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Die Überlebenden der Kerry Dancer

Die Überlebenden der Kerry Dancer

Titel: Die Überlebenden der Kerry Dancer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
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mal nachsehen. Dutzende von den Dinger, tatsächlich Dutzende.«
    »Wovon reden Sie eigentlich?« fragte Nicolson irritiert.
    »Handgranaten – beutelweise. Der Bursche hier ist geradezu ein wandelndes Arsenal.«
    »Nehmen Sie die Dinger mit, ja? Es könnte sein, daß wir sie noch brauchen. Lassen Sie sich von jemandem dabei helfen.« Nicolson und McKinnon warteten, bis der letzte der Männer gegangen war, und wateten dann hinaus zu dem näheren der beiden Rettungsboote. Sie waren eben bei dem Boot angelangt, als aus der Dunkelheit im Süden zwei Maschinengewehre das Feuer eröffneten; sie schossen mit Leuchtspurmunition, die als grelle weiße Striche durch die Luft fuhr und mit einem bösartigen Plumps und in einem phosphoreszierenden Sprühregen verlosch, wenn die Kugeln auf das Wasser schlugen. Ab und zu prallte auch ein Querschläger von der Wasseroberfläche ab und schwirrte wimmernd durch die Dunkelheit; und noch seltener schlug ein Geschoß in das Holz des einen oder des anderen Rettungsbootes.
    McKinnon, der Länge nach hinter dem einen Rettungsboot ausgestreckt und nur mit dem Kopf über Wasser, berührte Nicolson am Arm. »Wozu soll das eigentlich gut sein, Sir?« Die Stimme mit dem weichen schottischen Akzent klang erstaunt, aber keineswegs beunruhigt. Nicolson grinste im Dunkeln vor sich hin.
    »Verdammt schwer zu sagen, Bootsmann. Es wäre aber immerhin denkbar, daß der Landungstrupp irgendein Zeichen geben sollte – etwa ein Blinkzeichen mit der Taschenlampe –, wenn er sicher an Land gelangt war. Jetzt hat es hier allerhand Lärm und Hin und Her gegeben, und unsere Freunde auf dem U-Boot wissen in ihrer Ungewißheit nicht mehr aus noch ein. Schließlich eröffnen sie in ihrer Verzweiflung das Feuer – und immer noch kein Blinkzeichen.«
    »Also, wenn sie weiter nichts wollen, warum sollen wir ihnen dann nicht eins geben?«
    Nicolson starrte den Bootsmann einen Augenblick an und lachte dann leise. »Genial, McKinnon, einfach genial. Wenn sie wirklich so durcheinander sein sollten, und wenn sie annehmen, daß ihre Kameraden an Land genauso durcheinander sind wie sie selbst, dann hat jedes beliebige Signal immerhin eine Chance, akzeptiert zu werden.«
    So war es. Nicolson hob die Hand über den Rand des Rettungsbootes, machte die Taschenlampe in unregelmäßigen Abständen an und wieder aus, und nahm dann den Arm eiligst wieder nach unten. Für jeden MG-Schützen, der darauf brannte abzudrücken, hätte dieses Lichtpünktchen wie die Erhörung eines Gebetes sein müssen. Doch aus der Dunkelheit kam kein Feuerstoß von Leuchtspurmunition auf sie zu. Im Gegenteil, beide Maschinengewehre stellten abrupt das Feuer ein, und die Nacht war plötzlich stumm und still. Es war, als sei alles ausgestorben, das Land so leer und tot und still wie das Meer; selbst die verschwommene Silhouette des U-Boots lag unbeweglich auf dem Wasser, schattenhaft und unwirklich, mehr zu ahnen als zu sehen.
    Jetzt noch verstohlen und heimlich zu Werke zu gehen, schien nicht nur unnötig, sondern sogar unklug. Ohne jede Hast standen die beiden Männer auf, gingen zu den Rettungsbooten und untersuchten sie im Licht der Taschenlampe. Nummer zwei, Sirans Boot, hatte mehrere Treffer, aber alle in den oberen Planken, und schien kaum oder gar nicht leck zu sein; mehrere der luftdichten Tanks waren durchlöchert, doch es waren immerhin noch so viele heilgeblieben, daß die Schwimmfähigkeit des Bootes weitgehend gesichert schien.
    Bei Nummer eins, dem Rettungsboot mit dem Motor, sah die Sache allerdings anders aus. Die Planken wiesen womöglich noch weniger Zufallstreffer auf, doch das Boot lag bereits tief in dem seichten Wasser und war bis über die Bodenbretter vollgelaufen. Das Wasser im Innern des Bootes war rötlich verfärbt vom Blut des schrecklich verstümmelten japanischen Matrosen, der schlaff über dem Rand hing. Unterhalb dieser kaum noch erkennbaren Reste eines menschlichen Wesens entdeckte Nicolson den eigentlichen Schaden. Die Handgranate, die dem toten Japaner die eine Hand und das halbe Gesicht weggerissen hatte, war auch auf Steuerbordseite glatt durch die Bodenplanken geschlagen. Nicolson richtete sich langsam wieder auf und sah zu McKinnon hin.
    »Ein Loch im Boden«, sagte er. »So groß, daß ich nicht nur den Kopf, sondern auch die Schultern durchstecken könnte. Dauert Tage, dieses verdammte Loch zu flicken.«
    Doch McKinnon schien nicht zuzuhören. Der Strahl der Taschenlampe war weitergewandert, und

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