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Die Ueberbuchte

Die Ueberbuchte

Titel: Die Ueberbuchte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Rawolle
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Rückenstärkung erhoffte.
    Am liebsten hätte er seine Zusage rückgängig gemacht, aber das war schlichtweg unmöglich, um nicht vollkommen unhöflich zu erscheinen.
    Also zog er sich um, da Franziska auf ein gepflegtes Ambiente größten Wert legte.
    Wider erwarten fand er seine Schwägerin in relativ heiterer Stimmung vor, wenn auch etwas gekünstelt, reserviert. Sie hatte ein hochgeschlossenes, mattblaues Wollkleid an, das ihr ausgezeichnet stand. Es war kaum zu übersehen, dass sie sich mit ihrem Aussehen besonders viel Mühe gegeben hatte – obwohl das bei ihr völlig überflüssig war, so wie sie aussah. Doch selbst der sorgsam gedeckte Tisch, sprach ganz gewiss seine eigene, auf ihren exzellenten Geschmack abgezielte Sprache.
    Wie immer, ließ sich Knut nicht zweimal bitten und langte kräftig zu. So konnte er auch nur ehrlich begeistert sagen: »Liebe Franziska, du verstehst es immer wieder, deine Gäste aufs Vortrefflichste zu überraschen.«
    »Danke, du Schmeichler«, erwiderte sie lachend.
    Während des Essens blieb die Unterhaltung mehr oder weniger auf oberflächliche Belanglosigkeiten beschränkt, die somit eine direkt zwanglose, wenn nicht gar heitere Atmosphäre schaffte. Außerdem tat der edle Wein sein übriges. Mit anderen Worten, sie erlebten einen durch und durch gemütlichen Abend. Und Knut wurde das bestimmte Gefühl nicht los, dass zwischen den beiden eine diesbezügliche Absprache stattgefunden haben musste, die einzuhalten sich beide die größte Mühe gaben.
    Doch gleich nach Mitternacht, begann sich bei Franziska die Müdigkeit einzustellen. Sie wurde immer ruhiger, gähnte mitunter verstohlen, mit einem Wort, es war ihr die Schläfrigkeit bei jeder Geste anzumerken.
    Arne ging deshalb zu ihr, beugte sich über sie, um sie zärtlich zu küssen, und sagte im fast väterlichen Ton: »Mein Liebling, ich sehe doch, wie dir vor lauter Müdigkeit die Augen zufallen; du solltest besser Schlafengehen.«
    Sie nickte ergeben und verschwand mit einem leisen »Gute Nacht ihr beide!«
    Als Franziska gegangen war, öffnete Arne noch eine Flasche von dem köstlichen Wein. »Wer weiß, wann wir wieder einmal so gemütlich beisammensitzen«, sagte Arne und reichte Knut das nachgefüllte Glas hin.
    »Es freut mich vor allem, dass Franziska ihre anfängliche Enttäuschung so trefflich überwunden hat.«
    »Wohl eher Taktik …«, bemerkte Arne.
    »Ach, glaubst du wirklich?«
    »Ja, leider.«
    »Dann ist also …«, brach Knut plötzlich ab.
    »Alles wie gehabt, wolltest du doch sagen, nicht wahr?«
    »Ja, so ähnlich«, gab Knut zu.
    Sie schwiegen.
    »Weißt du was, mir wollen einfach deine Worte von heute Nachmittag nicht aus den Kopf gehen«, bekannte Knut nach einer Weile. »Mir scheint, ich, überhaupt die meisten hier im Westen, wissen gar nicht so recht was da vor sich gegangen ist. Das Einzige, was wir wirklich wissen, ist eigentlich nur, dass ein Großteil unserer Steuergelder in den Osten fließt, um dort die Wirtschaft wieder auf Vordermann zu bringen. Na schön – das muss wohl auch so sein.« Er überlegte eine Weile, ehe er fortfuhr: »Da drängt sich einem aber doch ganz unwillkürlich die Frage auf, dass das womöglich zu einem Fass ohne Boden führen könnte? Es ist schließlich unser Geld, dass wir uns mit harter Arbeit erarbeitet haben.«
    »Sicherlich, das stimmt schon – aber leider nur zu einem Teil. Denn damals, als die Grenzen geöffnet wurden, waren nämlich wir es, die gnadenlos an diesem unverhofften Geschäft verdient haben. Es ging ja sogar so weit, dass die Gewerkschaften, wohl im guten Glauben, der Reichtum würde noch eine Weile anhalten, ein gutes Stück davon für die Allgemeinheit abzweigten, was damals sicherlich verständlich erschien. Doch nun, da die segensreiche Quelle der ungebremsten Nachfrage aus dem Osten zu versiegen droht, begann schlagartig das große Jammern. Zwar nicht nur im Westen, zum Teil auch im Osten, weil der Traum von der schnellen Angleichung in endlose Ferne zu rücken scheint.«
    »Na also«, lachte Knut, »damit gibst du doch selbst zu, dass wir die ganze Zeit über die Ostdeutschen mit ernährt haben.«
    »Ja, so könnte man es auch sehen«, nickte Arne. »Aber was nun beginnt, mein Lieber, ist der uns allen wohlbekannte marktwirtschaftliche Kampf; von dem die Ostdeutschen wiederum, absolut noch keine Ahnung haben. Also was lag näher, als möglichst ohne viel Geschrei, den Markt so lukrativ wie möglich unter sich aufzuteilen, je eher je

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