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Die Überlebenden der Kerry Dancer

Die Überlebenden der Kerry Dancer

Titel: Die Überlebenden der Kerry Dancer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
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ein Wellental und hob sich im nächsten Augenblick fast bis auf gleiche Höhe mit der Reling des Achterdecks; die Männer im Boot kniffen die Augen zusammen und drehten die Köpfe beiseite, wenn das grelle Licht der Scheinwerfer auf sie fiel. Eben jetzt sah Nicolson, wie der Korporal die Reling losließ, in das Boot sprang, von Dochertee und Arnes ergriffen wurde und wie ein fallender Stein verschwand. Schon hatte McKinnon eine der Schwestern über die Reling gehoben und hielt sie dort fest, bereit für den Augenblick, in dem das Boot das nächste Mal auftauchte.
    Nicolson ging an die Reling, machte die Taschenlampe an und sah nach unten. Das Boot lag in einem Wellental und wurde jetzt gegen die Bordwand der Kerry Dancer geschmettert, ungeachtet aller Bemühungen der Besatzung, Abstand zu halten. Die beiden obersten Planken des Bootes waren bereits eingedrückt und gebrochen, doch der Dollbord aus hartem, amerikanischem Rüsternholz hielt noch. Vorn und achtern klammerten sich Farnholme und der Muselmann verzweifelt an die Leinen, die das Boot längsseits hielten, und bemühten sich mit allen Kräften, das Boot auf Position zu halten und gegen die Schläge der See und die Stöße der Kerry Dancer abzusichern; soweit sich das in der Verwirrung und der fast völligen Dunkelheit beurteilen ließ, stellte Nicolson fest, daß sie ihre Sache erstaunlich gut machten.
    »Sir!« Vannier stand neben ihm, zeigte mit dem Arm in die Finsternis und sagte mit aufgeregter Stimme: »Wir sind schon fast auf dem Felsen!«
    Nicolson richtete sich auf und starrte in die Richtung des zeigenden Armes. Es wetterleuchtete noch immer am Horizont, doch in der Dunkelheit zwischen den einzelnen Blitzen war es unschwer zu sehen: der langgestreckte, unregelmäßige Streifen weißen Gischts, aufleuchtend und wieder verblassend, weiß schäumend und vergehend in dem Rhythmus, wie sich die hohen Wogen an den der Küste vorgelagerten Felsen brachen. Nur noch zweihundert Meter entfernt, schätzte Nicolson, höchstens zweihundertundfünfzig; die Kerry Dancer war fast doppelt so schnell nach Süden getrieben, als er angenommen hatte. Einen Augenblick stand er unbeweglich und überschlug fieberhaft, welche Chancen noch blieben, dann taumelte er und wäre um ein Haar gefallen, als die Kerry Danker jetzt mit einem heftigen Ruck und dem kreischenden Geräusch kratzenden Metalls auf ein Unterwasserrif auflief und das Deck sich steil nach Backbordseite überneigte. Nicolson warf einen Blick auf McKinnon, der breitbeinig auf dem Deck stand und mit dem einen Arm eine der Schwestern festhielt, die außen vor der Reling stand, seine Zähne leuchteten weiß hinter den zurückgezogenen Lippen, und seine Augen waren zusammengekniffen zu einem schmalen Spalt, als er jetzt den Kopf herumdrehte und in das Licht der Scheinwerfer starrte. Nicolson wußte, daß McKinnon in diesem Augenblick den gleichen Gedanken hatte wie er.
    »Vannier!« Nicolsons Stimme war die drängende Eile anzuhören. »Holen Sie die Blinklampe aus dem Boot. Blinken Sie dem Kapitän, daß er Abstand halten soll, sagen Sie ihm, daß hier eine Untiefe ist mit Felsen, und daß wir festsitzen. Ferris – lösen Sie den Bootsmann ab. Hieven Sie die Leute ins Boot, egal wie. Wir sitzen vorn fest, und wenn das Schiff dreht und die Nase in die See steckt, dann bekommen wir keinen Schwanz mehr von Bord. Ja, McKinnon, kommen Sie mit.«
    Innerhalb von fünf Sekunden war er wieder im achteren Logis, McKinnon dicht hinter ihm. Er ließ den Schein seiner Taschenlampe einmal rasch über die metallenen Kojen gehen. Insgesamt noch acht – die fünf Verwundeten, die gehen konnten, Miss Drachmann und die zwei Schwerverletzten, die lang ausgestreckt auf den untersten Kojen lagen. Der eine atmete stoßweise, mit offenem Mund, stöhnte und warf sich in tiefem, durch Drogen herbeigeführtem Schlaf unruhig hin und her. Der andere lag sehr still, seine Atemzüge waren so flach, daß sie kaum wahrnehmbar waren, sein Gesicht war wächsern bleich; nur die langsam umherirrenden, schmerzerfüllten Augen ließen erkennen, daß er noch lebte.
    »Jetzt ihr fünf«, sagte Nicolson und zeigte auf die Soldaten. »Raus, so schnell Ihr könnt. Was zum Teufel denken Sie eigentlich, was hier los ist?« Er riß den Rucksack aus den Händen eines Soldaten, der sich gerade damit abmühte, die Arme durch die Trageriemen zu stecken, und warf ihn in die Ecke. »Sie können von Glück sagen, wenn Sie hier überhaupt lebend rauskommen, also

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