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Die Ueberlebende

Die Ueberlebende

Titel: Die Ueberlebende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kishwar Desai
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heiler Haut davongekommen war. Und dann ließ sie auch noch diese merkwürdigen Andeutungen fallen. Außerdem war sie die Erste gewesen, die mich auf die Irrenanstalt gestoßen hatte. Wenn das stimmte, hatte sie es äußerst geschickt eingefädelt.
    Mein Handy klingelte. Es war Harpreet Singh. Er hatte einen Brief für mich bekommen, von Binny. Wenn man vom Teufel spricht … Ich machte für den nächsten Tag eine Verabredung aus. Dann lauschte ich dem Geräusch, mit dem der Zug am Bahnsteig entlangratterte, und versuchte, mich zu entspannen.
    â—† ◆ ◆
    An [email protected]
    Liebe Simran, es wird dich freuen zu hören, dass ich gestern Abend eine Tochter bekommen habe. Bitte sag es auch Durga. Das wird sie toll finden.
    Pass auf dich auf, Binny
    PS: Diese Nachricht wurde versandt von Binnys Mutter. Mein Name ist Santosh. Ich hoffe, es macht Ihnen nichts aus, dass ich Ihnen in Binnys Namen geschrieben habe, aber sie wollte unbedingt, dass Sie es gleich erfahren.
    An [email protected]
    Liebe Santosh,
    vielen Dank für die Nachricht. Herzlichen Glückwunsch! Und richten Sie Binny doch bitte aus, dass ich die Nachricht an Durga weiterleiten werde. Ich hoffe, ihr und dem Baby geht es gut.
    Simran

8. KAPITEL
    18. September 2007
    Natürlich hat sie mir gefehlt. Sie haben alles, was ihr gehört, aus meinem Zimmer entfernt – ihre Kleider, ihre Bücher. Es war, als hätte sie niemals existiert. Wenn sich irgendwer nach ihr erkundigte, sagten sie, es ginge ihr nicht gut und sie wäre zur Behandlung. Ehrlich gesagt, habe sogar ich das eine Weile lang geglaubt. Natürlich wusste ich von dem Baby, aber ich konnte nicht danach fragen, denn dumm, wie ich war, glaubte ich ja, es wäre ein Geheimnis nur zwischen mir und ihr und dass niemand anders es je herausfinden würde.
    Eines Tages meinte ich, sie beim Anbau, einem kleinen, einstöckigen Gebäude hinter dem großen Haus, gesehen zu haben. Man konnte von meinem Zimmer aus gerade eben einen Blick in diese Ecke erhaschen. Das war an einem Morgen gewesen, als ich mich fertigmachte, um in die Schule zu gehen. Oder zumindest war es jemand, die aussah wie sie – sie hatte sehr kurzes Haar und war sehr dünn, also war ich mir nicht sicher. Diese Person wurde dann von meinem Vater ins Haus geholt, und Manubhai rief den Fahrer, damit er mich in die Schule brachte.
    Du fragst dich vielleicht, warum ich nie bei dem Anbau nachgeschaut habe. Aber ein paar Jahre zuvor war dort jemand getötet worden, und deswegen ging niemand von uns gerne dorthin. Die Diener hatten Sharda und mir von dem Blut erzählt, das überall auf die Mauer gespritzt war. Sie sagten, es sei ein Terrorist gewesen, den man dort gestellt hatte.
    Ich glaube, ich wollte auch nicht, dass sich jemand über mich ärgert. Nachdem sie fort war, lebte ich in einem Zustand solcher Anspannung, dass die Atmosphäre im Haus mich beinahe erstickte. Ich wollte nicht alles noch schlimmer machen, indem ich irgendwie auffiel. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich wirklich geglaubt, ihr – und dem Baby – würde nichts zustoßen, solange wir uns nur so verhielten, als wäre nichts gewesen.
    Dann, eines Tages … ich erinnere noch ganz genau, wie mein Vater sich an den Esstisch setzte und verkündete: »Es wird ein Junge.«
    Meine Mutter sah ihn an, und es schien fast, als würde sie zum ersten Mal seit vielen Tagen lächeln. Ich stand in der Tür, und sie hatten mich gar nicht bemerkt. Meine Mahlzeiten wurden mir immer in mein Zimmer gebracht. Ich wurde nach wie vor bestraft.
    Â»Noch weitere sechs Monate.«
    Dann sah meine Mutter mich, stand auf und machte die Tür zu.
    Als dann Rahul zu uns kam, das Neugeborene, ein winzig kleines, mutterloses Ding, dachte ich, dass sie nun jeden Tag nach Hause kommen würde. Aber die Diener flüsterten und redeten hinter vorgehaltener Hand. Ich bekam mit, dass sie angeblich »besessen« war. Sie hatten es mit einer Teufelsaustreibung versucht. Dazu war extra ein alter Mann aus Hoshiarpur gekommen. Sie sah Dinge, die gar nicht da waren, und fing ohne Grund an zu schreien, vor allem, wenn mein Vater ins Zimmer trat. Sie hatte auch schon versucht wegzulaufen, so dass sie sie wieder einsperren mussten. Ihnen blieb keine andere Wahl:
    Ein Mädchen, wunderschön geboren. Kudi kharaab ho gayee.
    Die Vorstellung, dass ein Mädchen verderben konnte, so, wie Milch gerann, war

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