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Die Tunnel der Seele

Die Tunnel der Seele

Titel: Die Tunnel der Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Nicholson
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sagte, ich könne den Weinkeller dafür benutzen. Hier unten ist es ja dunkel genug, finden Sie nicht auch?«
    »Und warm. Wahrscheinlich wird der Hausofen volle Kanne befeuert. Er steht da drüben auf der anderen Seite der Wand. Alle drei bis vier Stunden hört man, wie jemand Holz nachlegt.«
    »Dieser Korban war wohl nicht gerade der Typ, der sich für den Schutz unserer Wälder einsetzt.«
    Erneut betrachtete Mason die Statue. »Klingt vielleicht verrückt, aber mitunter ist er ja
selbst
der Wald.«
    »Gehen Sie mal an die frische Luft, Mason. Sie fangen an, wirres Zeug zu reden.«
    »Ja, vielleicht haben Sie recht.«
    »Entspannen Sie sich, haben Sie ein bisschen Spaß.« Roth grinste listig wie ein Fuchs. »Versuchen Sie mal Ihr Glück bei diesem Paradiesvogel Anna. Sie ist genau Ihre Kragenweite.«
    »Nein, danke. Ich habe schon genug um die Ohren. Ich geh lieber was essen, damit ich dann hier weitermachen kann.«
    Auf den Treppen warf Mason einen letzten Blick auf die Statue, die Ephram Korban werden würde. Mit diesem Werk würde er brillieren. Dennis Graves würde vor Eifersucht und Neid seinen Hammer verschlingen. Schon bald würde sich seine Kreation in ihrer ganzen gottesgleichen Herrlichkeit offenbaren.

43. KAPITEL
    S pence musste weinen.
    Die Schönheit und Eleganz seiner Prosa fegten über ihn wie die finstere Flut in seinem Roman. Er fühlte es kommen. Mit jedem Satz, jeder Präposition, jedem Satzzeichen näherte er sich dem WORT.
    Sein Tippen brachte die Tasten zum Singen, das »Ping« am Ende jeder Zeile verkündete melodisch die bevorstehende Herrlichkeit. Das Sonnenlicht, das durch das Fenster drang, erhellte den Raum. Dennoch konnte Spence die Seite kaum sehen, so dicht war sein Tränenschleier. Aber er musste auch nichts sehen. Der Ghostwriter in ihm nötigte seine Finger, ließ sie über die Tastatur fliegen, zwang die Worte, die schon längst nicht mehr seine eigenen waren, aus ihm heraus.
    Spence fragte sich, ob es irgendeinen Unterschied machen würde. Das Wort
Autor
war vom Wort Autorität abgeleitet. Er war schon immer stolz darauf gewesen, dass er die Sprache meisterte, sie im wahrsten Sinne des Wortes beherrschte. Dass er mit den Buchstaben jonglieren, mit Worten verzaubern konnte. Dass Verben und Substantive ihm kunstfertig aufs Papier glitten. Aber hier ging es um das Schreiben frei von jeden Hemmungen, um die tiefere Sprache, um die feinen Diskrepanzen zwischen den gesprochenen und gedachten Worten. Hier ging es darum, den Kern der Wahrheit ans Licht zu bringen.
    Er bekam kaum mit, dass Bridget auf dem Bett lag. Er würde sich später, bei Einbruch der Dunkelheit, um sie kümmern. Sein Körper erstarkte wieder, durch seine Adern floss frisches Blut, seine Motivation trug neue Früchte. Das Geschenk und der Segen des WORTES. Schon immer hat der Akt des Opferns denjenigen beflügelt, der das Opfer bringt.
    Das Zimmer war kalt. Auch das Feuer, das den Kamin heraufkroch, als ob es sich nach der Freiheit des Himmels sehnte, spendete keine Wärme. Seine Finger prickelten vor Kälte, waren fast schon taub. Trotzdem hämmerten sie immer weiter in die Tasten, klirrten auf der Schreibmaschine wie Eiswürfel in einem Glas. Ephram Korban blickte vom Porträt auf Spence herab. In seinen dunklen Augen spiegelten sich die Drehungen und Wendungen der Handlung, er war seine Inspirationsquelle schlechthin.
    Bridget kann warten, ungeduldig und leidend im warmen Bett. In diesem Moment zählte nur die Seite. Die letzte Seite.
    Spence seufzte. Das Ende war immer wie ein kleiner Tod.
    Diese bittersüßen Worte. »Ende.«
    Vielleicht war Ende das eine wahre WORT.
    Das einzige Wort, das jemals bedeutend war.

44. KAPITEL
    B ei Annas Rückkehr hatte sich das Anwesen scheinbar nicht verändert, alles schien beim Alten geblieben zu sein. Das Haus hieß sie willkommen mit seinen dunklen, vertäfelten Wänden, seinen hohen Decken und dem Feuer, das im Kamin im Foyer loderte. Und natürlich wurde sie von Korban in Empfang genommen, vom gütigen alten Ephram, von
Großvater
Ephram, der sie wachsam von seinem Ehrenplatz auf dem Kaminsims anlächelte.
    Vielleicht gehörte sie hierher. So wie sie überall hingehörte. Letztlich gehörte sie nirgendwo hin. Und Korban Manor war das Ende der Welt, der Ort, an dem Anna ihre letzten Tage verbringen durfte. Wo sie im tiefsten, bitterkalten Winter über die windgepeitschten Bergrücken der Appalachen wanderte. Wenn sie hier oben starb, würde ihre Seele ihrer wahren

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