu seiner Rechten heulte eine Eule auf. Er ging ein wenig schneller.
    Fantasie.
    Okay, Mase. Traumbild. Korban im Gehirn.
    Der Traum war absoluter Schwachsinn, ein stinkender Haufen irgendeines Etwas, in das er gerade hineingetreten war. Er erblickte die Scheune, durch deren offenes Tor

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