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Die Übermacht - 9

Die Übermacht - 9

Titel: Die Übermacht - 9 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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wenigstens versucht zu haben.
    »Darf ich mich erkundigen, wie Eure Besprechung verlaufen ist, Euer Exzellenz?«, fragte Wyllym Rayno, der Erzbischof von Chiang-wu, vorsichtig.
    Er war vermutlich die einzige Person in ganz Zion, die es überhaupt gewagt hätte, diese Frage auszusprechen. Sein Mut erstaunte gerade angesichts der Gerüchte, die hinsichtlich von Greyghor Searoses schriftlichem Bericht überall im Tempel kursierten. Doch er war der Adjutant des Schueler-Ordens, und damit war er der Stellvertreter des Großinquisitors, sowohl im Orden selbst als auch im Offizium der Inquisition. Seit beinahe zwei Jahrzehnten arbeiteten Clyntahn und er nun schon eng zusammen. Wenn es überhaupt jemanden auf der ganzen Welt gab, dem Clyntahn wirklich vertraute, dann war das Rayno.
    »Eigentlich«, erwiderte Clyntahn mit einem Lächeln, das jeden seiner Kollegen aus der ›Vierer-Gruppe‹ angesichts der Stimmung während ihrer Besprechung überrascht hätte, »ist es gut verlaufen, Wyllym. Doch, wirklich ganz gut.«
    »Dann werden wir also gegen die Ketzer vorgehen können, die im Gefängnis von Gorath sitzen, Euer Exzellenz?« Raynos Miene hellte sich auf, und Clyntahn nickte.
    »Ja«, erwiderte er und verzog dann das Gesicht. »Aber ich musste ihnen praktisch versprechen – noch einmal! –, dass wir die Siddarmark und Silkiah im Augenblick in Ruhe lassen.« Er zuckte mit den Schultern. »Aber damit hatten wir ja gerechnet. Natürlich müssen meine geschätzten Kollegen nicht alles wissen, was wir planen, nicht wahr?«
    »Nein, Euer Exzellenz«, erwiderte Rayno leise.
    Er fragte sich, wie viele aus der ›Vierer-Gruppe‹ begriffen hatten, dass Clyntahn seinen wohlverdienten Ruf, sich störrisch jedem Kompromiss zu verweigern, und ebenso sein berüchtigtes Temperament dazu nutzte, sie zu manipulieren. Selbst Rayno hatte Jahre gebraucht, bis er begriffen hatte, dass zumindest die Hälfte dieses Rufes nichts war als eine Waffe. Es war eine Maske, die sich der Großinquisitor bewusst und ganz gezielt zurechtgelegt hatte – mit beachtlichem Weitblick. Weil unmittelbar hinter der Maske tatsächlich unfassbarer Zorn schlummerte, war sie so effektiv. Zhaspahr Clyntahn wusste, dass er wegen seiner Intoleranz und seines Ehrgeizes gehasst wurde. Wegen seines entsetzlichen Temperaments hingegen, seines unstillbaren Jähzorns wegen wurde er gefürchtet. Er hatte gelernt, diesen Jähzorn gezielt einzusetzen. So war aus dem Jähzorn eine Waffe geworden, die seine Gegner dazu brachte, sich ihm zu unterwerfen – bislang mit großem Erfolg. Es war ein Brachialmethode, zugegeben. Aber es war auch nur eine unter vielen Waffen in Clyntahns Arsenal – wie ein bedauernswertes Opfer nach dem anderen hatte erkennen müssen.
    »Was können Sie mir über die neuen Geschosse erzählen, von denen Searose die ganze Zeit über schwatzt?«, fragte Clyntahn dann und leistete sich damit einen jener abrupten Themenwechsel, für die er seit Jahren berüchtigt war.
    »Unsere Agenten in Charis kommen immer noch nicht ... sonderlich gut voran.« Es gefiel Rayno überhaupt nicht, das zugeben zu müssen. Doch Täuschungsmanöver hatten hier keinen Sinn. »Wave Thunders Organisation scheint unverschämtes Glück zu haben. Aber es wäre schlichtweg unangemessen zu verschweigen, dass er auch äußerst fähig ist, Euer Exzellenz. Jeder Versuch, ein Netzwerk von Informanten aufzubauen, selbst unter den Getreuen im Alten Königreich Charis, ist bislang gescheitert.«
    »Danach habe ich nicht gefragt!«, versetzte Clyntahn scharf.
    »Dessen bin ich mir bewusst, Euer Exzellenz«, erwiderte Rayno ruhig. »Das sollte auch mehr eine einleitende Bemerkung sein.«
    Clyntahns Mundwinkel zuckten in Andeutung eines Lächelns. Er wusste sehr genau, wie Rayno ihn ›handhabte‹. Er war durchaus bereit, das weiterhin zuzulassen ... natürlich nur innerhalb gewisser Grenzen und nur so lange, wie Rayno auch Ergebnisse vorzuweisen hatte.
    »Worauf ich hinauswollte«, fuhr der Erzbischof fort, »ist, dass unsere erste Annahme anscheinend korrekt ist. Laut einem der wenigen Agenten, die wir vor Ort haben, gießen die Charisianer im Prinzip hohle Kanonenkugeln und füllen den Hohlraum dann mit Schießpulver. Bislang konnte mir dieser Agent noch nicht erklären, wie sie diese Kugeln dann zur Explosion bringen. Aber er hat mir einige Arbeitshypothesen vorgelegt, die mir als Laien durchaus sinnvoll erscheinen.«
    Keiner der beiden hatte das dringende Bedürfnis zu erwähnen, dass

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