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Die Übermacht - 9

Die Übermacht - 9

Titel: Die Übermacht - 9 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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dass Wir Sie erneut hier sehen werden. Und wir beten darum, dass der Schmerz, die Furcht und der Zorn, die Sie zu Ihrem Handeln getrieben haben, im Laufe der Zeit und dank Gottes Liebe vergehen werden.«
    Grahsmahn hat sich getäuscht , stellte Paitryk Hainree fest. Kaiserin Sharleyan war sehr wohl eine schöne Frau, und das nicht nur dank ihrer prächtigen Kleidung oder der Staatskrone auf ihrem Haupt, die im Lampenschein funkelte. Hass krampfte Hainree den Magen zusammen, wann immer er die Regentin sah. Die Wahrheit aber wollte er nicht leugnen. Körperliche Schönheit war nun einmal eine der tödlichsten Waffen, die Shan-wei zu bieten hatte. Für eine junge, schöne Königin war es ein Leichtes, Treue und Hingabe zu erringen. Eine alte, hässliche Frau, deren Körper die Abscheulichkeit ihrer Seele offenbarte, hätte dabei mehr Schwierigkeiten.
    Eindrucksvoll war diese ›Kaiserin‹ auch. Obwohl sie noch so jung war, bestand keinerlei Zweifel, wer diesen gewaltigen Saal beherrschte. Sie tat es nicht allein deshalb, weil jeder der hier Anwesenden wusste, sie werde jeden der ihr vorgeführten Angeklagten dem Henker überantworten. Während Hainree in Manchyr den Widerstand zu organisieren versucht hatte, hatte er den Rednern, Rhetorikern und Politikern mehr als nur ein paar Tricks abgeschaut. Er erkannte sofort, wenn jemand diese Kunst ungleich besser beherrschte als er selbst.
    Beispielsweise hier und jetzt.
    Völliges Schweigen hatte sich über den Ballsaal gelegt, als die vier Angeklagten, die vor dem Thron standen, aufgefordert wurden, nach Hause zu gehen. Damit hatte niemand gerechnet. Dass die ›Kaiserin‹ derart viel über das Leben der vier Verurteilten wusste, hatte alle überrascht. Sie hatte keine Notizen zurate gezogen – so etwas schien sie einfach nicht nötig zu haben. Sie hatte gewusst, was sich jeder Einzelne hatte zuschulden kommen lassen. Und, was noch viel wichtiger war: Sie kannte auch alle persönlichen Beweggründe! Corisandianer waren es nicht gewohnt, dass sich Monarchen, Adelige oder Priester mit dem Leben jener befassten, über die sie urteilten. Und dann war der Paukenschlag erfolgt: Die Regentin hatte die vier Angeklagten begnadigt. Ihre Schuld war bewiesen, das Urteil war gefällt ... und die Regentin hatte sich auf das Vorrecht einer Kaiserin berufen und sie begnadigt!
    Selbst Hainree, der ein zynisches, berechnendes politisches Manöver wirklich sofort erkannte, war von dieser völlig unerwarteten Wendung wie vor den Kopf geschlagen. Lange jedoch währte die völlige Stille in dem Ballsaal nicht. Hainree wusste nicht, wer damit angefangen hatte, aber aus dem Klatschen eines Einzelnen wurde tosender Beifall, lauter und lauter. Sekunden später dröhnte der ganze Prinzessin-Aleatha-Ballsaal im Applaus. Paitryk Hainree zwang sich dazu, ebenfalls aufzustehen, um nicht aufzufallen. Da erscholl der Ruf: »Gott schütze Ihre Majestät!« Jemand hatte sich von Sharleyans geschicktem Trick täuschen lassen. Hainree hatte sich in der Gewalt, sonst hätte er gequält das Gesicht verzogen.
    Die Gardisten, die überall im Saal postiert waren, brauchten mehrere Minuten, um wieder für Ordnung zu sorgen. Hainree nutzte den emotionalen Moment und setzte sich in Bewegung. Er applaudierte immer noch, als ließe er sich vom Mitgefühl Kaiserin Sharleyans zu Enthusiasmus hinreißen. Er nutzte behutsam jede Lücke zwischen den Applaudierenden vor ihm. Er hatte in der vierten Bankreihe gesessen. Als der Applaus allmählich verebbte, hatte Hainree die erste Reihe erreicht.
    Dann kehrte wieder Ruhe ein. Paitryk Hainrees rechte Hand glitt unter den förmlichen Kasack, der ihn jede hart erarbeitete Mark aus den letzten sechs Monaten gekostet hatte. Wahrscheinlich war dieses Kleidungsstück sogar von besserer Qualität als das, was der echte Grahsmahn besessen hatte. Der Kasack war jede Mark wert. Zusammen mit Grahsmahns Vorladung war er dank dieser gesellschaftsfähigen Kleidung tatsächlich an den Wachen vorbeigekommen, die vor dem Ballsaal aufgestellt waren. Der Sergeant, der einen Blick auf die offizielle Vorladung warf, hatte ihm sogar respektvoll zugenickt. Er hatte nicht bemerkt, wie sehr Hainrees Herz hämmerte, wie schweißnass seine Hände waren.
    Doch jetzt waren Hainrees Hände trocken. Er war in Hochstimmung. Der Vollendung nahe. Gott hatte ihn mit gutem Grund zu dieser Zeit an diesen Ort geführt, und Paitryk Hainree würde Ihn nicht enttäuschen.
    Merlin Athrawes stand hinter Sharleyan und

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