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Die Tunnel der Seele

Die Tunnel der Seele

Titel: Die Tunnel der Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Nicholson
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Muse. Unter schmerzhaftem Stöhnen fiel sie zurück auf das Bett, ein Arm prallte gegen das Messinggestell, der andere Arm plumpste auf ihre Brust. Aus ihrem Mund und ihrer Nase quoll Blut, ihre Wange glühte feuerrot vom Hieb in ihr Gesicht. Sie starrte ihn an und aus ihrem Blick sprach die ganze Strenge von Eileen Foxx.
    Er konnte ihr nicht in die Augen sehen.
    Ephram lächelte
. Ephram, dem er die geistigen Ergüsse von
Die Jahreszeiten des Schlafes
verdankte. Ephram, der ein Verbündeter in einem Universum voller kleinkarierter Fünftklässler war, die niemals verstehen würden.
    Es war nicht so, dass er bei Frauen keinen Schlag hatte oder dass seine Tiraden holprig waren. Es lag nicht an ihm. Es war keine Schwachstelle in seiner Stilistik. Die Schuld war seit jeher bei
ihnen
zu suchen.
    Sie
standen zwischen ihm und der Erleuchtung, versperrten ihm den hell strahlenden Weg zu dem einen wahren WORT. Wer braucht schon reine körperliche Lust? Wer diese unstillbare Begierde, dieses hemmungslose Verlangen?
    Wenn man mit dem WORT verschmelzen wollte, dann musste man dieser Zügellosigkeit abschwören. Diese Vereinigung in ihrer reinsten, ureigensten Form erlebt man nur, wenn man auf jegliche Form der Ablenkung verzichtet.
    Spence legte seine Finger auf die kalten Tasten der Schreibmaschine. Die Laterne auf dem Tisch flackerte zustimmend, der Kamin loderte in glühender Erregung. Noch einmal schaute er zu Ephram, blickte dann auf die leere Seite, die Verbündeter und Feind zugleich war.
    Er vernahm kaum, dass sich die Tür hinter seinem Rücken schloss. Er drückte die Finger nach unten, auf der Suche nach dem einen wahren Gott, dem WORT. Wie von einer fremden Macht bestimmt, glitten seine Hände über die Tasten.

31. KAPITEL
    M üde, aber fest entschlossen wankte Anna durch den Wald; die geisterhafte Gestalt stets im Blick. Die Sonne war untergegangen und hatte dem Mond das Feld geräumt, der nur als kleine Sichel am Firmament zu sehen war und gerade so viel Licht spendete, dass man auf den Lichtungen und Wiesen die Orientierung nicht verlor. Durch das Dickicht der Baumwipfel drangen seine Strahlen jedoch nicht hindurch, und so war der Waldboden von dunklen, kalten Schatten überzogen, ringsherum nichts als tiefste Finsternis.
    Der Geist der Frau tauchte immer wieder für einen kurzen Moment auf, um danach erneut ins Nichts zu verschwinden, fast so, als ob er darum kämpfte, existieren zu dürfen. Anna hatte schon mehrmals nach der Gestalt gerufen, aber nicht einmal der Wind gab in dieser Totenstille eine Antwort. Kein Laut war zu hören, selbst die Grillen schienen vor Furcht in die hintersten Winkel zu flüchten. Die Luft war frostig und auf den Blättern, die Annas Gesicht und Schultern streiften, hatte sich eine dicke Schicht Tau gebildet. Es schien, als ob dieses Versteckspiel kein Ende nähme und Anna dem Geist bis in alle Ewigkeit auf den Fersen sein würde, beide vereint im Fegefeuer der Einsamkeit.
    Zunächst dachte Anna, die Frau würde sie zu der Hütte führen, wo sie damals in ihrer ersten Nacht auf Korban Manor den Geist des jungen Mädchens erblickt hatte. Als sie aber die Wiese unterhalb der Hütte erreicht hatten, drängte ihre tote Begleiterin weiter nach oben, die schroffen Hügel hinauf in Richtung Beechy Gap. Anna bahnte sich ihren Weg zwischen Granitblöcken hindurch, die wie angewurzelt aus dem Boden ragten. Je steiler und abschüssiger der Bergpfad wurde, umso karger wurde auch die Vegetation. Dichte, üppige Laubwälder wichen verkümmerten Tannen und Kiefern, die einsam verstreut an den Hängen wuchsen.
    Anna hetzte über einen langen, flachen Felsvorsprung auf der höchsten Erhebung des Bergrückens, zu ihren Füßen die unendlichen Weiten eines Gipfelmeeres, das sich scheinbar bis zum Horizont erstreckte. Das Rauschen des Windes versuchte sich Gehör zu verschaffen, gab sich dann aber geschlagen und sank klanglos zu Boden.
    Die Bäume hier oben waren viel dünner und der Atem aus ihrem Mund stieg in der Luft auf wie der Rauch ihrer Seele. Die wenigen Sterne, die kläglich am kalten Nachthimmel leuchteten, spendeten ihr kein Gefühl von Behaglichkeit. Sie war mutterseelenallein, abgesehen von der durchsichtigen Frau, die über den steinigen Bergkamm durch die eisige Luft schwebte und ihr mit einem Wink mit dem Blumenstrauß zu verstehen gab, ihren Weg fortzusetzen.
    Anna leuchtete mit ihrer Taschenlampe über einen Haufen umgefallener Pfähle und zersplitterter Bretter, die auf einem

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