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Die Ueberbuchte

Die Ueberbuchte

Titel: Die Ueberbuchte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Rawolle
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Denn selbst Leipzig hat, auch wenn du daran zweifeln solltest, einige hübsche Ecken zu bieten.«
    »Oh, seit ich dich kenne, sehe ich den Osten mit ganz anderen Augen an!«
    »Ich verstehe, du hattest uns also auch für Höhlenmenschen gehalten«, lachte sie.
    »Ganz so schlimm zwar nicht, aber doch …«
    Sie legte ihm den Finger auf den Mund. »Bitte sprichs nicht aus, ich bin in dieser Beziehung, wie wohl die meisten Ostdeutschen, etwas empfindlich.«
    »Was ich neuerdings sogar verstehen kann«, sagte er und erhob sich.
    Vom ausgedehnten Spaziergang zurückgekehrt, zog Lena noch auf halber Treppe mit schmerzverzogener Miene ihre Schuhe aus. »Wie konnte ich nur diese engen Schuhe anziehen!« lamentierte sie.
    »Ach du Ärmste«, sagte Knut voller Mitleid und nahm ihr die Schuhe ab, die er nun näher betrachtete. Er lächelte. »Kein Wunder, dieser Schuh taugt nun wirklich nicht für einen längeren Spaziergang.« Er schmunzelte verschmitzt. »Obwohl, sehr schön sieht er schon aus …«
    Sie drohte ihm mit dem Finger. »Natürlich, wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen. Aber dafür gehe ich heute auch keinen Schritt mehr.«
    »Nein …?« Seine Stimme klang enttäuscht.
    »Ach ja«, fasste sich Lena erinnernd an den Kopf, »wir sind ja bei Ruth zum Abendessen eingeladen – das hätte ich fast vergessen.«
    Knut antwortete nicht darauf, da er sehr wohl spürte, dass sie die Einladung ihrer Freundin keineswegs vergessen hatte. Denn ihr bewusstes Zögern an jenem Abend, war ihm keinesfalls entgangen – wie auch der verkniffene, schmollende Zug um ihre Mundwinkel nicht. Er fasste nach ihrer Hand und sagte: »Komm, setz dich zu mir und ruh dich noch etwas aus.«
    Doch da klingelte das Telefon. Sie seufzte ergeben und eilte barfuß in ihr Arbeitszimmer.
    »Es war Ruth, wir sollen etwas früher kommen, weil sie nicht gern so spät essen möchte«, erklärte sie, als sie zu ihm zurückkehrte. Und mit spöttischen Augenzwinkern fügte sie hinzu: »Wohl eher aus Schönheitsgründen.«
    »Wieso aus Schönheitsgründen?«, fragte er unbefangen.
    »Na ja, oder eben aus Gewichtsproblemen.«
    »So ein Blödsinn, sie ist doch goldrichtig!«
    »Findest du …?«
    »Ja. Ein bisschen voller halt, aber genau das macht sie so gemütlich – irgendwie fraulicher.«
    »Aha.« Sie warf ihm aus den Augenwinkeln einen fragenden Blick zu. »Und wie findest du dann mich? Sag aber jetzt bloß nicht, wie eine …«
    »Na, was …?«, verschloss er ihre Lippen mit einem innigen Kuss.
    Schließlich drängte sie ihn sanft zurück. »Knut, das ist unfair, mich derart zu überrumpeln!«
    »Gar nicht, du hast etwas wissen wollen und das habe ich dir zu beantworten versucht.«
    »Natürlich, so kann man es auch nennen«, lachte sie. »Du musst aber dennoch entschuldigen, denn ich muss mich jetzt umziehen.«
    Gerade als sie das Wohnzimmer verlassen wollte, rief Knut: »Muss ich mich etwa auch umziehen?«
    Sie antwortete über die Schulter hinweg: »Das, mein Bester, bleibt ganz allein dir überlassen.«
    Auf der Fahrt zu Ruth, raunte er ihr leise, damit der Taxifahrer es nicht hören konnte, ins Ohr: »Du siehst umwerfend aus.«
    »Danke«, erwiderte sie mit freudig geröteten Wangen. Und weil ein heißes Glücksgefühl sie durchströmte, lehnte sie sich fester an ihn. Er spürte es, und legte behutsam den Arm um ihre Schultern, so dass sie ihm ganz nahe war.
    Am liebsten wäre sie noch eine Weile so weitergefahren, doch der Fahrer hielt an und sagte: »So, da wären wir!«
    Als sie ausgestiegen waren, sah sich Knut verdutzt um. »Hier also wohnt Ruth.« Er schüttelte ungläubig den Kopf. »Das hier überhaupt einer wohnen mag.«
    »Tu doch nicht so, als ob es bei euch keine solchen altertümlichen Viertel mehr gibt.«
    »Nun, und wenn schon, dann aber wohnen da zumindest keine solchen Leute wie Ruth zum Beispiel.«
    Lena vermied es zu antworten.
    Jedoch im finsteren, muffigen Treppenhaus, wo der Putz vom salpeterhaltigen Mauerwerk rieselte und schwarze, übel riechende Schimmelflecken die Luft verpesteten, konnte er anscheinend nicht länger an sich halten, denn er rief mit verhaltenen Entsetzen: »Das ist ja schrecklich! Wie kann einer nur hier wohnen?!«
    »Lass mal«, versuchte sie ihn zu beruhigen, »die Wohnungen selbst sind nämlich gar nicht so schlecht.« Sie läutete an der hohen, mit hübschen Butzenscheiben versehenen Korridortür.
    Ruth begrüßte sie mit überschwänglicher Freude und zeigte mit ausgestreckten

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