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Die Ueberlebenden von Mogadischu

Titel: Die Ueberlebenden von Mogadischu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Rupps
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gesessen sind.
    Ja, das ist es eigentlich auch.
    Eine Gemeinschaft, die hält, bis der Tod sie scheidet.
    So wird es irgendwann kommen.
    (Beate Keller, 2011 )

307 Boeing 737  – Das »Zäpfchen«
    Im April 1977 schaltete die Deutsche Lufthansa eine doppelseitige Anzeige im Spiegel , um, wie sie es nannte, »Vogelkunde« zu betreiben. Sie stellte dabei nicht Spatzen und Rotkehlchen vor, sondern die aktuellen Flugzeugtypen und ihren Einsatz im Luftverkehr.
    Mindestens zwei dieser Typen hatten sich damals schon, als das Fliegen noch viel teurer und exklusiver war, in das öffentliche Bewusstsein geflogen, der Typ DC - 10 des amerikanischen Flugzeugbauers McDonnell Douglas und – natürlich – die Boeing 747 »Jumbo«. Der Name war angelehnt an Walt Disneys fliegenden Elefanten Dumbo.
    Die DC - 10 war laut »Vogelkunde« der Lufthansa, »der flüsternde Riese auf Langstrecken«. Zu den angegebenen Zielen – man sagte schon Destinationen – gehörte unter anderem der Flughafen Dubai im Gebiet des Scheichtums Vereinigte Arabische Emirate.
    Die DC - 10 war das Mittelklasseflugzeug seiner Zeit. Der Opel Rekord unter den Flugzeugtypen. Etliche Deutsche bestritten in einem Exemplar dieses Typs ihre erste Flugreise, sei es nach Athen, Hongkong oder New York. Die DC - 10 wurde zum Standardmotiv in deutschen Fotoalben: Der Gatte fotografierte seine winkende Gattin vor dem Abflug an der Gangway. Während des Fluges fotografierte er durch das Kabinenfenster die geschlossene Wolkendecke. Vor dem Aussteigen aus der Maschine nahm sich das Paar noch eine Postkarte mit einem Foto des Flugzeugtyps mit, die später im Familienkreis herumgezeigt und wie eine Trophäe aufbewahrt wurde.
    Fliegen bedeutete, weil es damals so teuer war, noch einen Markstein im Leben – man konnte es sich erst als Erwachsener leisten und würde schließlich nicht oft ein Flugzeug von innen sehen. Fliegen war mit anderen Worten noch etwas Einmaliges! Die Menschen erlebten es als besondere Erfahrung, im Flugzeug durch die Wolken zu stoßen und über den Wolken zu schweben. Häufig war Angst dabei, immer ein Kribbeln.
      308 Für das zweite bekannte Flugzeug jener Zeit bedurfte es keines Werbespruchs: »B- 747.   Der Jumbo. Auch im Komfort der Größte«, hieß es im Lufthansa-Text lapidar. Der Jumbo-Jet stellte die Mercedes-S-Klasse unter den Flugzeugtypen dar. Noch mehr als die in Technik und Design modernere Concorde, die man wegen der kleinen Stückzahl nur von Fotos und aus Filmen kannte, galt der Jumbo als »Supervogel«. Anders als ebenjene Concorde, die zwischen Paris beziehungsweise London und New York verkehrte, tauchte ein Jumbo-Exemplar auch auf mittelgroßen Flughäfen auf und zog Schaulustige in seinen Bann. Eine Landung auf einem kleinen Flughafen wie Stuttgart, wo die Landebahn für den Supervogel recht kurz war, wurde Tage zuvor in örtlichen Zeitungen angekündigt.
    Die Autoren der »Lufthansa-Vogelkunde« konnten zum Zeitpunkt der Veröffentlichung nicht ahnen, dass sechs Monate später ein anderer Flugzeugtyp zur – wenigstens zeitweise – bekanntesten Lufthansa-Maschine avancieren würde: die Boeing 737 als kleinster und am wenigsten eleganter Vogel in der Reihe. Im Vergleich zu allen größeren Maschinen, besonders zur DC - 10 und dem »Jumbo«, sieht sie kurz, gedrungen und etwas plump aus. Sie ist – um noch einmal den Vergleich mit Autotypen zu wählen – der Opel Kadett B, das Biedermannauto der sechziger Jahre. Sie zeigt Masse, nicht Klasse. Sie ist nicht schön, aber zuverlässig. Eigenschaften wie Robustheit, Direktheit zeichnen sie aus. Von Charme und Eleganz jedoch keine Spur.
    Die Deutsche Lufthansa, die schon Boeing-Typen für die Langstrecke im Programm hatte, wollte ihre Propellermaschinen auch auf der Kurzstrecke durch zweistrahlige Düsenjets ablösen. Die deutsche Airline brauchte einen kleinen, aber geräumigen Flugzeugtyp, den sie zwischen den mittelgroßen und großen Städten in Europa einsetzen konnte. Zum Beispiel zwischen Amsterdam, Barcelona, Brüssel, Düsseldorf, Frankfurt, Madrid, Mailand, Nürnberg, Paris, Prag, Rom, Stuttgart, Wien oder ­Zürich.
      309 Die Destination Palma ist in der »Lufthansa-Vogelkunde« ebenfalls erwähnt.
    Der neue Boeing-Typ fiel mit 73 Quadratmetern Fläche im Innenraum klein aus; er war kurz, denn er sollte nur eine kleinere Anzahl von Fluggästen transportieren, und plump, weil der Rumpf nicht weniger Durchmesser haben durfte als die anderen Maschinen.

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