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Die Ueberbuchte

Die Ueberbuchte

Titel: Die Ueberbuchte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Rawolle
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Blick: »Sie übertreibt …«
    »Ach ja …?«, fixierte sie ihn mit einem eigentümlichen, hintergründigen Lächeln. Sie drehte sich in halber Umdrehung herum, küsste Uwe spontan auf die Wange und sagte: »Dann eben nicht.«
    Obwohl Knut aus Janes unausgegorenem Verhalten nicht so recht schlau werden konnte, wollte er keinesfalls an einer sich vertiefenden Missstimmung schuldig machen. Deshalb sagte er in möglichst unverfänglichen Tonfall: »Jedenfalls ist es recht beruhigend zu wissen, dass ich kein allzu Fremder für euch bin.«
    Da trat Edda zu ihnen heran und wandte sich speziell an Uwe: »Kannst du mir eben mal helfen?«
    Uwe nickte und folgte seiner Mutter ins Haus.
    »Und wir, laufen wir ein Stück?«, fragte Jane.
    »Gern.«
    »Einen Moment noch, ich hole nur schnell meine Jacke.«
    Knut blieb abwartend stehen.
    »So, jetzt können wir.« Sie hakte sich bei Knut unter.
    Etwas verunsichert blickte Knut sich um. »Meinen Sie nicht, dass wir Uwe hätten Bescheid sagen müssen?«
    »Nein, warum denn.« Und leiser fügte sie hinzu: »Er hat sowieso nie Zeit für mich – wenn ich hier bin.«
    Am Tonfall war unschwer die Enttäuschung herauszuhören.
    Eine Weile schwiegen sie.
    Erst als das Gehöft außer Sichtweite war, zog Jane brüsk ihren Arm zurück. Ihr Gang lockerte sich. Sie wurde plötzlich ganz junges Mädchen. Eine seltsame Veränderung, die Knut nicht sofort einzuordnen verstand. Er fühlte nur, dass dieses junge Mädchen da, ein völlig anderes, ein zwar selbstbewusstes, aber dennoch tief verletzbares, schutzbedürftiges Wesen darstellte. Er sah, wie ihre dunklen Haare wild im Wind flatterten, und ihre schlanke Gestalt, in fast schwebender Leichtigkeit den Boden kaum zu berühren schien; und doch war da etwas, das ihn seltsam berührte, ihn wehmütig, irgendwie melancholisch stimmte. Vielleicht auch nur so ein Merkmal seiner altersbedingten Erfahrung, die ihn ahnen ließ, wie unglücklich dieses schöne Menschenkind im Grunde sein mochte. Und was noch belastender an diesem Gedanken war, war der Grund, den er zu kennen glaubte.
    Plötzlich verhielt Jane ihren Schritt, blieb unmittelbar vor ihm stehen und sah ihn mit schräg geneigtem Kopf fragend an – sagte aber dennoch nichts. Mit einer energischen Handbewegung strich sie die losen Haare aus dem Gesicht, wobei die Lippen leicht zuckten und die Augen einen feuchten Glanz bekamen; aber nicht etwa aus Trauer, wie zu vermuten gewesen wäre, nein, eher aus Zorn, aus tief verletzten Stolz. Nun aber brach es bitter aus ihr heraus: »Sie tun alles, um Uwe von mir fernzuhalten! Sie wollen nicht, dass wir zusammen sind!«
    Von Janes heftigen Gemütsausbruch unangenehm berührt, wollte ihm auf die Schnelle gar nichts Rechtes einfallen, weder etwas Aufbauendes noch etwas Tröstliches. Wahrscheinlich sah er auch ziemlich hilflos drein, denn auf ihrem eben noch zornigen, fast schon leidenden Gesicht, machte sich plötzlich ein amüsiert spöttischer Zug breit, als sie erwiderte: »Keine Angst, ich …«, brach sie abrupt den Satz ab, winkte verächtlich mit der Hand ab und lief rasch weiter.
    Knut folgte ihr, und als er sie erreicht hatte, hielt er sie am Arm fest und blickte sie ernst an. »Ich weiß sehr gut was in dir vor sich geht.« Dabei unbemerkt das Du verwendend, sprach er weiter: »Aber ich muss dir auch offen gestehen, dass mich euer Verhältnis schon einigermaßen überrascht.«
    »Ach ja?« Sie warf jäh den Kopf in den Nacken und funkelte ihn mit verletzten zornigen Augen an. »Und was bitteschön überrascht dich daran?«, fragte sie erregt, ihn ebenfalls duzend.
    »Einiges.«
    »Und was genau?«, drängte sie, ohne ihn dabei anzusehen. Selbst ihre Ungeduld verriet nichts anderes als Unsicherheit.
    »Willst du das tatsächlich wissen?«
    Und ohne zu zögern antwortete sie: »Ja.«
    »Wozu eigentlich, du weißt es doch selbst am besten.«
    »Ich sehe schon, du versuchst zu kneifen«, erwiderte sie unwillig.
    »Unsinn! Ich versteh nur nicht, wieso es ausgerechnet Uwe sein muss, wo du doch ungehindert auswählen kannst? Wobei du dir nicht einmal Mühe zu geben brauchst, so wie du aussiehst.«
    »Eben, mein Lieber, das hast du ausnahmsweise richtig erkannt. Und wie du weißt, habe ich schon einmal gewählt – und mich gründlich verwählt. Mein Bedarf an der angeblich nie endenden, ach so großen, wundervollen Liebe, ist für alle Zeit gedeckt.« Ihre Augen wurden schmal und ihr Gesicht verdüsterte sich. »Wer daran glaubt, ist selber schuld.«

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