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Die Übermacht - 9

Die Übermacht - 9

Titel: Die Übermacht - 9 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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Tyrannei in der gesamten Menschheitsgeschichte. Wir alle – wir alle, Pater Paityr, einschließlich dieses PICAs, der vor Ihnen sitzt – haben eine Verantwortung. Wir haben die Pflicht, diese Tyrannei zu einem Ende zu bringen. Selbst wenn es wirklich keinen Gott geben sollte, bleibt diese moralische Verpflichtung bestehen. Und falls es doch einen Gott gibt, so wie ich das glaube, dann haben wir diese Verantwortung auch Ihm gegenüber.«
    Wylsynn starrte den PICA – diese Maschine! – an und musste mit aller Kraft gegen den fast unwiderstehlichen Drang ankämpfen, laut aufzulachen – zu lachen wie ein Wahnsinniger! Merlin lebte nicht einmal mehr, und trotzdem erzählte er Wylsynn, dass er an Gott glaube? Und woran sollte er, Paityr Wylsynn, jetzt glauben?!
    »Ich weiß, was Sie im Augenblick denken, Paityr«, sagte Staynair leise.
    Wylsynns Blick zuckte zu ihm hinüber, und in seinen grauen Augen stand Unglaube geschrieben. Niemand konnte wirklich wissen, was er gerade dachte. Doch dieser Unglaube verblasste, als er in das Gesicht des Erzbischofs sah.
    »Natürlich weiß ich nicht genau, mit welchen Worten Sie sich gerade kasteien«, fuhr Staynair fort. »Wir alle finden dafür unsere eigenen Wege. Aber ich kenne diese Zweifel, ich kenne dieses Gefühl, betrogen worden zu sein – dieses Gefühl, regelrecht vergewaltigt worden zu sein. All die Jahre haben Sie tief und aufrichtig an die Heilige Schrift geglaubt, an die Offenbarungen , an Mutter Kirche, an die Erzengel und an Gott. Sie haben wahrhaftig geglaubt, mein Sohn, und Sie haben Ihr ganzes Leben eben diesem Glauben gewidmet. Und jetzt haben Sie erfahren, dass das alles nur eine gewaltige Lüge gewesen ist, alles nur erfunden, und das mit dem einzigen Zweck, Sie davon abzuhalten, jemals die Wahrheit zu erkennen. Das ist schlimmer, als körperlich misshandelt zu werden. Denn Sie haben gerade erfahren, dass Ihre Seele selbst von einfachen, sterblichen Menschen vergewaltigt wurde – von Männern und Frauen, die so taten, als seien sie Gott, und die Jahrhunderte vor Ihrer eigenen Geburt gestorben sind.«
    Er schwieg einen Moment, und Wylsynn blickte ihn schweigend an. Er war schlichtweg nicht in der Lage zu sprechen, und Staynair schüttelte langsam und bedächtig den Kopf.
    »Ich kann und ich werde Ihnen nicht vorschreiben, was der richtige Weg ist, mit dem umzugehen, was Sie gerade empfinden«, fuhr der Erzbischof ruhig fort. »Das würde gegen alles verstoßen, was ich selbst tief in meinem Herzen für wahr und richtig halte. Aber ich bitte Sie, über Folgendes nachzudenken: Die Kirche des Verheißenen wurde nicht von Gott geschaffen. Sie wurde von Männern und Frauen geschaffen ... von Männern und Frauen, die eine Tragödie durchlebt haben, größer als alles, was Sie und ich uns überhaupt nur ausmalen können. Diese Männer und Frauen wurden durch diese Erfahrung gezeichnet, sie sind daran zerbrochen, und sie waren bereit, alles – wirklich und wahrhaftig alles! – zu tun, um zu verhindern, dass so etwas jemals wieder geschieht. Ich glaube, dass das, was sie getan haben, ein entsetzlicher Fehler war. Und doch bin ich im Laufe der Jahre, seit ich von Sankt Zherneaus Tagebuch erfahren habe – und noch mehr, seit ich Merlin kenne und Zugriff zu Owls Aufzeichnungen unserer Geschichte vor Safehold habe –, zu dem Schluss gekommen, dass sie trotz all ihrer unaussprechlichen Verbrechen keine Ungeheuer waren. Oh, sie haben zwar reichlich ungeheuerliche Dinge getan, und zu verstehen, warum sie so gehandelt haben, entschuldigt ihr Handeln nicht im Mindesten. Ich will auch nicht behaupten, das lasse sich überhaupt jemals entschuldigen. Diese Menschen haben all das gewiss auch aus verfehlten, egoistischen Motiven getan – so verfehlt und egoistisch, wie man es sich überhaupt nur vorstellen kann, einschließlich Machtgier und dem Bedürfnis, alles nach ihrem eigenen Willen zu lenken. Aber das ändert nichts daran, dass sie ernstlich geglaubt haben, das Überleben der gesamten menschlichen Spezies hinge von ihren Entscheidungen ab.
    Bin ich der Ansicht, das würde ihr Handeln rechtfertigen? Nein. Denke ich, dadurch würde ihr gewaltiges Lügengebäude weniger entsetzlich? Nein. Bin ich bereit, die Augen zu schließen, mich abzuwenden und zuzulassen, dass diese Lüge für alle Zeiten unangefochten bleibt? Nein und tausendmal nein! Aber ich glaube nicht, dass die so genannten Erzengel in reiner Bosheit und purer Selbstsucht gehandelt haben. Und ich glaube auch

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